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# taz.de -- Kolumne Kapitalozän: Das Ende wird so fightclubmäßig
> Die US-Finanzelite hat es nicht leicht: Renditen unter zehn Prozent, Boni
> unter 100 Millionen. Was löst die nächste Finanzkrise aus?
Bild: Mannmannmann, jetzt müssen sich Banker in den USA auch noch vor Untersuc…
Timothy Massad kann sehr motorisch reden, fast schon so emotionslos.
Langsam, präzise, nicht gnadenlos, nein, unverrückbar. Kürzlich sah ich ihn
live, in Washington, bei einer Konferenz, auf der sich die US-Finanzelite
versammelt hatte. Man werde von der Politik gegängelt und wolle wieder für
Wachstum sorgen, könne aber nicht, hieß es da. Es waren fast ausschließlich
weiße Männer zugegen, die davon sprachen, wie sie ihren Kunden dienen, Jobs
und Wachstum kreieren möchten und Amerika wieder groß machen wollen. Und
Geld verdienen. Aber das geht ja Hand in Hand.
Gegängelt werden sie seit der Finanzkrise. Die Armen taten mir sehr leid.
Nur noch 10 Prozent Rendite. Keine 100 Millionen Boni mehr im Jahr. Die
Welt ist ein ungerechter Ort. Einer, der sie gängelt, ist jener Timothy
Massad, Chef der Commodity Futures Trading Commission, eine der – glaube
ich – elf US-Bundesbehörden, die Finanzmärkte zähmen sollen.
Erstaunlich war, dass einige sogar richtig froh schienen, dass es nun
diverse neue Behörden und Regeln gibt. Kennen Sie den Film „Fight Club“? Wo
Männer sich zu Prügelrunden treffen, einfach um wieder Männer sein zu
können? Da tun Regeln not. Wenn auch Finanzmärkte der Ort des gelebten
Testosteronüberschusses sind, dann ist es verständlich, dass einige froh
sind, dass man da nicht mehr mit Eisenstangen aufeinander einprügelt.
Beim Häppchenessen pilgerte ich zwischen den Finanzheinis umher,
fachsimpelte ein wenig über Derivate, Futures und so und stellte bei
Gelegenheit die immer gleiche Frage: Was löst wohl den nächsten Finanzcrash
aus?
Als Optionen gab ich an:
a) wieder eine Immobilienblase;
b) der chinesische Aktienmarkt;
c) der Euro bricht zusammen;
d) Wolfgang Schäuble;
e) ein Vogel fliegt in Newport Beach, Kalifornien, in die Räume der
Investmentgesellschaft Pimco und kackt auf einen WLAN-Router, worauf hin
ein verwirrter Algorithmus Anleihen im Wert von 1,9 Billionen Dollar zum
Verkauf anbietet, was in 0,2 Mikrosekunden dazu führt, dass andere
Algorithmen die gleiche Idee haben und sämtliche Aktienmärkte um 99 Prozent
abstürzen;
f) Hacker;
g) der Antichrist.
Einige tendierten zu g), wir sind ja in Amerika. Die meisten aber wählten
e) oder f). Vielleicht waren sie von Timothy Massad beeinflusst, der sagte:
„Cyberattacken sind die größte einzelne Gefahr für unser Finanzsystem.“ …
paar Wochen zuvor hatte ich mit dem Chef einer anderen
US-Finanzregulierungsbehörde telefoniert, der tippte das auch, wollte sich
aber nicht zitieren lassen.
Der nächste Crash kommt also durch eine Cyberattacke. Das läuft so ähnlich
wie in „Fight Club“. Da sprengt am Ende Tyler Durden die Zentralen
sämtlicher Kreditkartenunternehmen in die Luft. Rappeldibumb fallen die
Hochhäuser zusammen und damit auch sämtliche Computer, die den
Schuldenstand jedes Menschen kennen. Das ist die Hardwareversion der
Cyberattacke. Das Ende ist Tyler-Durden-mäßig. Das finde ich cool.
12 Oct 2016
## AUTOREN
Ingo Arzt
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