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# taz.de -- Kolumne Habibitus: Es ist Deutschland hier
> Wo genau hakt es mit der Integration? Kein Bier vor Vier, danach aber
> Kristallweizen, als gäbe es keinen Morgen?
Bild: Deutsche Tugenden
Vorsicht, Attention, Achtung, Danger Zone: Was den Deutschen neben
mediterranfarbenen Wohnzimmergarnituren und dem Ausblenden ihrer
politischen Verantwortung besonders gut gefällt, sind ihre Regeln.
Deshalb bleiben Zeigefinger nahezu permanent wie eine Radioantenne erhoben
– oder eben, saisonal passend, hässliche Flaggen an Autofenstern. Ganz
gönnerhaft schreibt [1][Thomas Straubhaar in seiner Welt-Kolumne bereits im
aussagekräftigen Titel: „Der Islam gehört zu uns, wenn er unseren Regeln
folgt“.] So weit, so wtf.
Die Vorstellung, dass Muslim_innen nur über den Migrations- oder Fluchtweg
nach Europa kommen und der Islam somit etwas Undeutsches darstellt, ist
eine Urban Legend. Muslimisch sein schließt sich nicht mit weißsein aus.
Klar, vor 800 Jahren war der Anteil an muslimischen Personen hier sehr viel
geringer. Dafür waren damals Europäer_innen auch damit beschäftigt, an der
Pest zu sterben und, business as usual, antisemitisch zu sein.
## Deutsche Regeln
Letzteres hat sich nicht geändert, das mit der massiven Unhygiene ist etwas
besser geworden. Veränderung kann eben auch schön sein. Das akzeptieren
Deutsche nicht gern, womit ich mir den Hype um das Mittelalter nur erklären
kann.
Welchen deutschen Regeln sollten Muslim_innen also folgen? Wo hinkt es mit
der Integration? Würde es helfen, drei mal täglich Schweinefleisch zu
essen? Kein Bier vor vier, danach aber Kristallweizen, als gäbe es keinen
Morgen?
Alle Männer, die an der EM nicht interessiert sind, pauschal als „schwul“
zu bezeichnen und gleichzeitig mit „schwul“ eine Beleidigung zu
implizieren? So wie der Bambi-Integrationspreisträger Bushido die AfD
wählen? Mit Schuhen ins Haus gehen? Mit schwachen Augenbrauen aus dem Haus
gehen und so tun, als wäre die Welt in Ordnung?
Tägliche Anschläge auf Geflüchtetenheime ignorieren und sich dann über den
plötzlichen Anstieg rechter Gewalt wundern? Keine Festnetzanrufe nach 20
Uhr? Sonntagsruhe respektieren? Konsequent mit zu niedrigem
Lichtschutzfaktor in die Sonne und von Mayo zu Ketchup mutieren?
## Kotreste am Hintern
Passive Aggressivität statt ehrlichen Realitätsschellen? Nur noch mit Salz,
Pfeffer und, wenn es mal exotischer werden soll, Kräutern der Provence
würzen? Oder das Grundgesetz, an das sich nicht einmal alle zugelassenen
politischen Parteien halten?
Es sind keine breaking news, dass soziale Konventionen von Land zu Land
unterschiedlich sind. Was aber auch keine so steile These ist, ist der
Hinweis, dass Menschen von einander und ihren Differenzen lernen können.
Von deutscher Pünktlichkeit zum Beispiel hätten sich meine Eltern ruhig mal
eine Scheibe abschneiden können, als sie mich bei Minusgraden eine halbe
Stunde lang vor der Schule warten ließen.
Dafür möchte ich allen Menschen eine Gießkanne neben das Klo stellen. Ist
nicht böse gemeint, aber es ist purer Selbsthass, freiwillig mit Kotresten
am Hintern durch das Leben zu gehen. Anstatt sich über die Islamisierung
des Abendlandes zu echauffieren, können diese Almanis endlich mal anfangen,
sich über die Chance auf ein schöneres Leben zu freuen.
3 Jun 2016
## LINKS
[1] http://www.welt.de/wirtschaft/article155840302/Der-Islam-gehoert-zu-uns-wen…
## AUTOREN
Hengameh Yaghoobifarah
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