# taz.de -- Machtkampf in Niedersachsens AfD: Missglückter Putsch von oben | |
> Bei einem Geheimparteitag in Hannover scheitert AfD-Landeschef Hampel mit | |
> der Entmachtung der Basis – und droht mit Rücktritt. | |
Bild: Parteitagsbeschwörer ohne Erfolg: AfD-Landes-Chef Armin-Paul Hampel | |
HANNOVER taz | Irgendwann am Sonntagmittag hatte Armin-Paul Hampel, in | |
Niedersachsen Landesvorsitzender der selbst ernannten Alternative für | |
Deutschland (AfD), offenbar genug vom Widerstand der Basis. „Er müsse | |
darüber nachdenken, ob er noch länger Landesvorsitzender der AfD in | |
Niedersachsen sein wolle. Dafür müsse er sich eine Auszeit von 14 Tagen | |
nehmen“ – so beschreibt Hampels ehemaliger Stellvertreter Jens Wilharm auf | |
der Internetseite des AfD-Stadtverbands Rinteln den Abgang, den der | |
Parteichef bei einem geheim gehaltenen, zweitägigen Landesparteitag am | |
Wochenende in Hannover hingelegt hat. | |
„Irritiert und mit Unverständnis“ hätten die Mitglieder der | |
rechtspopulistischen Partei auf die Rücktrittsdrohung ihres | |
Landesvorsitzenden reagiert, so Wilharm zur taz. Zwar sei auch er selbst am | |
Sonntag bei dem Geheimtreffen nicht mehr vor Ort gewesen, schränkt Hampels | |
im Januar zurückgetretener Ex-Vize ein – allerdings hätten ihm zahlreiche | |
Anwesende den Auftritt des Landesvorsitzenden „unisono“ so geschildert. | |
Unabhängig überprüfen lässt sich das kaum: Der AfD-Landesparteitag in | |
Niedersachsens Landeshauptstadt fand ohne jede Information der | |
Öffentlichkeit statt, die Presse war nicht eingeladen. Begründet wird dies | |
mit einer angeblichen Gefährdung der Treffen der Rechtspopulisten durch | |
Störer. Hampel selbst stilisiert seine Partei gern zum Opfer: Nach der | |
Kommunalwahl warf er Niedersachsens Ministerpräsident Stephan Weil und | |
dessen Innenminister Boris Pistorius (beide SPD) vor, die AfD nicht gegen | |
die „kriminelle Arbeit politischer Aktivisten“ zu schützen. | |
Die Geheimniskrämerei hat für den Ex-Journalisten Hampel entscheidende | |
Vorteile: Informationen über AfD-internen Streit erscheinen nur mit | |
Verzögerung. Der einstige ARD-Auslandskorrespondent versucht so offenbar, | |
die Berichterstattung gezielt zu steuern: Selbst nach dem Eklat vom Sonntag | |
war er für die taz, aber auch für andere Medien wie die Hannoversche | |
Allgemeine oder Bild nicht zu erreichen, schwieg eisern. | |
Dafür reden andere. Hampel sei mit seinem Versuch gescheitert, den | |
ultrakonservativen Vertriebenenfunktionär Wilhelm von Gottberg als seinen | |
Stellvertreter zu installieren. Der 75-jährige Ex-Christdemokrat, der seit | |
1991 als Bürgermeister von Schnega im Kreis Lüchow-Dannenberg amtiert, soll | |
Aktivitäten des rechtsextremen Verlegers Dietmar Munier unterstützt haben: | |
Der will in der russischen Exklave Kaliningrad, dem ehemaligen Königsberg, | |
Russlanddeutsche ansiedeln, um dort „neue Fakten für eine deutsche | |
Perspektive“ zu schaffen. | |
Doch der 59-jährige Hampel, der selbst Sohn Vertriebener ist, scheiterte. | |
Statt Gottberg amtiert künftig Astrid zum Felde aus Grünendeich bei Stade | |
als stellvertretende Landeschefin. Die sei „engagiert und fleißig“, ist aus | |
der AfD zu hören – ein weiterer Seitenhieb auf Hampel, der selbst zu | |
offiziellen Terminen oft verspätet anreist. | |
## Versuchter Griff in die Kassen der Kreisverbände | |
Nicht umsetzen konnte der einstige Fernsehmann auch Satzungsänderungen, mit | |
denen Posten von Generalsekretär und Landesgeschäftsführer ebenso | |
gestrichen werden sollten wie der „Konvent“ genannte kleine Parteitag. | |
Hampel plane einen Putsch von oben, habe versucht, seine Position als | |
Landeschef langfristig abzusichern, glauben deshalb viele AfDler. | |
Empört hat viele Funktionäre auch der Versuch, den Landesverband mit einem | |
tiefen Griff in die Kassen der Kreisverbände finanziell besser | |
aufzustellen. Aktuell erhalten die Kreisverbände 60 Prozent der | |
Mitgliedsbeiträge. Wäre es nach Hampel gegangen, hätte dieser Anteil in | |
Krisenfällen auf bis zu 28 Prozent abgesenkt werden können – doch dieser | |
Teil des Putsches scheiterte ebenfalls. | |
Trotzdem glaubt in der AfD kaum jemand an einen dauerhaften Abgang des | |
Landeschefs: Seit Jahren halten sich bei den Rechtspopulisten Gerüchte, | |
Hampel sei finanziell knapp. Parteiinterne Erfolge brauche er deshalb | |
dringend – für ein Bundestagsmandat. | |
21 Sep 2016 | |
## AUTOREN | |
Andreas Wyputta | |
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