# taz.de -- Urteil zur Störerhaftung: Ein nicht ganz so offenes Netz | |
> Gewerbliche Betreiber müssen den Zugang zu offenem WLAN eventuell mit | |
> einem Passwort sichern. Privatpersonen blüht Ähnliches. | |
Bild: Freies WLAN bleibt unwahrscheinlich | |
KARLSRUHE taz | Die Störerhaftung für freie WLANs besteht fort – wenngleich | |
in abgemilderter Form. Das ist die Folge eines Grundsatzurteils des | |
Europäischen Gerichtshofs (EuGH) im Fall McFadden. | |
Der Freifunker und Pirat Tobias McFadden betreibt in München einen Laden, | |
in dem er Licht- und Tontechnik für Veranstaltungen vermietet und verkauft. | |
Den WLAN-Anschluss seines Geschäfts ließ er ungeschützt, sodass ihn Kunden | |
und Nachbarn frei nutzen konnten. 2010 erhielt McFadden eine Abmahnung. Von | |
seinem Anschluss sei ein urheberrechtlich geschütztes Musikstück aus dem | |
Repertoire von Sony Music zum Download angeboten worden. | |
Das Landgericht München glaubte McFadden, dass er den Titel nicht selbst | |
angeboten hatte. Nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs müsse er | |
jedoch als „Störer“ haften, weil er sein WLAN nicht sicherte und so die | |
Verletzung des Urheberrechts ermöglichte. | |
Die Münchner Richter legten den Fall jedoch dem EuGH vor, weil sie wissen | |
wollten, ob die deutsche Störerhaftung mit der EU-Richtlinie über „Dienste | |
der Informationsgesellschaft“ von 2000 vereinbar ist. Dort werden | |
Diensteanbieter, die Daten lediglich durchleiten, von der Haftung | |
freigestellt. | |
Der EuGH entschied nun, dass McFadden sich auch auf diese Richtlinie | |
berufen kann, weil er das offene WLAN als Werbung für seinen Laden nutzt. | |
Er kann damit grundsätzlich vom Haftungsprivileg für Provider profitieren. | |
## Die staatliche Anordnung zählt | |
Das ist aber nur ein kleiner Erfolg. Denn sobald Musik- oder Filmfirmen | |
feststellen, dass ein offenes WLAN zu Urheberrechtsverletzungen genutzt | |
wird, können sie eine staatliche Anordnung gegen den Betreiber beantragen, | |
damit er seinen Zugang künftig gegen solchen Missbrauch schützt. So könne | |
verlangt werden, dass das WLAN nur noch unter Angabe eines Passworts | |
genutzt werden darf und die Nutzer „ihre Identität offenbaren müssen, bevor | |
sie das Passwort erhalten“. | |
Das Urteil gilt zunächst nur für Gewerbetreibende. Aber es ist kaum | |
anzunehmen, dass der EuGH bei Privatpersonen großzügiger wäre. | |
Der Bundestag hatte im Juni eigentlich die Störerhaftung für offene WLANs | |
„abgeschafft“. Tatsächlich hat er aber nur im Telemediengesetz geklärt, | |
dass für die Betreiber eines „lokalen“ (gewerblichen oder privaten) WLANs | |
das Provider-Privileg gilt. Wie der EuGH nun entschieden hat, gilt dieses | |
Privileg für Betreiber aber nicht unbegrenzt, sondern kann beim Missbrauch | |
durch Dritte eingeschränkt werden. | |
Da das Urheberrecht europäisch harmonisiert ist, hätte es wohl auch nichts | |
genutzt, wenn der Bundestag im Juni sich für eine radikalere Regelung | |
entschieden hätte. | |
Az.: C-484/14 | |
15 Sep 2016 | |
## AUTOREN | |
Christian Rath | |
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