# taz.de -- Falsche Stimmzettel ausgeteilt: Wahlwiederholung für die AfD | |
> In Hameln hat die Kandidatin der AfD bei der Kommunalwahl auf einem | |
> Wahlzettel gefehlt. Jetzt müssen 662 WählerInnen in dem Wahlbezirk erneut | |
> wählen. | |
Bild: Fehler an der Wahlurne: In einem Hamelner Stadtbezirk müssen Hund und He… | |
BREMEN taz | Um 10.30 Uhr bleibt dem Gemeindewahlleiter Dieter Schur „kurz | |
das Herz stehen“. Er ist Oberrat der Stadt Hameln und verantwortlich für | |
den reibungslosen Ablauf der Kommunalwahl 2016. Und er hat einen Fehler | |
gemacht: Die falschen Stimmzettel liegen in einem der Wahllokale aus. Auf | |
ihnen fehlt Annemarie Knoke, die für die AfD Weserbergland im Wahlbereich | |
drei antritt. Im Wahllokal der Pestalozzischule kann man sie nicht wählen. | |
Die Wahlleitung hat zwei Kartons verwechselt. Schur handelt sofort: Er | |
bringt die richtigen Stimmzettel vorbei, sammelt die Wahlurne mit den | |
falschen Stimmzetteln ein: Zu diesem Zeitpunkt haben schon 66 HamelnerInnen | |
gewählt, insgesamt hat jede WählerIn drei Stimmen – insgesamt 181 gültige | |
Stimmen haben die FrühaufsteherInnen in der Pestalozzischule bereits | |
abgegeben. Zu viele: Tatsächlich könnte sich die Stimmenzahl rein | |
theoretisch auf die Sitzverteilung im Rat auswirken. Nach den Berechnungen | |
Schurs können schon 108 Stimmen einen Sitz mehr für die AfD bedeuten. | |
Zumindest auf dem Papier. | |
Deswegen legte Wahlleiter Schur Einspruch gegen die Gültigkeit der Wahl | |
ein. Die unabhängige freie Bürgerliste (UFB), aber auch die AfD und eine | |
weitere Privatperson schlossen sich an. Der Wahlleiter empfahl dem Rat in | |
Hameln, die Wahl im kleinen Bezirk zu wiederholen und das am besten zügig: | |
Bei derartigen Fehlern in der Wahldurchführung gelte das „Prinzip des | |
geringstmöglichen Eingriffes“. Diese teilweise Wahlwiederholung sei nur | |
innerhalb von sechs Monaten zulässig. Wenn sich der Vorgang darüber hinaus | |
noch verzögere, müsse ganz Hameln erneut wählen, bei rund 46.000 | |
Stimmberechtigten ein nicht zu rechtfertigender Aufwand für nur einen | |
Wahlbezirk mit falschen Stimmzetteln. Der Rat von Hameln hat am | |
Mittwochabend die Vorlage beschlossen. | |
Am 19. Februar sollen nun 662 HamelnerInnen aus dem Wahlbezirk drei erneut | |
wählen. Stimmen aus der Briefwahl bleiben gültig. Teilnehmen dürfen nur | |
diejenigen, die nicht verstorben oder umgezogen sind. | |
Dass sich durch die erneute Wahl tatsächlich etwas an der Sitzverteilung | |
ändert, halten die meisten Beteiligten für unwahrscheinlich. Thomas Wahmes, | |
Sprecher des Rathauses Hameln, sagt: „Dann müssten dort alle AfD wählen.“ | |
Die erneute Wahl betreffe nur wenige BürgerInnen, sagt Wahmes, „es gibt | |
Schlimmeres“. | |
Dazu könnte man etwa den Grund zählen, warum die AfD gar nicht erst auf den | |
falschen Stimmzetteln stand: Die Bögen waren für einen anderen Bezirk | |
bestimmt. Dort fehlt die AfD aus guten Gründen auf dem Wahlzettel. Um sich | |
zur Wahl stellen zu lassen, benötigt eine Partei oder Person mindestens | |
dreißig Unterschriften von Stimmberechtigten, die vor Ort wohnen. Im | |
besagten Wahlkreis wurde die AfD nicht zugelassen, weil der Verdacht | |
besteht, dass die Partei diese Unterstützerunterschriften gefälscht hat. | |
Die Staatsanwaltschaft Hannover ermittelt seit Bekanntwerden der | |
mutmaßlichen Fälschung gegen die AfD Weserbergland wegen Wahl- und | |
Urkundenfälschung (taz berichtete). Für den Wahlbereich fünf hatte die AfD | |
laut Wahlleiter erst kurz vor knapp – eine Stunde vor der Deadline – eine | |
Liste mit 37 teils dubiosen Unterschriften eingereicht. Die Ermittlungen | |
dauern laut Staatsanwaltschaft mindestens noch einen Monat an. Die AfD | |
hatte dennoch die Gültigkeit der Wahl auch in diesem Punkt angefochten. | |
Umso interessanter ist, dass auch die beiden AfD-Abgeordneten in Hameln am | |
Mittwoch für die Wiederholung der Wahl gestimmt haben. Die Beschlussvorlage | |
hat nämlich nicht nur die Wahlwiederholung vorgesehen, sondern auch den | |
zweiten AfD-Einspruch abgewiesen, bei dem es um die mutmaßlich gefälschten | |
Unterschriftenlisten ging. Damit hat die AfD-Fraktion Hameln ihren eigenen | |
Einspruch parlamentarisch abgewiesen. | |
Äußern will sich die AfD dazu nicht. Als Horst Seeger, AfD-Ratsmann, nach | |
mehreren Anfragen ans Telefon geht, legt er gleich wieder auf. | |
Der Sitz, um den es geht, gehört Klaus-Peter Symansky von der unabhängigen | |
freien Bürgerliste. Auch er will nichts sagen. Nur so viel: Um seinen Sitz | |
mache er sich keine Sorgen. | |
17 Nov 2016 | |
## AUTOREN | |
Gareth Joswig | |
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gefälscht zu haben. |