| # taz.de -- Kolumne Habibitus: Fusion ist für Lauchs | |
| > Wenn die letzte Bastion der deutschen Linken angegriffen wird, brennt das | |
| > ganze Internet. Kartoffeln verstehen keinen Spaß. | |
| Bild: Auch auf dem Fusion-Festival ein beliebter Kopfschmuck unter den Besucher… | |
| „No risk, no fun“, dachte ich mir, als ich neulich [1][auf Missy-Mag.de | |
| einen polemischen Text über das Fusion-Festival („die Fusion“) schrieb]. | |
| Wir wissen, ich bin shady und Sachlichkeit ist für Lauchs. | |
| Also haute ich auf die Kacke und lästerte über weiße Leute mit Dreadlocks, | |
| schlecht gewürztes Essen und die Praxis der kulturellen Aneignung. | |
| Es sind wirklich keine Breaking News, dass kulturelle Aneignung ein | |
| Phänomen ist, dass es auf der Fusion nur davon wimmelt und dass das Genre | |
| „Glosse“ existiert. Ich nahm an, dass mein Text wohl ein paar Leute nerven, | |
| aber insgesamt unaufgeregt rezipiert werden würde. | |
| Über 500 Facebook-Kommentare, 2.500 durch einen Bot auf mich programmierte | |
| Fake-Follower, einige E-Mails von Fremden und Anhängern der | |
| Illuminati-Verschwörungstheorie, laut der ich gar nicht existiere, später | |
| merke ich: Leider nein, leider gar nicht, tut mir leid. | |
| ## Kartoffeln rasten aus | |
| Ein im Kater von mir geschriebener Text stupst gefühlt das halbe | |
| deutschsprachige Internet in die Eskalation. Kartoffeln rasten aus. Vor | |
| allem weiße Typen, die unter ihren Profilbildern auch „Je Suis | |
| Charlie“-Banner haben, ertragen plötzlich keine Scherze mehr. | |
| „Satire darf alles“, schreibe ich sarkastisch, und sie antworten: „Ja, ab… | |
| nur, wenn es nach oben hinten kritisiert.“ Ich weiß nicht, ob sie White | |
| Supremacy kennen, aber das letzte Mal, als ich in die Himmelsrichtungen | |
| geschaut habe, war antimuslimischer Rassismus eher etwas, was nach „unten“ | |
| tritt, und weiße Personen waren ziemlich weit „oben“ auf den | |
| Machtstrukturen. | |
| Uns Feminist_innen wird immer vorgeworfen, keinen Humor zu haben. Dabei | |
| lachen wir sehr viel. Dieser Fehlschluss könnte daran liegen, dass | |
| „Scherze“ immer nur dann als „lustig“ gelten, wenn sie rassistisch, | |
| sexistisch, transfeindlich, homofeindlich, ableistisch, dickenfeindlich | |
| oder klassistisch sind. | |
| Wer solche „Scherze“ kritisiert, versteht keinen „Spaß“. Ist es nicht | |
| komisch, dass diejenigen, die das behaupten, selber keine Witze ertragen, | |
| ihre Rolle übertreiben und in den Fusion-Dschihad ziehen? | |
| ## Kleine Stichelei | |
| Kartoffeln waren nie für ihren Humor bekannt, das kann eine_r auch in Noah | |
| Sows „Deutscher Humor: Eine Sammlung der besten Beiträge“ auf hundert | |
| leeren Seiten nachlesen. Besonders Typen. Eine kleine Stichelei reicht, um | |
| ihre fragile Maskulinität und somit ihr Selbstbild zu zerstören. | |
| Als gäbe es kein Morgen, schrieben sie absatzweise kolonialrassistischen | |
| Müll und Beleidigungen unter meinen Text. Das ist leider nichts Neues. Viel | |
| desillusionierender war es, einem mediokren Exfernsehmoderator in seinen | |
| Vierzigern (kurz: D-Promi) dabei zuzuschauen, wie er an einem Montagabend | |
| ein paar Tweens auf Twitter belästigte, anstatt etwas Sinnvolles zu tun | |
| (sich zu löschen). | |
| Ich beobachtete dabei, dass eine_r für 80.000 Follower_innen weder lustig | |
| noch originell sein muss. Es reicht, grundlos selbstbewusst zu sein, Niels | |
| Ruf zu heißen und Inhalte von weniger bekannten, aber weitaus cooleren | |
| Personen wie @ciedem zu klauen. Das Problem: Er weiß nicht nur nicht, wann | |
| die Party vorbei ist – er war auch nie eingeladen. | |
| 15 Jul 2016 | |
| ## LINKS | |
| [1] https://missy-magazine.de/2016/07/05/fusion-revisited-karneval-der-kulturlo… | |
| ## AUTOREN | |
| Hengameh Yaghoobifarah | |
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