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# taz.de -- Weihnachtsprogramm: Heilige Nacht, Kinonacht
> Einige Kinos haben traditionell am Heiligen Abend geöffnet. Während
> früher Anti-Weihnachtsfilme gezeigt wurden, läuft heute meist normales
> Programm.
Bild: Irgendwie besinnlich: In "Only Lovers Left Alive" leiden einsame Vampire …
BREMEN taz | In den Zeiten, als es noch ein antibürgerlicher Akt war, an
Weihnachten ins alternative Programmkino zu gehen, wurde dort an jedem 24.
Dezember ein Kontrastprogramm zur feierlichen Rührseligkeit veranstaltet.
So gab es sowohl im Abaton in Hamburg wie auch im Cinema im Bremer
Ostertorviertel alle Jahre wieder rituelle Projektionen von Monty Pythons
alternativer Heilsgeschichte „Das Leben des Brian“.
25 Jahre lang war der Film in Bremen an Weihnachten zu sehen, doch 2004 war
auch die letzte verfügbare Filmkopie so abgenutzt, dass sie nicht mehr
vorzeigbar war. Und die Zeiten, in denen es cool war, sich solche Kultfilme
bekifft im Kino anzusehen, waren auch damals schon vorbei. Inzwischen ist
„Das Leben des Brian“ wie jeder andere Klassiker im Fernsehen, auf DVD oder
im Netz verfügbar. Die Exklusivität, die ein wichtiger Teil des Rituals
ist, besteht damit nicht mehr.
Und dennoch wird die Tradition des Weihnachts-Kinos weitergeführt. Sowohl
das Hamburger Abaton wie auch das Bremer Cinema gehören zu der Handvoll
Kinos in Norddeutschland, die am 24. Dezember nicht geschlossen haben. Seit
1992 ist Matthias Elwardt im Abaton als Geschäftsführer auch für die
Programmgestaltung verantwortlich und veranstaltet auch
Weihnachtsvorstellungen. Allerdings nicht mehr mit besonderen Filmen und
eher am späteren Abend als zur Bescherungszeit. Außerdem sollte es keine
„Zwangsverpflichtungen“ beim Personal geben, aber über die Jahre fanden
sich immer genügend Freiwillige.
Im Café des Kinos gibt es am 24. Glühwein und Gebäck und es wird wohl auch
ein wenig festlich dekoriert, aber gezeigt werden ab 21 Uhr die Filme aus
dem normalen Programm, nämlich „Enough Said“ und „Inside Llewyn Davis“
sowie ein Preview des neuen Films von Jim Jarmusch „Only Lovers Left alive“
mit Tilda Swinton als Vampir. Eingestimmt wird mit dem belgischen Kurzfilm
„Blutige Weihnachten“, bei dem die Feierlichkeiten schön makaber in einem
Blutbad enden.
Im Bremer Cinema werden am 24. ohne viel Umstände zwei Previews gezeigt,
und zwar um 18 Uhr der spanische Schwarzweißfilm „Das Mädchen und der
Künstler“ sowie um 20 Uhr ebenfalls „Only Lovers Left Alive“.
Zumindest in einem Kino läuft an diesem Tag auch ein pro-weihnachtliches
Programm: Im Filmkunsttheater Magazin in Hamburg-Winterhude werden
klassische Kinder- und Weihnachtsfilme gezeigt. In kaum einem anderen Kino
der Region wird das Filme-Sehen so als gemeinschaftliches Erlebnis
begriffen wie hier. In dem großen Saal mit seinen rund 300 Plätzen
verkleiden sich hier immer noch bei der „Rocky Horror Picture Show“ die
Zuschauer und werfen Reis. Die Besucherzahlen der Blues-Brothers-Partys und
Star-Wars-Nächte waren im Magazin immer besonders hoch. Seit 40 Jahren
läuft jeweils vom späten Vormittag bis zum Nachmittag des Heiligen Abends
ein Programm mit altbewährten Stimmungsmachern. Um 11 Uhr ist Disneys
Dschungelbuchs von 1967 zu sehen, danach ab 21.15 Uhr „Der Krieg der
Knöpfe“, ebenfalls in der alten Fassung von 1963 und als Höhepunkt wird
dann „Ist das Leben nicht schön“ mit James Stuart zelebriert.
Dieser Film wird in internationalen Umfragen regelmäßig als der beliebteste
Weihnachtsfilm aller Zeiten genannt. In ihm spielt James Stuart einen
guten, hart arbeitenden Mann, der an den Umständen verzweifelt und
Selbstmord begehen will. Ein Engel rettet ihn und zeigt ihm, wie viel Gutes
er ohne es zu wissen getan hat und wie trostlos seine Familie und seine
Nachbarn ohne ihn leben würden. Das ist komisch, sentimental inszeniert und
eignet sich bestens für ein alljährliches gemeinschaftliches Anschauen,
denn es endet mit einem überglücklichen Helden unter dem Weihnachtsbaum.
Magazin-Leiter Arndt Eggers bekam viele Beschwerden, als er es einmal
wagte, an Weihnachten einen anderen Film als „Ist das Leben nicht schön“ zu
zeigen. Zwischen 50 und 100 Besucher pilgern jedes Jahr zu dieser
cineastischen Kitsch-Messe. Darunter sind auch einige, die früher mit ihren
Eltern kamen und jetzt dort zusammen mit ihren Kindern sitzen.
Die Lichtburg in dem kleinsten Kinoort Deutschlands Quernheim bei Osnabrück
zeigt am 24. ein Programm für Kinder, damit die Eltern in Ruhe den Baum
schmücken können. Um 11 Uhr laufen bei ihm der Disney-Animationsfilm „Die
Eiskönigin“ und „Die Legende vom Weihnachtsstern“ aus Norwegen, also für
die Weihnachtszeit maßgeschneiderte Filme.
19 Dec 2013
## AUTOREN
Wilfried Hippen
## TAGS
Kino
Programm
Weihnachten
Perspektive Deutsches Kino
Tilda Swinton
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