# taz.de -- Kampf gegen illegale Einreise: EU will Libyen-Einsatz ausweiten | |
> EU-Soldaten sollen bald beim Wiederaufbau der libyschen Küstenwache | |
> helfen. Das Ziel ist klar: Die Grenzen für Flüchtlinge dicht zu machen. | |
Bild: Die Besatzungen der Schiffe retten derzeit vor allem in Seenot geratene F… | |
Brüssel dpa | Im Kampf gegen illegale Einwanderung aus Afrika treibt die EU | |
ihre Pläne für eine Ausweitung des Militäreinsatzes vor der Küste Libyens | |
voran. Nach der Zustimmung der neuen libyschen Einheitsregierung wurde am | |
Montag bei einem Außenministertreffen in Brüssel beschlossen, das Mandat | |
für die Operation „Sophia“ auszuweiten. | |
Damit soll es ermöglicht werden, dass EU-Soldaten künftig auch | |
Unterstützung beim Wiederaufbau einer libyschen Küstenwache und Marine | |
leisten. Die Sicherheitskräfte sollen vor allem in die Lage versetzt | |
werden, Schleuserkriminalität zu bekämpfen. | |
Die Vereinten Nationen gingen zuletzt davon aus, dass sich in Libyen | |
derzeit bis zu eine Million Migranten aufhalten. Über das vom Bürgerkrieg | |
zerrüttete Land in Nordafrika kamen allein im vergangenen Jahr mehr als | |
150.000 Menschen nach Europa. | |
Der EU-Militäreinsatz vor der libyschen Küste war im vergangenen Sommer | |
gestartet worden, um die illegale Migration über das Mittelmeer | |
einzudämmen. Da er bis heute auf das Seegebiet außerhalb der libyschen | |
Hoheitsgewässer begrenzt ist, konnten dabei bisher aber kaum Erfolge | |
erzielt werden. Die Besatzungen der Schiffe retten derzeit vor allem in | |
Seenot geratene Migranten. Seit Beginn des Einsatzes wurde an die 14.000 | |
Menschen an Bord genommen. | |
## Einzelheiten werden weiter abgestimmt | |
Die Bundeswehr ist derzeit mit zwei Schiffen an dem Einsatz beteiligt. Ob | |
sie sich auch an der Ausbildung der libyschen Küstenwache beteiligen | |
werden, ist noch unklar. „Die Einzelheiten und Zeitlinien für die | |
zusätzlichen Aufgaben werden nun innerhalb der EU erarbeitet und weiter | |
abgestimmt“, teilte ein Sprecher des Bundesverteidigungsministeriums am | |
Montag mit. „Erst danach lässt sich sagen, welchen Beitrag die Bundeswehr | |
hierzu leisten kann.“ Ein Sprecher der Außenministeriums machte zudem klar, | |
dass auch ein neues Bundestagsmandat notwendig wäre. | |
Dies gilt auch für weitere Planungen der EU. Sie sehen vor, dass die | |
EU-Schiffe künftig auch zur Kontrolle des gegen Libyen verhängten | |
Waffenembargos eingesetzt werden können. Damit soll die Lieferung von | |
Kriegsgütern an Islamisten im Land verhindert werden. Über mögliche | |
Lieferanten von Waffen schweigen sich die EU-Staaten bislang aus. Nach | |
Informationen aus Sicherheitskreisen werden als Absender unter anderem | |
Unterstützer von Islamisten aus Ägypten oder auch der Türkei vermutet. | |
Libyen ist nach dem Sturz von Langzeitmachthaber Muammar al-Gaddafi 2011 in | |
Chaos und Bürgerkrieg versunken. Milizen, Banden und die Terrormiliz | |
„Islamischer Staat“ (IS) nutzten das Machtvakuum aus. Eine neue | |
Einheitsregierung soll die beiden bisher rivalisierenden Regierungen | |
ersetzen. | |
Über die ungesicherten Grenzen bringen Schlepperbanden aber noch immer | |
Flüchtlinge aus zahlreichen anderen afrikanischen Ländern an die | |
Mittelmeerküste, von wo aus es nur wenige Hundert Kilometer Seeweg bis nach | |
Italien sind. Unter der Herrschaft Gaddafis war dies nicht möglich. Seine | |
Truppen kontrollierten zuverlässig die Landgrenzen. Die EU verhandelte mit | |
Gaddafi jahrelang sogar über ein Abkommen zu Flüchtlingsfragen. | |
Auf eine Bitte der neuen libyschen Einheitsregierung, auch Unterstützung im | |
Kampf gegen Terrorismus zu prüfen, ging die EU in ihren Beschlüssen vom | |
Montag zunächst nicht ein. Nach Angaben von Diplomaten setzte sich vor | |
allem Deutschland dafür ein, den möglichen Einsatzbereich der Operation | |
„Sophia“ in dieser Hinsicht ganz klar zu begrenzen. Länder wie | |
Großbritannien und Frankreich drängen hingegen seit längerem auf eine | |
schnelle und breite Ausweitung des Einsatzes. Hintergrund sind unter | |
anderem die Versuche der Terrormiliz „Islamischer Staat“ (IS), ihr | |
Herrschaftsgebiet im Norden Libyens auszuweiten. | |
Wann die EU-Schiffe im Mittelmeer die am Montag beschlossenen neuen | |
Aufgaben übernehmen können, ist noch unklar. Bevor der Einsatzbefehl | |
gegeben werden kann, muss erneut die Zustimmung der EU-Staaten eingeholt | |
werden. Für die Kontrolle des Waffenembargos braucht es zudem eine | |
Resolution des Sicherheitsrates der Vereinten Nationen. | |
24 May 2016 | |
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