| # taz.de -- Öffentlich-rechtliche Rundfunkgebühren: Nicht gezahlt – Haftbef… | |
| > Eine Frau aus Brandenburg weigert sich, ihre Rundfunkbeiträge zu leisten. | |
| > Deshalb droht ihr nun Gefängnis. | |
| Bild: Wer hier TV schaut, hat nicht umsonst bezahlt | |
| Eigentlich sollte es Fälle wie den von Kathrin Weihrauch gar nicht mehr | |
| geben. Anfang August erhielt die alleinerziehende Mutter aus Brandenburg | |
| Post vom Amtsgericht: ein Haftbefehl, weil sie den Rundfunkbeitrag nicht | |
| bezahlt hat. Nun drohen ihr sechs Monate Beugehaft. Wegen 309,26 Euro. | |
| Ihre Geschichte erinnert an die der Thüringerin Sieglinde Baumert, [1][die | |
| Anfang des Jahres als Erste überhaupt im Gefängnis saß], weil sie die | |
| Rundfunkgebühr nicht gezahlt hatte. Nach 61 Tagen kam sie frei – bundesweit | |
| sorgte ihr Fall für Diskussionen, Gebührengegner stilisierten sie zur | |
| Märtyrerin. Die ARD-Vorsitzende Karola Wille stellte vor gut einem Monat in | |
| Aussicht, dass Beitragsverweigerer zukünftig nicht mehr in Haft kommen. | |
| Zwangsmaßnahmen im Vollstreckungsverfahren müssten angemessen sein, [2][so | |
| Wille im Tagesspiegel]. | |
| War das zu viel versprochen? Der Rundfunk Berlin Brandenburg (rbb), der für | |
| den Beitrag von Kathrin Weihrauch zuständig ist, will sich aus | |
| datenschutzrechtlichen Gründen nicht äußern. Dafür erzählt Kathrin | |
| Weihrauch gern: „Ich gucke, höre und lese keine öffentlich-rechtlichen | |
| Medien. Ich besitze weder einen Fernseher noch ein Radio“. Seit gut einem | |
| Jahr streitet sie nun mit dem rbb. | |
| Im aktuellen Verfahren geht es um ihre Beiträge für 2013. Damals wurde die | |
| alte GEZ-Gebühr abgeschafft. Seitdem muss jeder Haushalt pauschal 17,50 | |
| Euro im Monat bezahlen. Durch die Umstellung wurden viele Leute erfasst, | |
| die bislang nicht gezahlt hatten. So wie Kathrin Weihrauch. Sie erhielt | |
| Zahlungserinnerungen, Mahnungen, schließlich die Aufforderung, eine | |
| Vermögensauskunft abzugeben. | |
| Weihrauch ist selbstständig, sie arbeitet als Clown. Sie lebe am | |
| Existenzminimum, sagt sie, erhalte Wohngeld vom Staat. Zu pfänden gibt es | |
| bei ihr nichts. Die Vermögensauskunft verweigerte sie und bekam dafür einen | |
| Eintrag ins Schuldnerregister. Postwendend zog ihre Bank die Kreditkarte | |
| ein, kündigte ihren Dispo. | |
| ## Widerspruch abgelehnt | |
| Kathrin Weihrauch hat versucht, sich beim Amt vom Rundfunkbeitrag befreien | |
| zu lassen – abgelehnt. Sie hat Widerspruch beim Amtsgericht eingelegt – | |
| abgelehnt. Sie hat beim rbb darum gebeten, als Härtefall eingestuft zu | |
| werden – keine Antwort. Den Haftbefehl hat sie an das Landgericht Potsdam | |
| geschickt. Solange dessen Richter prüfen, sagt Weihrauch, könne sie nicht | |
| verhaftet werden. Das Landgericht bestätigt allerdings nicht, dass ein | |
| solches Verfahren läuft. | |
| Auch der Beitragsservice, der für ARD, ZDF und Deutschlandradio den | |
| Rundfunkbeitrag einzieht, will sich zum Fall Weihrauch nicht äußern. Er | |
| verschickt die Mahnungen, wenn Leute nicht zahlen. Kommen die Schuldner | |
| denen nicht nach, wird das Verfahren der zuständigen Vollstreckungsbehörde | |
| übergeben. 1,4 Millionen Mal ist das 2015 passiert. Wie viele davon auf | |
| Beitragsverweigerer zurückgehen, wird nicht erfasst. | |
| Das jeweilige Bundesland regelt, wie und wann vollstreckt wird. Insofern | |
| hat die Aussage von der ARD-Vorsitzenden, Beitragsverweigerer nicht mehr | |
| ins Gefängnis zu stecken, nur bedingt Bestand. Die Landesrundfunkanstalten | |
| können höchstens entscheiden, ob ein Haftbefehl verhältnismäßig ist. | |
| Nur: Welcher Haftbefehl ist schon verhältnismäßig, wenn es um ein paar | |
| Hundert Euro Rundfunkbeitrag geht? Ein Tag in einem Brandenburger Gefängnis | |
| kostet laut brandenburgischem Justizministerium 146,87 Euro – halb so viel, | |
| wie Kathrin Weihrauch dem rbb schuldet. Dazu kommt ein immenser | |
| Imageschaden für die Rundfunkanstalten. Im Falle Baumert bekam der MDR | |
| wochenlang schlechte Presse. Da braucht es schon sehr viele Beitragszahler, | |
| um die positive Gegenwerbekampagne zu finanzieren. | |
| ## Je weniger zahlen, desto teurer wird der Beitrag | |
| Doch die Schuld allein den Landesrundfunkanstalten zuzuschieben greift auch | |
| zu kurz. In Fällen wie dem von Weihrauch stecken sie in der Klemme: Das | |
| Gremium, das den Rundfunkbeitrag berechnet und offiziell „Kommission zur | |
| Ermittlung des Finanzbedarf der Rundfunkanstalten“ heißt, übt Druck auf die | |
| Landesrundfunkanstalten aus, das Geld einzutreiben. Auch, damit das | |
| Beitragssystem gerecht bleibt. Würde publik, dass Schuldner davonkommen, | |
| dürften immer weniger Menschen zahlen. Und je weniger zahlen, desto teurer | |
| wird der Beitrag. | |
| Weihrauch erhält viel Unterstützung im Netz. Die Thüringer | |
| Beitragsverweigerin Baumert rief auf ihrer Facebook-Seite dazu auf, sich | |
| beim rbb zu beschweren. Mehrere, teils recht zweifelhafte Blogs berichten | |
| über Weihrauch. Die Szene der Beitragsverweigerer zieht auch | |
| Verschwörungstheoretiker und Rechte an. | |
| Mit denen will sich Weihrauch nicht gemeinmachen, dennoch ist sie | |
| mittlerweile zur Aktivistin geworden. „Am Anfang habe ich einfach nur nicht | |
| gezahlt, weil ich die Öffentlichen nicht nutze“, sagt sie. „Mittlerweile | |
| geht es mir ums Prinzip: Ich will nicht bezahlen für Sender, die so mit | |
| ihren Schuldnern umgehen und dazu auch noch so intransparent sind mit dem | |
| vielen Geld, was sie einnehmen.“ | |
| Hoffnung, dass sich der Streit bald klärt, hat Weihrauch kaum. Selbst wenn | |
| der rbb den Haftbefehl zurückzieht, rechnet sie damit, dass das Verfahren | |
| bald von vorn losgeht. Denn aktuell geht es ja nur um ihre Schulden aus dem | |
| Jahr 2013. Für 2014 bis 2016 stehen die Mahnbescheide noch aus. | |
| 18 Oct 2016 | |
| ## LINKS | |
| [1] /!5290380/ | |
| [2] http://www.tagesspiegel.de/medien/oeffentlich-rechtliche-sender-fuer-den-ru… | |
| ## AUTOREN | |
| Anne Fromm | |
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