# taz.de -- Streit um Protest an Berliner-Kino: NS-Plakat soll hängen bleiben | |
> Der Berliner Senat kritisiert den Betreiber des Babylon: Das Poster mit | |
> der Aufschrift „Deutsche! Wehrt Euch“ soll verschwinden. Das Kino will | |
> davon nichts wissen. | |
Bild: So wie damals: Plakat am Kino Babylon Mitte. | |
Der Senat fordert den Betreiber des Kinos Babylon Mitte auf, ein Plakat mit | |
NS-Bezug an der Fassade abzuhängen. „Form und der Inhalt der | |
Auseinandersetzung sind schon sehr irritierend“, sagt Günter Kolodziej, | |
Sprecher der Senatsverwaltung für Kultur. Kino-Geschäftsführer Timothy | |
Grossman hatte am Dienstagabend als Reaktion auf den seit Monaten | |
andauernden Streik einiger Mitarbeiter ein Banner mit der Aufschrift | |
„Deutsche! Wehrt euch! Kauft nicht im Babylon“ an die Fassade gehängt und | |
die Eingangstüren mit Davidsternen besprüht (taz berichtete). | |
„Es handelt sich offensichtlich um eine persönliche Auseinandersetzung“, so | |
Kolodziej. „Wir erwarten, dass Empfänger staatlicher Zuwendungen | |
verantwortungsbewusst mir Fördergeldern umgehen, sich zusammenraufen und | |
nach Lösungen suchen.“ Das Babylon-Kino wird jährlich mit 358.000 Euro von | |
der Kulturverwaltung unterstützt, ist aber privat geführt. | |
Die streikenden Mitarbeiter fordern die Besucher zum Boykott des Kinos auf. | |
Dies wertet Grossman als „Diffamierungskampagne“. Man habe sich „förmlich | |
dazu gezwungen“ gesehen, mit der Aktion an die Öffentlichkeit zu gehen, | |
sagte Kinosprecherin Barbara Löblein am Freitag der taz. Das Banner soll | |
vorerst am Kino hängen bleiben. | |
Die Reaktionen in der Öffentlichkeit sind sehr unterschiedlich. Der | |
Filmregisseur Volker Schlöndorff rief dazu auf, das Kino zu unterstützen: | |
Mit seinem vielfältigen Programm sei das auch architektonisch besondere | |
Filmhaus eines der lebendigsten in Berlin. „Die Streitigkeiten eines | |
Vorführers mit der Geschäftsführung gehen uns nichts an, seinen Aufruf zum | |
Boykott, mit rassistischen Untertönen, sollten wir ignorieren“, schrieb | |
Schlöndorff in einer Mail an das Kino. | |
Der Schlagzeuger der Band Die Ärzte, Bela B., distanzierte sich hingegen | |
von der „unglücklichen Symbolik, die die Betreiber des Babylon-Kinos im | |
Tarifstreik mit ihren Mitarbeitern öffentlich benutzen“. Er verlegte sein | |
Solokonzert am heutigen Freitagabend vom Babylon in die Columbia-Halle. | |
9 Oct 2015 | |
## AUTOREN | |
Uta Schleiermacher | |
## TAGS | |
Kino | |
Arbeitskampf | |
Schwerpunkt Nationalsozialismus | |
Kino | |
Streik | |
Kino | |
Tarifstreit | |
## ARTIKEL ZUM THEMA | |
Streit um Berliner Traditionskino: Babylonische Verwirrung | |
Ist das öffentlich geförderte Kino Babylon am Ende? Einer der beiden | |
Betreiber hat einen Insolvenzantrag gestellt – der andere will davon nichts | |
gewusst haben. | |
Arbeitskampf im Kino Babylon: Große Leinwand für Streik | |
Per einstweiliger Verfügung wollte das Kino Babylon seinen streikenden | |
Mitarbeitern die Verteilung von Flugblättern verbieten – und scheitert | |
damit krachend. | |
Das war die Woche in Berlin II: Ganz doofes Kino | |
Der Betreiber des Kinos Babylon Mitte versucht, mit NS-Vergleichen auf sich | |
aufmerksam zu machen. Ob er den Skandal übersteht? | |
Tarifstreit in Berliner Kino eskaliert: Davidsterne im Fenster | |
Das Babylon wird bestreikt. Jetzt hängt am Haus ein Boykottaufruf in | |
NS-Sprache – angebracht vom jüdischen Geschäftsführer. Er fühlt sich | |
diffamiert. | |
Arbeit: Revolte im Popcornpalast | |
Mitarbeiter des Cinemaxx am Potsdamer Platz versuchen seit Monaten, mit | |
Warnstreiks höhere Löhne zu erzwingen. Sie sehen nicht ein, warum vom | |
satten Gewinn des Unternehmens nichts für sie abfällt. | |
Mehr Landessubvention für bessere Löhne: Berlin gibt mehr Geld für sein komm… | |
Das Babylon in Mitte ist das eigenzige vom Land Berlin geförderte Kino - | |
trotzdem klagt das Personal über schlechte Bezahlung. Jetzt setzt das | |
Abgeordnetenhaus dem Streit ein Ende und bewilligt mehr Geld. Die Off-Kinos | |
sind sauer. |