| # taz.de -- Kommentar Entschädigung für Roma: Ein preisgünstiger Völkermord | |
| > Nach 70 Jahren erhalten tschechische Roma nun eine Entschädigung für ihr | |
| > Leid im KZ. Der späte Zeitpunkt ist ebenso zynisch wie die geringe Summe. | |
| Bild: Erinnerung an Orte des Massenmordes am Mahnmal für die ermordeten Sinti … | |
| Es ist eine längst überfällige Geste, und eine geizige noch dazu: [1][2.500 | |
| Euro Entschädigung erhalten tschechische Roma], die das Grauen der | |
| deutschen Konzentrationslager überlebt haben. Hunderttausende Menschen aus | |
| ganz Europa fielen aufgrund ihrer „Fremdrassigkeit“ und als „geborene | |
| Asoziale“ dem Massenmord der Nazis zum Opfer, darunter viele aus den | |
| besetzten Gebieten im Süden und Osten des Kontinents. | |
| Die Justiz der jungen Bundesrepublik leugnete die rassistische Dimension | |
| des Verbrechens – mit einer offensichtlich rassistischen Begründung. Die | |
| Sinti und Roma hätten schließlich schon immer Anlass gegeben, sie | |
| „besonderen Beschränkungen zu unterwerfen“, heißt es in einem | |
| Gerichtsurteil von 1956. Dazu passt die jahrzehntelang hohe Ablehnungsquote | |
| beantragter Entschädigungsleistungen für die Opfer. | |
| Dass nun für das letzte gute Dutzend tschechischer Überlebender eine | |
| Regelung gefunden wurde, ist somit auf symbolischer Ebene ein durchaus | |
| großer Schritt der Anerkennung des Unrechts, in der konkreten Ausgestaltung | |
| jedoch mindestens „lächerlich“, wie ein Vertreter des Opferverbandes | |
| konstatiert. „Zynisch“ trifft es vielleicht eher. Der Rechtsnachfolger des | |
| verbrecherischen faschistischen Staates benötigte mehr als 70 Jahre, um | |
| einer Handvoll alter Menschen, die zum Teil auf dem Sterbebett liegen, | |
| einen Almosen zu gewähren. | |
| Während die früheren Opfer ihre Familien in den Gaskammern der | |
| Konzentrationslager verloren und mit ihren Nachkommen zum Teil in bitterer | |
| Armut leben mussten, konnten viele Täter in der Bundesrepublik fast nahtlos | |
| an ihre Kriegskarrieren anknüpfen. Für die lebenslange rassistische | |
| Ausgrenzung und vor allem für das Menschheitsverbrechen der Vernichtung der | |
| „Zigeuner“ in Europa lässt sich kaum eine angemessene Entschädigungssumme | |
| finden – eine würdigere als 2.500 Euro pro Person aber wäre schon viel eher | |
| möglich gewesen. | |
| So bleibt jener Völkermord nicht zufällig ein eher preisgünstiges | |
| Verbrechen, sowohl für die individuellen Täter als auch für den deutschen | |
| Staat. | |
| 7 Aug 2016 | |
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| ## AUTOREN | |
| Daniél Kretschmar | |
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