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# taz.de -- Arbeitskampf im Kino Babylon: Große Leinwand für Streik
> Per einstweiliger Verfügung wollte das Kino Babylon seinen streikenden
> Mitarbeitern die Verteilung von Flugblättern verbieten – und scheitert
> damit krachend.
Bild: Mit diesem Plakat wollte sich der jüdische Babylon-Geschäftsführer im …
Es läuft nicht gut für die Geschäftsführung des Babylon-Kinos in Mitte:
Seit Juli befinden sich mehrere Mitarbeiter im unbefristeten Streik, sie
fordern höhere Löhne und einen Tarifvertrag. Anfang Oktober erntete der
Geschäftsführer Timothy Grossmann [1][scharfe Kritik] für eine
[2][Kunstaktion], in der er die Boykottaufrufe der Streikenden mit dem
Boykott jüdischer Geschäfte in der NS-Zeit verglich. Jetzt hat das Kino
auch noch das erste von insgesamt drei arbeitsrechtlichen Verfahren gegen
einzelne Mitarbeiter verloren: Mit einer einstweiligen Verfügung wollte die
Geschäftsführung diesen Mitarbeitern verbieten, ein Verdi-Flugblatt zu
verteilen – dem machte das Arbeitsgericht am Mittwoch einen Strich durch
die Rechnung.
Die Geschäftsführung hatte bemängelt, durch das Flugblatt würde ein
negativer Eindruck des Kinos und seiner Geschäftsführung vermittelt. Das
weist der zuständige Richter schon kurz nach Beginn der Verhandlung zurück:
„Das ist einem Arbeitskampf doch immanent – wenn Forderungen erhoben
werden, entsteht selbstverständlich der Eindruck, dass die Gegenseite diese
Forderungen bisher nicht erfüllt.“ Der Antrag lege vielmehr den Verdacht
nahe, die Geschäftsführung wolle das Streikrecht der MitarbeiterInnen
beschränken.
Das bestreitet der Anwalt der Geschäftsführung – Grossmann selbst ist nicht
erschienen. Man wolle „das Streikrecht keinesfalls in Abrede stellen“, nur
würden mehrere Formulierungen „falsche Eindrücke erwecken“, etwa die
Behauptung, das Babylon erhalte vom Land Berlin jährlich „Zuschüsse in
sechsstelliger Höhe“. Tatsächlich hat das Babylon im Jahr 2015 keine
Landeszuschüsse in dieser Höhe mehr erhalten – in der aktuellen Version des
Flugblatts, die seit Mitte Oktober verteilt wird, ist dieser Halbsatz
allerdings bereits gestrichen.
Die Geschäftsführung sieht sich aber noch durch zwei weitere Formulierungen
geschädigt: Zum einen suggeriere die im Flugblatt erhaltene Forderung, die
Sätze des Bundestarifvertrags zwischen Verdi und dem Kinoverband HDF für
das Babylon zu übernehmen, dass es diesen Tarifvertrag noch gebe – obwohl
dieser 2014 vom HDF aufgekündigt wurde. Zum anderen erwecke die Forderung
nach einer „verbindlichen Mindestbesetzung“ den Eindruck, dass eine solche
fehle, dabei gebe es sehr wohl einen Dienstplan.
Beides weist der Richter zurück. Natürlich dürften die Mitarbeiter eine
Bezahlung nach einem bestimmten Tarifvertrag fordern, ganz gleich ob dieser
gekündigt sei oder nicht, und ein Dienstplan sichere noch lange keine
verbindliche, tarifvertraglich festgehaltene Mindestbesetzung. Für eine
einstweilige Verfügung gebe es ohnehin keine Begründung, schließlich habe
die Geschäftsführung den entsprechenden Antrag erst vier Wochen nach
Kenntnisnahme des Flugblatts eingereicht – so dringend könne es also nicht
sein.
Ob die Geschäftsführung trotz dieser Entscheidung weiterhin auch gegen
Verdi als Verfasserin des Flugblatts vorgehen will, wie ihr Anwalt während
der Verhandlung angekündigt hatte, ist unklar: Für eine Stellungnahme war
Grossmann am Mittwoch nicht zu erreichen.
12 Nov 2015
## LINKS
[1] /Streit-um-Protest-an-Berliner-Kino/!5240660
[2] /Tarifstreit-in-Berliner-Kino-eskaliert/!5240507
## AUTOREN
Malene Gürgen
## TAGS
Streik
Verdi
Arbeitskampf
Kinos
Kino
Kino
Tarifstreit
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