# taz.de -- Angela Merkel und die Berlin-Wahl: Nochmal mit Gefühl | |
> Die Kanzlerin übernimmt zwar die Verantwortung – doch am CDU-Absturz in | |
> Berlin ist auch Frank Henkels Politik schuld. | |
Bild: Oh! Was ist denn da passiert? Angela Merkel und Frank Henkel bei der Ursa… | |
BERLIN taz | Angela Merkel macht nicht den Eindruck, als blicke sie ihrem | |
politischen Ruhestand entgegen. Im Gegenteil. Bei der Pressekonferenz zum | |
Berliner Wahlausgang in der CDU-Parteizentrale fand sie bislang ungehörte | |
Töne. Selbstkritische Töne, aber auch durchaus kämpferische. | |
Weil sie nach dem Wahldebakel von Mecklenburg-Vorpommern Anfang September | |
unterwegs in China gewesen sei, hob sie an, wolle sie die Gelegenheit | |
nutzen, die Öffentlichkeit an ihren „Gedanken teilhaben“ zu lassen. Was nun | |
folgte, war erstaunlich. | |
Wie schon nach der Meck-Pomm-Wahl erklärte sie sich auch für das Berliner | |
Ergebnis verantwortlich. Ihre CDU war von 23,3 auf 17,6 Prozent der | |
Wählerstimmen gefallen, es wird nicht einmal mehr für eine Große Koalition | |
reichen. Ein Desaster für Merkels Partei. | |
Denen, die nun „Protest“ gegen Angela Merkels „Wir schaffen das“ gewäh… | |
hätten, sagte sie, ihr anspornend gemeinter Satz sei übertrieben oft | |
wiederholt worden. Heute wisse man, dass sich so etwas schnell sage, „es | |
geht aber nicht schnell“. | |
## „Unvorbereitet in die Flüchtlingskrise geschlittert“ | |
Mit Blick auf das zurückliegende Jahr betonte sie: „Ich kämpfe genau dafür, | |
dass sich das nicht wiederholt. Dem dienen alle Maßnahmen der letzten | |
Monate. Die Wiederholung der Situation will niemand, auch ich nicht.“ | |
Zugleich räumte die Kanzlerin Fehler der Bundesregierung im vergangenen | |
Jahr ein. Schwarz-Rot sei in die Flüchtlingskrise weitgehend unvorbereitet | |
geschlittert. Deutschland sei „nicht wirklich Weltmeister bei der | |
Integration“ gewesen. | |
Auch habe es zu lange gedauert, bis wir uns der Flüchtlingsaufgabe wirklich | |
gestellt haben“, sagte sie. „Wir müssen uns jetzt also gleichsam selbst | |
übertreffen, auch ich.“ | |
„Wenn ich könnte, würde ich die Zeit um viele, viele Jahre zurückspulen, um | |
mich mit der ganzen Bundesregierung und allen Verantwortungsträgern besser | |
vorbereiten zu können auf die Situation, die uns im Spätsommer 2015 eher | |
unvorbereitet traf.“ | |
## „Merkel weg!“ | |
Was sie hier sage, werde niemanden überzeugen, der „Merkel weg!“ schreit. | |
Das sei ihr klar. Dem verbreiteten subjektiven Gefühl, sie treibe das Land | |
in die Überfremdung, wolle sie mit einem anderen Gefühl begegnen. Nämlich | |
dem „absolut sicheren Gefühl“, dass Deutschland aus dieser schwierigen | |
Phase besser herausgehen werde, als es hineingegangen sei. „Deutschland | |
wird sich verändern“, sagte Merkel, aber nicht in seinen Grundfesten. | |
So viel also dazu. | |
Dieser Montag nach der Berlin-Wahl könnte in die Parteigeschichte eingehen | |
als ein Tag, an dem die Technokratin Merkel den Versuch unternimmt, die | |
Leute bei ihren Emotionen abzuholen. | |
Frank Henkel, der brutal gescheiterte Berliner CDU-Landesvorsitzende und | |
Spitzenkandidate, blieb nichts anderes übrig, als seine Niederlage | |
einzugestehen. Merkel sagte zur Berlin-Wahl, sie habe mit Blick auf die | |
Große Koalition nicht die Absicht, ein solches Wahlergebnis zu wiederholen. | |
## Abschreckende Law-and-order-Politik | |
Das nennt man dann wohl eine wohlfeile Abgrenzung vom Wahlverlierer. Dabei | |
ist noch gar nicht ausgemacht, was die Berliner Wähler mehr abgeschreckt | |
hat: CDU-Innensenator Frank Henkels sinnlose Law-and-order-Politik oder der | |
Streit in der Union. | |
So wie die Berliner ticken, liegt Ersteres näher. Die Stadt mag massive | |
Probleme mit Drogenpolitik und organisierter Kriminalität haben. Das heißt | |
aber nicht, dass die Mehrheit der Wähler etwas auf ihren Lebensentwurf, | |
basierend auf wurschtigem Zusammenleben, kommen ließen. | |
Die ewige „Sicherheit“-Litanei im CDU-Wahlkampf kam letztlich nur rüber als | |
das, was sie war: ein leeres Versprechen. Frank Henkel hatte fünf Jahre | |
Zeit, etwas zu bewegen, jetzt ist die Geduld der Berliner am Ende. | |
19 Sep 2016 | |
## AUTOREN | |
Anja Maier | |
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