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# taz.de -- Libyens Durchbruch gegen den IS: Sieg mit Symbolkraft
> Milizen mit internationaler Unterstützung erobern das seit Juni 2015
> besetzte Hauptquartier des „Islamischen Staats“ in Sirte.
Bild: US-Unterstützungstruppen feiern den Sieg
Tripolis taz | Nach dreimonatiger Belagerung haben Milizen aus der
Hafenstadt Misrata das Hauptquartier des „Islamischen Staats“ im
benachbarten Sirte am Mittwoch erobert. Das Ouagadougou-Kongresszentrum in
der Geburtsstadt des früheren Diktators Muammar al-Gaddafi galt seit Juni
2015 als Befehlszentrale von angeblich bis zu 6.000 Extremisten aus der
ganzen Region.
Bereits am Montag hatten die offiziell der libyschen Einheitsregierung von
Premier Fayiz as-Sarradsch unterstehenden Kämpfer neben dem
Kongresszentrum auch die Universität und das Hauptkrankenhaus von Sirte
eingekesselt. US-Kampfflugzeuge bombardierten zuvor mehrere von
Scharfschützen besetzte Rohbauten.
Seit dem 1. August koordiniert das „Africom“-Kommando in Stuttgart die
bisher 29 amerikanischen Luftangriffe in Sirte. An dem Einsatz sind auch
vor Ort stationierte britische und italienische Beobachter beteiligt. Der –
noch nicht vom Parlament abgesegnete – libysche Premier Sarradsch hatte
zuvor um militärische Hilfe gebeten.
Die unter dem Kommandonamen „Bunyan al-Marsous“ (feste Mauer) kämpfenden
Misratis, deren Heimat rund 200 Kilometer östlich der Hauptstadt Tripolis
liegt, haben durch die gut trainierten IS-Anhänger große Verluste erlitten.
Sie beklagen mehr als 350 Tote und 2.000 verwundete Kämpfer und werfen dem
Ausland und Tripolis voller Bitterkeit vor, dass Hilfe ausgeblieben sei.
Der Erfolg hat große symbolische Bedeutung. Allerdings befindet sich
weiterhin ein rund 20 Quadratkilometer großer Stadtteil von Sirte unter
Kontrolle der Extremisten aus Tunesien, dem Sudan oder Algerien.
## Verwirrung, wer den IS eigentlich unterstützt
Bunyan-al-Marsous-Sprecher Rida Issa glaubt, dass der Fall der
140.000-Einwohner-Stadt Sirte nur noch eine Frage von wenigen Wochen sei,
da die Nachschubrouten des IS in den Süden abgeschnitten sind.
Kommandeure aus Misrata warnen jedoch von der modernen Bewaffnung ihrer
Gegner und vor Munitionskisten, die bis vor Kurzem angeblich von
unbekannten Flugzeugen abgeworfen sein sollen. Die allgemeine Verwirrung
darüber, wer den IS eigentlich unterstützt, zeigt, wie komplex die Lage
ist: Neben ausländischen Freiwilligen kämpft eine unbekannte Zahl an
Libyern aus ehemaligen Gaddafi-treuen Städten und Stämmen unter der
schwarzen Flagge, die in der Anarchie Libyens Macht und Einfluss
verspricht.
Für den Ausschluss der Anhänger Gaddafis aus dem öffentlichen Leben Libyens
machen Aktivisten in Tripolis Milizen aus Misrata verantwortlich. Diese
hatten 2013 das sogenannte Isolationsgesetz mit Waffengewalt durchgesetzt.
Wer seit 1969 eine höhere Position in Libyen innehatte, verlor damit seinen
Job.
Was die Sache noch verworrener macht: Auch unter den über 200 Milizen aus
Misrata gibt es radikale Gruppen, die nach dem libyschen Bürgerkrieg von
2011 bei der der Dschabhat-al-Nusra-Miliz in Syrien gekämpft haben. Sie
hegen seit ihrer Rückkehr Sympathien mit dem IS, der Sirte seit Juni 2015
terrorisiert.
Im 450 Kilometer entfernten Tripolis fürchten viele, dass libysche
IS-Kämpfer ihren Kampf aus dem Untergrund fortsetzen könnten. Die
Extremisten werben im ganzen Land um die junge Generation, der nach fünf
Jahren Krieg in Afrikas ehemals reichstem Staat jegliche Perspektive
fehlt.
11 Aug 2016
## AUTOREN
Mirco Keilberth
## TAGS
Milizen in Libyen
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„Islamischer Staat“ (IS)
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