# taz.de -- Unterschriften übergeben: Rad-Begehren geht durch die Decke | |
> Unglaublich: Die Initiative „Volksentscheid Fahrrad“ hat 105.425 | |
> Unterschriften für ein Volksbegehren gesammelt – in weniger als einem | |
> Monat. | |
Bild: Die Hürde von 20.00 Unterschriften hat der „Volksentscheid Fahrrad“ … | |
Noch immer ist die Katze nicht aus dem Sack. Zwar hat der „Volksentscheid | |
Fahrrad“ am Dienstagvormittag ins Restaurant Ampelmann am Monbijoupark | |
geladen, um die Zahl der gesammelten Unterschriften zu verkünden, aber die | |
Spannung wird genüsslich aufgebaut. Als ein Helfer referiert, wie viele | |
Menschen wie lange unterwegs waren, ruft einer von hinten: „Jetzt hau das | |
Ding endlich raus!“ Und dann wirft der Beamer die Zahl „105.425“ an die | |
Wand. Die Ausführungen versinken in frenetischem Jubel. | |
Gut 100.000 Unterschriften in dreieinhalb Wochen – dabei gibt das Gesetz | |
sechs Monate Zeit, um nur 20.000 Unterschriften für den Antrag auf ein | |
Volksbegehren einzuwerben. Vor diesem Hintergrund ist es ein bombastisches | |
Ergebnis, selbst wenn noch ein paar tausend UnterzeichnerInnen als nicht | |
berechtigt abgezogen werden. Ein einsamer Rekord aber auch verglichen mit | |
früheren Volksbegehren (siehe Kasten). | |
## An einen Tisch mit Geisel | |
Mit dieser Zahl in der Tasche werden sich die VertreterInnen der Initiative | |
am 18. Juli an einen Tisch mit Stadtentwicklungssenator Andreas Geisel und | |
Verkehrs-Staatssekretär Christian Gaebler (beide SPD) setzen. Es wird darum | |
gehen, ob beide Seiten zu Kompromissen bereit sind und ein Volksbegehren | |
überflüssig machen. | |
Wo die Initiative Zugeständnisse machen würde, will Sprecher Heinrich | |
Strößenreuther am Dienstag nicht sagen, er verlangt erst klare Ansagen vom | |
Senat: „Von dem haben wir bislang nichts außer Jammern und Klagen gehört.“ | |
Die jüngst vom Senator geäußerte Kritik am „Volksentscheid Fahrrad“, die… | |
sei bisher nicht gesprächsbereit gewesen, weist er scharf zurück: Wenn | |
Geisel behaupte, er habe die Initiative zum Gespräch eingeladen, sei das | |
eine glatte Lüge. | |
Bei dem Gespräch werden auch die Kosten eine Rolle spielen. Im Ampelmann | |
zerpflücken die Fahrrad-Fans noch einmal Punkt für Punkt die amtliche | |
Schätzung, die mit über 2 Milliarden Euro gut das Fünffache der eigenen | |
Rechnung beträgt. Besonders bei der Ausstattung von Hauptstraßen mit | |
Radverkehrsanlagen habe die Verwaltung getrickst, so Evan Vosberg vom | |
Volksentscheid. Sie habe der Kalkulation eine viel weitere Definition von | |
„Hauptstraßen“ zugrunde gelegt – und damit die Anzahl der betroffenen | |
Straßenkilometer künstlich verdoppelt. Außerdem sei immer die bestmögliche | |
Ausbauvariante veranschlagt worden, Vosberg spricht vom „Deluxe-Zuschlag“. | |
Jetzt darf Heinrich Strößenreuther eines seiner typischen Bonmots zum | |
Besten geben: „Wir freuen uns, dass der Senat Berlin zur | |
Fünf-Sterne-Fahrradstadt machen will“, sagt er, „uns würden auch drei | |
Sterne reichen.“ Sollten die Milliarden doch nicht so locker sitzen, könne | |
die Landesregierung gerne auf die Volksentscheids-Variante zurückkommen – | |
da sei „sicheres und entspanntes Radfahren“ schon für 380 Millionen zu | |
haben. | |
## „Nicht alles versprechen“ | |
Im Anschluss bringen die AktivistInnen die Unterschriften im Fahrradkorso | |
zur Innenverwaltung. Über die Straße, im Roten Rathaus, tagt gerade der | |
Senat. Auf der anschließenden Pressekonferenz sagt der Regierende | |
Bürgermeister, der Volksentscheid habe auf der Sitzung keine Rolle | |
gespielt: „Weil es ja jetzt die Gespräche gibt.“ | |
Als er gefragt wird, ob der Senat nun die Forderungen übernehme, wie nach | |
der vergleichsweise erfolgreichen ersten Phase des Kita-Volksbegehren, sagt | |
Michael Müller, man wolle ja Verbesserungen. „Aber wir können nicht allen | |
alles versprechen. Das mache ich auch bei anderen Themen nicht.“ | |
14 Jun 2016 | |
## AUTOREN | |
Claudius Prößer | |
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