# taz.de -- Roma-Migranten in Berlin: Zerstörtes Heim für Heimatlose | |
> Das Roma-Zeltlager auf einer Brache am Westkreuz wurde geräumt. Der | |
> Bezirk bietet den Bewohnern an, die Rückreise zu finanzieren. | |
Bild: Berufliches Betteln von Roma ist nur ein antiziganistisches Klischee, sag… | |
Am Mittwoch wurde das Zeltlager in der Nähe des S-Bahnhofs Westkreuz | |
in Charlottenburg-Wilmersdorf geräumt, welches zum Schluss eher einer | |
Müllhalde glich. Rund ein Jahr lang lebten bis zu 50 Migranten | |
rumänischer Herkunft auf einer Brache in der Heilbronner Straße. In | |
den letzten 14 Tagen seien jedoch nur noch zehn Bewohner gesehen | |
worden, sagte der Baustadtrat von Charlottenburg-Wilmersdorf, | |
Carsten Engelmann (CDU), der taz. | |
Jetziger Stand sei, dass kein Bewohner mehr auf dem Areal zu sehen ist. | |
Die mit der Räumung beauftragte Firma sei jedoch noch dabei, die letzten | |
Überreste des Zeltlagers zu beseitigen. Am gestrigen Donnerstag | |
sollten sie damit fertig werden, so Engelmann. | |
Anwohner und Gewerbetreibende hatten bereits vor Monaten beim | |
Bezirk über Müll, Ratten und hygienische Missstände – die auch | |
fehlenden Hygieneeinrichtungen geschuldet sind – geklagt. Doch da das | |
Lager auf einem privatem Grundstück stand, konnte der Bezirk nicht | |
selbst eingreifen, sondern musste die Entscheidung dem Eigentümer | |
überlassen. | |
Als der Grundstückseigentümer, der für die taz nicht erreichbar war, | |
im Mai ankündigte, man wolle ein Räumungsverfahren einläuten, | |
wurde die Behausung auf der Wiese zum ersten Mal bekannt. | |
## Bezirk will Migranten helfen | |
Den Bezirk habe die Räumungsankündigung überrascht, erklärt | |
Engelmann. Denn zu dem Zeitpunkt habe man von Bezirksseite aus | |
versucht, den Bewohnern entgegen zukommen. So bot man ihnen an, die | |
Rückreise in ihr Herkunftsland zu finanzieren. Die meisten | |
Bewohner hätten dieses Angebot angenommen, dadurch beruhigte sich | |
zunächst die Lage. Jedoch wiederholten sich die Probleme, als eine neue | |
Gruppe Roma-Migranten in das Lager einzog. | |
Der Bezirksstadtrat habe daraufhin die Räumung des Zeltlagers selbst | |
in die Hand genommen und dem Eigentümer angekündigt, ihm die | |
Kosten in Rechnung zu stellen. Dieser ergriff daraufhin | |
entsprechende Maßnahmen und veranlasste die Räumung des | |
Zeltlagers. | |
Die Fläche werde nun zunächst leer bleiben. Der Eigentümer habe | |
darauf Wohnungen bauen lassen wollen, was der Bezirk nicht | |
genehmigte, da es sich hier um eine Gewerbefläche handele, so | |
Engelmann. | |
Was mit den Vertriebenen passiert, ist unklar. Das | |
Rückreiseangebot des Bezirks bestehe noch, so Engelmann. Er | |
befürchtet jedoch, dass die bis zum Schluss Gebliebenen ein neues | |
Lager in der Gegend aufschlagen werden. | |
[1][Amaro Foro], eine Berliner Selbstorganisation von Roma und Nichtroma, | |
beklagte gegenüber der taz Gesetzesänderungen der letzten zwei | |
Jahre, die es „EU-Bürgern und damit auch den als Roma wahrgenommenen | |
Mitmenschen“ deutlich erschwere, Arbeit oder eine Wohnung zu bekommen. | |
Medienberichte, die von traditionellem und freiwilligem Betteln der | |
Roma-Migranten sprechen, bedienten lediglich Klischees. Solche | |
„antiziganistischen Bemerkungen“ müsse man mit Schrecken zur | |
Kenntnis nehmen. | |
11 Aug 2016 | |
## LINKS | |
[1] http://www.amaroforo.de/ | |
## AUTOREN | |
Viola Blomberg | |
Amelie Preyhs | |
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