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# taz.de -- Kommentar Konvent der US-Demokraten: Einheit mit Rissen
> Die US-Demokraten bemühen sich, von der eigenen Spaltung abzulenken.
> Höhepunkt war die Rede der First Lady Michelle Obama.
Bild: Stellte sich hinter Clinton: Michelle Obama
Hillary Clintons Krönungsmesse hatte einen denkbar rüden Auftakt. Da
nominieren die US-Demokraten zum ersten Mal in ihrer Geschichte eine Frau
als Präsidentschaftskandidatin. Doch statt angesichts des historischen
Ereignisses Euphorie zu äußern, ziehen tausende Linke durch die Straßen
Philadelphias und rufen: „Hell no, DNC, we won't vote for Hillary!“
Die Parteitagsregie hatte sich alle Mühe gegeben, den Auftakt als Zeichen
der nunmehr gegen Donald Trump geeinten Partei zu gestalten. Schon das
irgendwie doppelt gemoppelte Parteitagsmotto „United Together“ zeigt, wie
dringend die Angelegenheit ist. Geklappt hat es allerdings nicht.
Unmittelbar vor Beginn des Parteitags hatte Parteichefin Debbie Wassermann
Schultz zurücktreten müssen, nachdem fast 20.000 von Wikileaks
veröffentliche E-Mails des demokratischen Parteivorstands klar zeigten, was
das Wahlkampfteam des linken Senators Bernie Sanders seit Monaten beklagt
hatte: Dass das demokratische Establishment alles tat, um Sanders Chancen
zu mindern und Clinton zur Kandidatin zu machen.
Ein Parteitag, der mit einem Rücktritt und einer Entschuldigung des
Parteivorstands beginnt – das ist nicht die PR, die man sich 100 Tage vor
der Wahl wünscht. Dass Clinton dann auch noch Wassermann Schultz zur
Ehrenvorsitzenden ihres Wahlkampfteams ernannte, verstärkte bei
Sanders-Delegierten das Gefühl, in Philadelphia zwar umworben, aber nicht
ernst genommen zu werden.
Kein Wunder, dass nahezu alle US-Fernsehstationen und die aus aller Welt
angereisten Reporter sich dann vor allem darum bemühten, Sanders-Delegierte
zu interviewen. Und erschreckend viele von denen sagten offen in die
Kamera, sie würden niemals für Clinton stimmen, eher würden sie gar nicht
wählen, der Grünen-Kandidatin Jill Stein ihre Stimme geben – oder sogar
Donald Trump.
## Erinnerung an George W. Bush
Bei jenen, die sich noch an die Wahl des Jahres 2000 erinnern können, in
der dem demokratischen Kandidaten Al Gore nach einer höchst umstrittenen
Wahl mit zahlreichen Fehlern nur wenige Stimmen in Florida fehlten, und so
George W. Bush seine fatale Präsidentschaft antreten konnte, lösen solche
Erklärungen allergische Reaktionen aus. Damals hatte der für die Grünen
kandidierende Ralph Nader mit ziemlicher Sicherheit dafür gesorgt, dass
Gore die entscheidenden Stimmen fehlten.
Das Line-Up des Abends musste da einiges herausreißen. Die linke Senatorin
Elizabeth Warren, der Comedy-Star Sarah Silvermann – die mit Leib und Seele
Bernie Sanders unterstützt hatte – Sanders selbst und schließlich First
Lady Michelle Obama erklärten, warum es unabdingbar sei, Hillary Clinton
zur nächsten Präsidentin zu wählen. Sanders war am Vormittag zum ersten Mal
von seinen Anhängern ausgebuht worden, als er vor seinen eigenen
Delegierten dasselbe sagte.
Die eindrucksvollste Rede – viele Kommentatoren meinten gar, die beste
ihres politischen Lebens – hielt Michelle Obama. Damit wurde auch klar,
dass die Unterstützung der Obamas in den kommenden Monaten vermutlich der
wichtigste Trumpf Clintons sein dürfte. Hatten sich noch bei den
Kongresswahlen 2014 die meisten demokratischen Kandidaten einen Auftritt
des damals unbeliebten Präsidenten bei ihren Wahlkämpfen verbeten, wird
sich Obama, dessen Popularitätswerte seit Beginn der Vorwahlen immens
gestiegen sind, diesmal kaum vor Anfragen retten können.
## Ablenken von der Spaltung
Die Demokraten werden alles versuchen, nunmehr Geschlossenheit,
Kampfbereitschaft und Zuversicht auszustrahlen. Im Unterschied zu den
Republikanern letzte Woche in Cleveland, wo viele führende Republikaner
durch Fernbleiben ihr Unbehagen mit dem Kandidaten ausgedrückt hatten,
müssen sich die Demokraten dabei nicht auf B-Promis, Familienmitglieder des
Kandidaten und zweifelhafte Figuren aus der Halbwelt der
konservativ-evangelikalen Welt verlassen. In Philadelphia wird alles da
sein, was die Demokraten zu bieten haben.
Ob es gelingen wird, von den eigenen Spaltungen abzulenken und so etwas wie
Einheit gegen Trump herzustellen, ist noch nicht abzusehen. Um die Wahl im
November zu gewinnen, wird es entscheidend darauf ankommen, das
demokratische Wähler*innenpotenzial voll auszuschöpfen. Wer zuhause bleibt
oder grün wählt, bringt Trump ins Weiße Haus. Das ist nicht die historische
Message, die Hillary Clinton gern mit ihrer Kandidatur verbunden gewusst
hätte. Aber es ist die, die übrigbleibt.
26 Jul 2016
## AUTOREN
Bernd Pickert
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