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# taz.de -- Urteil zu Rundfunkbeiträgen: Guckst du nicht? Zahlst du trotzdem
> Das bayerische Verfassungsgericht entscheidet bei einer Klage wegen
> Rundfunkbeiträgen gegen Rossmann. Es gehe um die theoretische Nutzung.
Bild: Die Mitarbeiter sehen bei der Arbeit weder fern noch hören sie Radio. Za…
MÜNCHEN taz | Am Verkauf von Kondomen, Waschmitteln und Zahnpasta verdienen
die öffentlichen-rechtlichen Sender seit vergangenem Jahr ordentlich mit:
Die Drogeriekette Rossmann zahlte 2013 nach eigenen Angaben über 200.000
Euro an Rundfunkbeiträgen, genug für zwei ganze Folgen „Markus Lanz“. Ein
Jahr zuvor war das Unternehmen noch deutlich billiger weggekommen. Es
musste nur 40.000 Euro überweisen, das entspricht rund zwanzig Minuten
„Maybrit Illner“.
Schuld an der Gebührenexplosion ist die Reform der Rundfunkgebühren, die
Konzerne mit vielen Filialen überdurchschnittlich stark belastet – und
vorerst weiter belasten wird. Eine Klage von Rossmann vor dem Bayerischen
Verfassungsgerichtshof haben die Richter am Donnerstag abgewiesen. Schon am
Dienstag war ein Straßenbauunternehmen mit einer ähnlichen Klage in
Rheinland-Pfalz gescheitert.
Vor der Reform hing die Gebührenhöhe für Unternehmen von der Anzahl der
Fernseh- und Radiogeräte ab. Jetzt richtet sie sich nach einer Kombination
aus Betriebsstätten und Mitarbeitern: Ein Konzern mit 10.000 Mitarbeitern,
die alle im gleichen Gebäude arbeiten, zahlt theoretisch rund 2.000 Euro.
Eine Kette mit 10.000 Mitarbeitern, die über ebenso vielen Filialen
verteilt sind, zahlt dagegen knapp 60.000 Euro.
Laut Rossmann verstößt diese Regelung gegen den Grundsatz der
Gleichbehandlung. Es sei außerdem ungerechtfertigt, eine Gebühr zu
verlangen, obwohl die Mitarbeiter bei der Arbeit weder fernsehen noch Radio
hören. Das sahen die Richter anders.
## Entscheidend: Die theoretische Nutzung
Die Öffentlich-Rechtlichen förderten „die Grundlagen der
Informationsgesellschaft“ und davon profitiere jeder Einzelne, ob er nun
fernsieht oder nicht. Entscheidend sei, dass Rossmann-Mitarbeiter die
Sender theoretisch nutzen könnten. Dass das Unternehmen mit seinen vielen
Filialen verhältnismäßig hohe Gebühren zahle, müsse es hinnehmen. Das
aktuelle System sei „sachgerecht und bedarf keiner weiteren
Differenzierung“.
Mit einer ähnlichen Begründung hatte das rheinland-pfälzische
Verfassungsgericht am Dienstag die Beschwerde eines Straßenbauunternehmens
abgewiesen. Die Firma beschäftigt rund 200 Mitarbeiter und besitzt 130
Fahrzeuge. Pro Betriebsstätte ist ein Fahrzeug inklusive. Für jedes weitere
Auto werden seit der Reform 5,99 Euro fällig.
Das Gericht in Koblenz sah den Gleichheitsgrundsatz dadurch nicht verletzt.
„Generalisierende, typisierende und pauschalierende Regelungen“ seien
zulässig. Dass dies zu Härtefällen führe, spiele mit Blick auf die
Landesverfassung keine Rolle.
Vertreter der öffentlich-rechtlichen Sender reagierten erleichtert auf die
Urteile. „Das ist ein weiterer wichtiger Schritt in Richtung
Rechtssicherheit“, sagte Albrecht Hesse, juristischer Direktor des
Bayerischen Rundfunks. Er kündigte aber auch an, der Politik unter
Umständen zu empfehlen, einzelne Punkte der Gebührenreform erneut zu
überarbeiten.
Eine Reform der Reform forderte auch der Anwalt des Rossmann-Konzerns. Er
schloss außerdem nicht aus, mit der Klage bis vor das
Bundesverfassungsgericht zu ziehen. Ausgestanden ist der Streit um die
Rundfunkgebühr so oder so noch nicht: Deutschlandweit gingen mehrere
Hundert Klagen bei den Gerichten ein, nur wenige Verfahren sind bereits
abgeschlossen. Neben zahlreichen Privatpersonen wehrt sich auch der
Autovermieter Sixt. Das Unternehmen leidet wegen seiner großen
Fahrzeugflotte besonders stark unter der Reform und hat ebenfalls
angekündigt, seine Klage notfalls bis zur letzten Instanz durchzufechten.
15 May 2014
## AUTOREN
Tobias Schulze
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Malu Dreyer
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Öffentlich-Rechtlicher Rundfunk
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