# taz.de -- Umgang mit der AfD im politischen Alltag: Aushalten und Grenzen set… | |
> Es ist schwer, in einer Demokratie den richtigen Umgang mit einer | |
> rechtspopulistischen Partei zu finden. Bisherige Methoden bergen | |
> Gefahren. | |
Bild: Soll man sich mit der AfD an einen Tisch setzen oder lieber nicht? | |
Veronika Bellmann hat sich nach vorne gewagt. Für immer könne die Union | |
eine Koalition mit der AfD auf Landes- und Bundesebene nicht ausschließen, | |
meint die sächsische CDU-Politikerin. Schließlich müsse ihre Partei sich | |
fragen, welche Machtoptionen sie zukünftig hat. Der ehemalige | |
CDU-Bundesgeschäftsführer Peter Radunski hatte sich jüngst ähnlich | |
geäußert. | |
Nüchtern betrachtet, haben beide recht – einerseits. Die CDU hat sich unter | |
Angela Merkel modernisiert und einen Teil ihrer AnhängerInnen nicht | |
mitgenommen. Rechts von ihr ist Platz für eine Partei, deren AnhängerInnen | |
der CDU Dreggers und Kanthers nachtrauern. Dass diese Lücke gefüllt wird, | |
muss einem nicht gefallen – in einer Demokratie aber muss man es aushalten. | |
Mit einer solchen Partei, die im demokratischen Spektrum fest verankert | |
ist, müsste die Union über Koalitionen verhandeln, wollte sie – | |
machtstrategisch – nicht den gleichen Fehler machen wie die SPD, die viel | |
zu lange eine gemeinsame Regierung mit der Linken kategorisch ausschloss. | |
Die Union könnte sonst über Jahre an die Große Koalition gebunden sein, was | |
die neue Partei rechts von ihr weiter stärken würde. | |
Allein, die AfD ist nicht koalitionsfähig. Und sie wird es täglich weniger. | |
Die AfD ist eine rechtspopulistische Partei, die längst Netze bis weit ins | |
extrem rechte Lager knüpft. Sie toleriert rassistische Einstellungen nicht | |
nur, sie schürt sie. Islamhasser und Antisemiten, Homophobe und | |
Rechtsradikale haben sich in der Partei breitgemacht. Und diese ist bereit, | |
die Grenzen des Grundgesetzes zu überschreiten, um Muslime in der Ausübung | |
ihrer Religion zu behindern. Das AfD-Grundsatzprogramm spricht in diesem | |
Punkt eine klare Sprache. | |
Wahr ist aber auch: Das Spektrum, das die AfD abdeckt, ist groß. Als Ganzes | |
betrachtet, ist sie keine rechtsextreme Partei. In der AfD gibt es | |
überzeugte Demokraten, wenn auch mit arg rückwärtsgewandtem | |
Gesellschaftsbild. Die Wählerschaft ist derzeit stabil zweistellig, | |
inzwischen sitzt die Partei in zehn Landtagen, im kommenden Jahr werden | |
weitere und wohl auch der Bundestag hinzukommen. In sieben Berliner | |
Bezirken stehen der AfD nach der Wahl des vergangenen Wochenendes | |
Stadtratsposten und damit erstmals Regierungsveranwortung zu – ganz ohne an | |
einer Koalition beteiligt zu sein. Wie also mit der AfD umgehen im | |
politischen Prozess? | |
Eine pauschale Ausgrenzung, wie sie die anderen Fraktionen bei der | |
rechtsextremen NPD im Landtag in Mecklenburg-Vorpommern umgesetzt haben, | |
der sogenannte Schweriner Weg, lässt sich bei der AfD kaum vertreten – und | |
würde sich auch in der Wählerschaft, die sich ohnehin missachtet und | |
ausgegrenzt fühlt, kontraproduktiv auswirken. | |
## Anstrengende Auseinandersetzung | |
Auch die Debatte, wie man verhindern kann, dass die Partei in Berlin | |
Stadträte stellt, führt in die falsche Richtung. Diese Posten stehen der | |
Partei nach geltendem Recht zu. Jeder Kandidat aber kann und sollte | |
eingehend geprüft werden – und im Einzelfall auch abgelehnt werden. Sind | |
die AfDler im Amt, müssen sie ihren WählerInnen erst einmal beweisen, dass | |
sie es besser machen als die verhassten „Altparteien“. Vielleicht löst | |
dieser Realitätscheck schon Teile des Problems. | |
Ansonsten bleibt eine Auseinandersetzung, die mühsam ist und anstrengend: | |
genau hinschauen, um wen es geht und welche Position er oder sie vertritt; | |
nachfragen, was die AfD genau will; deutlich machen, was die Konsequenzen | |
wären; aufzeigen, wie wenig Lösungen die Partei zu bieten hat; eine klare | |
Grenze setzen, wo sie nötig ist; die eigene Position stärken. Und auf | |
keinen Fall der AfD nacheifern in der irrigen Annahme, man könne so | |
WählerInnen zurückgewinnen. | |
16 Prozent AfD bundesweit, wie es neue Umfragen sagen, kann die Republik | |
verkraften. Wenn die anderen Parteien aber weiter auf AfD-Kurs | |
einschwenken, wird es wirklich gefährlich. | |
24 Sep 2016 | |
## AUTOREN | |
Sabine am Orde | |
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