| # taz.de -- Die Grünen im US-Wahlkampf: Genug vom „kleineren Übel“ | |
| > Die grüne Spitzenkandidatin Jill Stein hält nichts davon, Clinton zu | |
| > wählen, um Trump zu verhindern. Sie hofft auf die Anhänger Bernie | |
| > Sanders. | |
| Bild: Die Birkenstock tragende Elite-Uni-Absolventin will enttäuschte Sanders-… | |
| WASHINGTON taz | Es sind drei Worte, auf die Jill Stein ihre Hoffnungen | |
| baut. „Jill not Hill“ lautet die Parole, mit der die treuesten, zornigsten | |
| Anhänger von Bernie Sanders ihrem Ärger Luft machen. Jill Stein wählen, | |
| nicht Hillary Clinton. Rebellion, nicht den Status quo. Wie viele | |
| Sanders-Fans den Slogan beherzigen und sich im November anstelle der | |
| früheren Außenministerin für die Präsidentschaftskandidatin der Grünen | |
| entscheiden, gehört zu den großen Unbekannten dieses Wahlkampfs. | |
| Meinungsforscher orakeln, dass ungefähr ein Zehntel derer, die mit dem | |
| Senator aus Vermont gegen das Establishment der Partei marschierten, | |
| nunmehr zu Stein überlaufen könnten. Ob sich die Prognose bewahrheitet oder | |
| nicht, davon hängt ab, ob die USA erneut erleben, was man seit 2000 den | |
| Ralph-Nader-Effekt nennt. Damals holte Nader, ein hochkarätiger | |
| Verbraucherschutzanwalt, 2,7 Prozent der Stimmen. | |
| Es war ein Rekordergebnis für die Green Party, bedeutete aber auch, dass | |
| dem Demokraten Al Gore das letzte Quäntchen fehlte, um den Republikaner | |
| George W. Bush zu besiegen. Die Erinnerung an das Drama des Jahres 2000, | |
| glaubt David Weigel, ein Kolumnist der Washington Post, werde viele aus der | |
| Jill-not-Hill-Fraktion am Ende doch davon abhalten, Stein den Zuschlag zu | |
| geben. Das Trauma sitze einfach zu tief. | |
| Jill Stein sieht das natürlich anders. Ihre Bestandsaufnahme bündelt sie in | |
| dem Satz, dass es die Leute satt hätten, das kleinere Übel zu wählen, in | |
| diesem Fall Clinton, um Trump zu verhindern. Die Wähler seien in Aufruhr, | |
| sagt Stein, so viele wie nie zuvor zeigten den beiden großen Parteien die | |
| kalte Schulter. „Die Menschen sehnen sich nach einer Alternative“, sagte | |
| Stein am Wochenende auf dem Parteitag der Grünen in Houston, „und diese | |
| Alternative sind wir.“ | |
| ## Sanders in grün? | |
| Es gibt Experten, die sehen in der 66 Jahre alten Kinderärztin nichts | |
| anderes als eine Fortsetzung des Bernie Sanders mit anderen Parteifarben. | |
| Die Plattform der Grünen geht allerdings noch hinaus über das, was Sanders | |
| verlangt. Unter anderem fordert sie einen Erlass der Schulden, die | |
| Studenten infolge exorbitanter Studiengebühren angehäuft haben, sowie die | |
| Reduzierung des Militärbudgets um mindestens 50 Prozent. | |
| Elijah Manley, einem 17-jährigen Afroamerikaner aus Florida, der Stein die | |
| Kandidatur streitig zu machen versuchte, geht auch das noch nicht weit | |
| genug. Nach seinen Vorstellungen soll das Wahlalter auf 16 Jahre | |
| herabgesetzt, die US-Notenbank aufgelöst und Edward Snowden ohne weiteren | |
| Aufschub begnadigt werden. Außerdem, sagt Manley, müsse die Green Party die | |
| real existierenden Vereinigten Staaten abbilden und aufhören, eine Partei | |
| privilegierter Weißer zu sein. | |
| Eine Partei, wie Jill Stein sie symbolisiert: Ivy-League-Abschluss, | |
| Birkenstocksandalen, gutbürgerliches Milieu. Es liegt an ihren Erfahrungen | |
| in der medizinischen Praxis, dass die aus Chicago stammende Frau in der | |
| Politik aktiv wurde. Konfrontiert mit den Folgen einer Fast-Food-Kultur, | |
| die Fettleibigkeit zu einer Epidemie werden ließ, begann sie, sich zu | |
| engagieren. „Es gefiel mir nicht, wie wir unsere Kids mit Pillen | |
| vollstopften, statt zu den Wurzeln des Problems vorzudringen. Und | |
| irgendwann verlor ich die Geduld.“ | |
| Vor vier Jahren, als sie sich zum ersten Mal ums Oval Office bewarb, kam | |
| sie auf 0,36 der Wählerstimmen. Derzeit liegt sie im Umfragedurchschnitt | |
| bei 4 Prozent. | |
| 9 Aug 2016 | |
| ## AUTOREN | |
| Frank Herrmann | |
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