# taz.de -- Streit um Berliner Traditionskino: Babylonische Verwirrung | |
> Ist das öffentlich geförderte Kino Babylon am Ende? Einer der beiden | |
> Betreiber hat einen Insolvenzantrag gestellt – der andere will davon | |
> nichts gewusst haben. | |
Bild: Mit diesem umstrittenen Plakat wehrte sich der Babylon-Geschäftsführer … | |
Das auch noch: Einer der beiden Betreiber des Kinos Babylon in Mitte hat | |
einen Insolvenzantrag gestellt. Sprecherin Barbara Löblein bestätigte | |
entsprechende Berichte am Dienstag gegenüber der taz. Tobias Hackel, der 49 | |
Prozent der Babylon-Anteile hält, habe ohne das Wissen des anderen | |
Geschäftsführers und mehrheitlichen Anteilseigners Timothy Grossman den | |
Antrag gestellt, sagte Löblein, die auch Grossmans Assistentin ist. Einen | |
Bericht der Berliner Zeitung, nach dem das Babylon offenstehende | |
Verbindlichkeiten von mehr als 150.000 Euro bei mehr als 100 Gläubigern | |
hat, bestritt Löblein. Näher zu den Umständen des Antrags äußern wollte sie | |
sich aber nicht. Grossman und Hackel waren für Stellungnahmen nicht zu | |
erreichen. | |
Klar ist: Mit der Sache wird sich auch der Senat beschäftigen müssen. Denn | |
das Babylon ist zumindest zum Teil ein kommunales Kino, 358.000 Euro | |
Förderung erhält es pro Jahr vom Land Berlin. „Wir wollen jetzt natürlich | |
wissen, wie ernst die Lage wirklich ist“, sagte der Büroleiter des | |
Kulturstaatssekretärs Tim Renner, Diedrich Wulfert, am Dienstag. Ob und in | |
welcher Weise der Senat Anstrengungen unternehmen werde, das Kino zu | |
retten, könne er aber noch nicht sagen. Generell gelte: „Das Kino Babylon | |
ist trotz aller Malaisen ein ausgezeichnetes Programmkino, ohne das die | |
Stadt verlieren würde“, so Wulfert. | |
Mit „Malaisen“ meint er die seit Jahren andauernden Streitigkeiten zwischen | |
Geschäftsführer Grossman und seinen Mitarbeitern, die zuletzt eskalierten. | |
Seit Juli sind mehrere Mitarbeiter im unbefristeten Streik, sie fordern | |
Lohnerhöhungen und einen Tarifvertrag. Im Oktober hatte Grossman, selbst | |
Jude, in einer Kunstaktion an seinem Kino die Boykottaufrufe der | |
streikenden Mitarbeiter mit den NS-Boykotten an jüdischen Geschäften | |
verglichen, wofür er viel Kritik erntete und mehrere Künstler ihre | |
Auftritte im Babylon absagten. In der letzten Woche scheiterte Grossman | |
außerdem vor dem Arbeitsgericht mit dem Versuch, ein Streikflugblatt per | |
einstweiliger Verfügung zu verbieten. | |
Am Dienstag gab auch der Comiczeichner Fil bekannt, seine seit acht Jahren | |
im Babylon stattfindende Weihnachtsshow in die Urania zu verlegen. „Ich | |
werde dieses Jahr nicht im Babylon auftreten, weil der Betreiber seine | |
Leute nicht anständig bezahlt.“ | |
17 Nov 2015 | |
## AUTOREN | |
Malene Gürgen | |
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