# taz.de -- Kreuzberger Kino feiert Wiedereröffnung: Eiszeit für Kinoliebhaber | |
> Das Kreuzberger Programmkino nimmt nach zwei Jahren Bauzeit am 30. Juni | |
> den Spielbetrieb wieder auf. Mit neuen Besitzern an einem neuen Platz. | |
Bild: O Nein, das Popcorn ist alle! | |
Wenn man die Schwelle der Eingangstür überschreitet, riecht es nicht wie | |
erwartet nach Popcorn, sondern nach Sperrholz und Wandfarbe. Der Umbau ist | |
fast fertig, und trotzdem lässt sich kaum erahnen, das dies hier das Foyer | |
des Eiszeit Kinos ist, das an diesem Donnerstag endlich wieder eröffnen | |
wird. | |
Die Geschichte des Eiszeit Kinos beginnt in den 1980er Jahren in Schöneberg | |
als Hausbesetzerkino, das nach seiner Räumung in den ersten und zweiten | |
Stock des Hinterhauses der Zeughofstraße 20 einzieht und aufrührerische | |
Filme zeigt. | |
Suzan Beermann, die das Kino bis zu seiner Schließung 2014 geleitet hat, | |
erzählt der taz, dass das Eiszeit Kino immer Grenzen überschritten hat. Als | |
etwa die Kampagne „PorNO“ von Alice Schwarzer gegen Pornografie lief, | |
zeigte das Eiszeit – Pornos. Doch lange vorbei. Der Konkurrenzdruck in den | |
2000ern durch neu entstandene Cineplex Kinos und die Yorck Kinogruppe wurde | |
zu groß, und das Eiszeit Kino geriet in Vergessenheit. | |
Bis vor zwei Jahren Rainer Krisp und Burkhard Voiges das Kino | |
wiederentdeckten und Beermann abkauften. Beide sind erfahrene | |
Kinobetreiber. Reiner Krisp leitete das Programmkino 3001 in Hamburg, und | |
Burkhard Voiges ist Geschäftsführer des bekannten Hackesche Höfe | |
Filmtheaters. | |
## „Kino ist für uns kein bloßer Abspielort für Filme“ | |
Dank der beiden zog das Eiszeit Kino vom Hinterhaus ins Vorderhaus um, | |
blieb jedoch fast zwei Jahre geschlossen und wurde aufwendig renoviert. | |
700.000 Euro kostete der Umbau, den die deutsche Filmförderung mit 135.000 | |
Euro unterstützte. Dafür sind die Sitze in zwei von insgesamt drei | |
Kinosälen ein Eigenentwurf der Geschäftsführer; und im kleinen Saal sind | |
die originalen dunkelgrünen Eiszeit-Kino-Sitze von früher erhalten | |
geblieben. | |
„Kino ist für uns kein bloßer Abspielort für Filme, sondern ein | |
Kommunikationsort mit Filmen“, sagt Burkhard Voiges. Deshalb sind das Foyer | |
und die Bar genauso wichtig wie die Kinosäle. „Wir wollen beispielsweise | |
Filmgespräche beim Essen anbieten, für die der Regisseur kocht“, erklärt | |
Voiges. Und es sollen nur Filme gezeigt werden, die nicht im normalen | |
Angebot der Filmverleiher zu finden sind. Auf diese Weise wollen sich die | |
Betreiber gegen die Konkurrenz der Berliner Kinolandschaft abheben. | |
Christian Berg, der Kinobeauftragte des Medienboard Berlin-Brandenburg | |
(MBB), weiß nur zu gut, wie es um den Wettbewerb in der Branche steht. | |
Zurzeit gibt es 94 Kinos in Berlin, und es machen sogar neue Kinos auf. | |
Dabei ist die Yorck Kinogruppe der größte Konkurrent unabhängiger | |
Programmkinos wie dem Eiszeit Kino. Die Filmverleiher geben ihre Filme | |
dorthin, wo sie am meisten einspielen können – deshalb ist es schwer für | |
unabhängige Kinos, an gute Filme heranzukommen. | |
„Die kleinen Kinos müssten sich beispielsweise zu einer | |
Einkaufsgemeinschaft zusammenschließen,“ schlägt Christian Berg vor. Dies | |
sei jedoch schwierig, da die Kinobetreiber oft in großer Konkurrenz | |
zueinander stünden. Bisher gebe es nur den Verbund Indiekino, der für | |
Marketingzwecke gegründet wurde. Aber jedes Kino hebt sich durch seine | |
Position im Kiez von den anderen Kinos ab, sagt Berg. Denn Kinos sind | |
„keine seelenlosen Orte,“ wie der MBB-Kinobeauftragte es formuliert – und | |
das sehen die Eiszeit-Kino-Betreiber genauso. | |
28 Jun 2016 | |
## AUTOREN | |
Daryna Sterina | |
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