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# taz.de -- Zehn Jahre Islamkonferenz: Verbände fühlen sich vorverurteilt
> Einen Generalverdacht gebe es nicht, sagt Innenminister de Maiziere.
> Trotzdem fordert er von islamischen Verbänden klare Statements gegen
> Anschläge.
Bild: Niemand hat die Absicht, Islamverbände oder Muslime unter Generalverdach…
Berlin dpa/rtr | Die deutschen Islam-Verbände fühlen sich zunehmend an den
Pranger gestellt. Es sei falsch, „Muslime als Vertreter ausländischer
Mächte zu brandmarken und ihnen ihre Vertretungsrolle so abzusprechen“,
sagte der Generalsekretär der Türkisch-Islamische Union der Anstalt für
Religion (Ditib), Bekir Alboga, am Dienstag bei einem Festakt zum
zehnjährigen Bestehen der Deutschen Islamkonferenz (DIK) in Berlin.
Der Vorsitzende des Zentralrats der Muslime (ZMD), Ayman Mazyek, sprach von
einem ungerechten „Misstrauensdiskurs“ und einem „Extremismusvorbehalt“.
Die Anerkennung der islamischen Religionsgemeinschaften als Körperschaft
des öffentlichen Rechts, wie die Kirchen, sei ein „Anspruch“, der sich aus
dem Grundgesetz ableite und deshalb notfalls auch eingeklagt werden könne.
Die Buchautorin Sineb El Masrar sagte, unter dem Dach des ZMD finde man
„sehr viel Ideologie der Muslimbruderschaft“.
Überschattet wurde die feierliche Zeremonie von dem Sprengstoffanschlag auf
eine Ditib-Moschee in Dresden. Der Gastgeber der Feierstunde,
Bundesinnenminister Thomas de Maizière (CDU), verurteilte die Tat.
Auch er sparte nicht mit Kritik an den Verbänden. De Maizière sagte:
„Politische Einflussnahme aus dem Ausland auf Deutschland unter Berufung
auf die Religion können wir nicht akzeptieren.“ Gleichzeitig betonte der
Minister, er sei nicht bereit, die über Jahrzehnte erfolgreiche Arbeit von
Ditib in Deutschland wegen der kritischen Debatte der vergangenen sechs
Monate „in die Tonne zu kloppen“.
## Kritik an Ditib wegen Haltung zur Türkei
Zuletzt waren mehrere Landesregierungen auf Distanz zu Ditib gegangen.
Grund war unter anderem die Haltung einiger Ditib-Vertreter zu den
innenpolitischen Spannungen in der Türkei nach dem Putschversuch.
Nachdem die türkische Regierung die Armenier-Resolution des Bundestages
scharf kritisiert hatte, war die Integrationsbeauftragte der
Bundesregierung, Aydan Özoguz (SPD), von einer Ditib-Veranstaltung
ausgeladen worden.
De Maizière sagte, er könne verstehen, dass viele Muslime in Deutschland
keine Lust hätten, sich für jeden Terroranschlag, der unter Berufung auf
den Islam verübt werde, persönlich zu entschuldigen. Von den islamischen
Verbänden erwarte er aber mehr. „Ich halte es für ratsam, die
Sicherheitsdebatte künftig wieder intensiver und auch öffentlich zu
führen“, fügte er hinzu.
Werde darüber kein Dialog geführt, schüre dies mehr Misstrauen. Die
überwältigende Mehrheit der Muslime werde damit nicht unter Generalverdacht
gestellt.
## De Maiziere erwartet Trennung von Religion und Politik
De Maiziere forderte von den Verbänden zudem klare Mitgliedsstrukturen.
Wenn sie als Religionsgemeinschaft verstanden werden wollten, aber den
Eindruck erweckten, politisch zu agieren und die Polarisierung zu
verstärken, sei das ein Problem.
„Gleichzeitig Religionsgemeinschaft, politische Lobbyisten und Vertretung
ausländischer politischer Interessen zu sein, das sind Rollen, die sich
nicht vertragen“, betonte der Innenminister. Auch politische Einflussnahme
aus dem Ausland unter Berufung auf die Religion sei nicht akzeptabel. Die
DIK wurde 2006 als Dialogforum zwischen Staat und muslimischen
Organisationen ins Leben gerufen.
Die Integrationsbeauftragte der Linke-Bundestagsfraktion, Sevim Dagdelen,
sagte: „Mit der Islamkonferenz hofiert die Bundesregierung ausgerechnet
reaktionäre islamistische Kräfte wie den von der Türkei aus gesteuerten
Moscheeverband Ditib, statt liberale Muslime zu stärken.“
Die Deutsche Islamkonferenz ist ein Gesprächsforum der Islam-Verbände mit
Bund, Ländern und Kommunen. Sie war 2006 vom damaligen Bundesinnenminister
Wolfgang Schäuble (CDU) ins Leben gerufen worden. In Dresden waren am
Montagabend vor einer Moschee und einem internationalen Kongressgebäude
zwei Sprengsätze detoniert.
27 Sep 2016
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