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# taz.de -- Jüdisches Filmfestival in Berlin: Die Leinwand wird zum Politikum
> Das Jüdische Filmfestival setzt gleich zum Start am Samstag auf Chuzpe –
> und liefert zum Beispiel sportliche Lösungsvorschläge für den
> Nahostkonflikt.
Bild: Auch um jüdischen Alltag geht es beim Filmfestival
Das Festivalplakat gibt die Richtung vor: „Knallbunt. Viel Chuzpe. Extrem
jüdisch“, so lautet in diesem Jahr die Ankündigung des Jüdischen
Filmfestivals Berlin & Brandenburg (JFBB), das heute am Samstagabend im
Hans Otto Theater Potsdam eröffnet wird. Und bunt ist das Programm der 22.
Ausgabe des Filmfestivals allemal.
Jüdischer Film – das ist als Kategorie für ein Festival eine etwas andere
Ausrichtung als regionale Programmgestaltungen wie etwa bei den Berliner
Filmfestivals Filmpolska oder Afrikamera. Jüdische Filme entstehen
schließlich fast auf der ganzen Welt, und entsprechend versteht sich das
1995 gegründete JFBB als globales Forum für jüdischen Film. Dass ein
Großteil der Filme aus Israel kommt oder als israelische Koproduktion
entstanden ist, steht dem internationalen Anspruch keinesfalls entgegen.
Eine Koproduktion zwischen Israel und den USA ist „A Tale of Love and
Darkness“, mit dem die israelisch-amerikanische Schauspielerin Natalie
Portman ihr Spielfilm-Regiedebüt vorlegt. Die Verfilmung des
autobiographischen Romans „Eine Geschichte von Liebe und Finsternis“ von
Amos Oz, in dem Portman selbst die Mutter des Schriftstellers spielt, hat
ihre Deutschlandpremiere am 9. Juni im Kino Filmkunst 66,
Bundesaußenminister Frank-Walter Steinmeier wird eine Ansprache halten.
Steinmeiers Anwesenheit auf dem Festival ist durchaus kein Zufall. Denn zum
Politikum ist das JFBB durch Fragen der Finanzierung geworden. Ohne das
Auswärtige Amt hätte es das Festival dieses Jahr womöglich gar nicht
gegeben: Der Hauptstadtkulturfonds, der das Festival bisher mit 100.000
Euro im Jahr gefördert hatte, verkündete zu Beginn des Jahres eine Kürzung
der Mittel um die Hälfte. Das Auswärtige Amt half dann mit einer
Notförderung.
Dem Buntheitsanspruch wird das JFBB durch eine Vielzahl von Themen und
Genres gerecht. Der Dokumentarfilm „Hummus! The Movie“ von Oren Rosenfeld
versteht sich dabei als Beitrag zur kulinarischen wie gesellschaftlichen
Lage Israels. In der internationalen Produktion „Colliding Dreams“ gehen
die Filmemacher Joseph Dorman und Oren Rudavsky der Geschichte des
Zionismus nach. Ein Schwerpunkt widmet sich der im April verstorbenen
israelischen Schauspielerin und Regisseurin Ronit Elkabetz mit dem Porträt
„Ronit Elkabetz – A Stranger in Paris“ und einer Vorführung ihres
Scheidungsdramas „Get – Der Prozess der Viviane Amsalem“. Der Horrorfilm
„JeruZalem“ von Doron und Yoav Paz hingegen lässt drei amerikanische
Touristen auf ihrer Reise nach Jerusalem das Tor zur Hölle finden.
Womit man beim Thema Chuzpe angelangt wäre. Dror Shauls Satire „Atomic
Falafel“ ist eine Art israelische Antwort auf Stanley Kubricks
Atomkriegs-Groteske „Dr. Seltsam oder: Wie ich lernte, die Bombe zu
lieben“. Shaul wählt dafür das Szenario eines geplanten nuklearen
Erstschlags Israels auf den Iran, bei dessen Verhinderung der titelgebende
Falafel eine tragende Rolle spielt.
Noch mehr Chuzpe beweist Eyal Halfon mit seiner
israelisch-palästinensisch-deutschen Koproduktion „90 Minuten – Bei Abpfiff
Frieden“, die bei der Festivaleröffnung am Samstag ihre Weltpremiere
feiert. Ob die Idee, den Nahostkonflikt durch ein Fußballspiel zwischen
Israelis und Palästinensern zu entscheiden – wer verliert, muss gehen –,
als Komödie so ganz aufgeht, sei dahingestellt. Als sportlicher Ansatz ist
dieser Lösungsvorschlag, in dem Detlev Buck den deutschen Trainer der
israelischen Nationalmannschaft gibt, zumindest ungewöhnlich.
Wer das Spiel gewinnt, sei an dieser Stelle natürlich nicht verraten.
4 Jun 2016
## AUTOREN
Tim Caspar Boehme
## TAGS
Filmfestival
Jüdisches Leben
Brandenburg
Amos Oz
Filmfestival
Perspektive Deutsches Kino
Schwerpunkt Filmfestspiele Cannes
Schwerpunkt Berlinale
Schwerpunkt Berlinale
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