# taz.de -- Das war die Woche in Berlin I: Heimlicher Aufruf zur Gewalt | |
> Die SPD schlägt vor, dass das Land das Haus Rigaer Straße 94 kaufen soll. | |
> Man muss kein Law-and-Order-Mann sein, um den Deal kritisch zu sehen. | |
Bild: Bald im Besitz des Landes? Hausprojekt Rigaer94 in Friedrichshain | |
Auch wenn die CDU auf die Barrikaden geht: Die SPD meint es ernst. Warum | |
nicht die Rigaer Straße kaufen, um einen Dauerkonflikt zu entschärfen, | |
sickerte es Anfang der Woche durch. Als Käufer stünde die landeseigene | |
Wohnungsbaugesellschaft Degewo bereit. Oder als Verwalter. So genau weiß | |
man das noch nicht im Hause des Finanzsenators und des | |
Stadtentwicklungssenators. Genauso wenig, wie man weiß, wem das | |
„Problemhaus“ eigentlich gehört. Aber das ist ja auch egal, Hauptsache, der | |
Deal klappt: Ruhe gegen Geld. | |
Dass die CDU das nicht lustig findet, überrascht nicht. Schon lange führt | |
Innensenator und Spitzenkandidat Frank Henkel einen Privatkrieg gegen die | |
autonomen Bewohnerinnen und Bewohner. Mit dem Recht nimmt er es dabei | |
mitunter genauso wenig genau wie die Unterstützerszene. Die Teilräumung im | |
Juni, beschied ein Gericht, war illegal. | |
Doch man muss kein Law-and-Order-Mann wie Henkel sein, um den geplanten | |
Befriedungsdeal kritisch zu sehen. Was, wenn die Degewo den Bewohnern | |
Verträge gibt, die erwünschte Ruhe im Friedrichshainer Nordkiez aber nicht | |
eintritt? Und überhaupt: Welches Signal würde ein solcher Pakt für die | |
Wählerinnen und Wähler bedeuten? Dass diejenigen belohnt werden, die bisher | |
jedes Verhandlungsangebot – darunter den Verkauf an eine Stiftung – | |
abgelehnt haben? | |
Wir erinnern uns: Schon einmal war es im Gespräch, „Problemhäuser“ durch | |
eine landeseigenen Gesellschaft zu übernehmen. Es ging um die | |
Großgörschenstraße und Katzlerstraße in Schöneberg, deren Bewohnern durch | |
einen Verkauf der bundeseigenen Bima Verdrängung drohte. Als möglicher | |
Käufer war die Gewobag im Gespräch. Die aber zog zurück, weil der Kaufpreis | |
eine wirtschaftliche Nutzung nicht erlauben würde. Der Staat wollte nicht | |
den Preistreiber spielen; ein Argument, das man gut nachvollziehen kann. | |
In der Rigaer Straße, heißt es, müsse das Land nun 4 Millionen Euro | |
hinblättern. Für die Degewo, die gehalten ist, wirtschaftlich zu handeln, | |
wäre das nur mit einer Luxusmodernisierung machbar. Das aber würde keine | |
Ruhe schaffen, im Gegenteil. Oder aber man würde, als Teil des Hoffens auf | |
Ruhe, in ein Verlustgeschäft einsteigen. | |
Das aber wäre nichts anderes als eine Verhöhnung der Mieterinnen und Mieter | |
in Schöneberg und anderen Häusern, die ebenfalls hoffen, von einer | |
Wohnungsbaugesellschaft übernommen zu werden. Oder ist es sogar ein Aufruf | |
zur Gewalt: Je mehr Autos ihr anzündet und je mehr Barrikaden ihr baut, | |
desto größer eure Chance, dass wir nach einer Lösung suchen? | |
30 Jul 2016 | |
## AUTOREN | |
Uwe Rada | |
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