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# taz.de -- Robert Habeck über niedrigen Milchpreis: „System wendet sich geg…
> Immer mehr, immer billiger, das geht nicht mehr, sagt der grüne
> Landwirtschaftsminister Robert Habeck aus Schleswig-Holstein.
Bild: Von den aktuellen Milchpreisen können Bauern nicht mehr leben
taz: Herr Habeck, auch in Ihrem Bundesland Schleswig-Holstein sterben die
Milchviehhöfe. Wie verändert das das Land?
Robert Habeck: Dramatisch. Wenn das Höfesterben in diesem Tempo weitergeht,
könnten in fünf Jahren die Hälfte der Milchbauern verschwunden sein.
Familien verlieren ihre Existenz, wir kriegen Dörfer ohne Bauern, Kaufkraft
geht verloren, die Entfremdung zwischen Verbrauchern und Bauern wird immer
größer. Das Gesicht des Landes würde sich verändern. Ein solcher
Strukturbruch kann politisch nicht einfach hingenommen werden.
Was können Sie als Landesminister machen?
Die Milchmenge muss runter, die Preise müssen rauf. Das geht nicht auf
Landesebene. Deshalb habe ich mit meinen grünen Amtskollegen hart gekämpft,
dass Bund und EU die Krise angehen. Bei der letzten Agrarministerkonferenz
endlich mit unerwartetem Erfolg. Erstmals haben alle Agrarminister
staatliche Maßnahmen zur Mengenreduzierung gefordert. Wenn das bis zum
September nicht über freiwillige Maßnahmen funktioniert, muss der Bund
dafür sorgen, dass es auf EU-Ebene zu obligatorischen Maßnahmen kommt.
Jetzt kann der Bund die Krise nicht mehr ignorieren. Stark finde ich, dass
mehr und mehr Bauern auch nicht mehr in diesem Hamsterrad arbeiten wollen.
Es geht ja nicht nur den Milchbauern schlecht; die Schweinemäster etwa
leiden auch unter Ramschpreisen. Haben wir eine Agrarkrise?
Ja. Das System von „immer billiger, immer mehr“ hat sich überhitzt. Es
wendet sich gegen die Landwirte selbst, gegen Tiere, Umwelt, Natur und
Gewässer. Wir brauchen ein Umdenken und Umsteuern, und das ist im Interesse
der Landwirtschaft, nicht gegen ihres.
Dürfen sich denn wenigstens die Verbraucher über die niedrigen Agrarpreise
freuen?
Dass man zur billigeren Milch und billigeren Butter greift, wenn man an der
Ladentheke steht, ist menschlich. Aber daraus wird kein Argument gegen eine
andere Agrarpolitik. Der Handel sollte sich seiner ethischen Verantwortung
stellen und die Landwirte gut bezahlen. In den vergangenen Jahren schwankte
der Erzeugerpreis für Milch zwischen 46 und 23 Cent, der Absatz aber ist
stets gleichgeblieben. Das zeigt doch, dass ein höheres Preisniveau möglich
ist, ohne dass Supermärkte pleitegehen. Und bei den Verbraucherpreisen
reden wir über Centaufschläge.
Wie lässt sich diese Krise langfristig lösen?
Es hat sich ein System etabliert, in dem für immer weniger Geld immer mehr
produziert werden muss. Aus diesem System müssen wir einen Ausweg finden.
Dazu gehört, die EU-Agrarförderung zu reformieren. Sie muss Umweltschutz,
Gewässerschutz, Tierschutz attraktiver machen und unbürokratischer werden.
Wir geben Milliarden für die Landwirtschaft aus, ohne Effekt. Das Geld
sollte zielgerichtet ausgegeben werden und an die Bauern und Bäuerinnen
fließen, nicht an die Bodenbesitzer.
18 May 2016
## AUTOREN
Heike Holdinghausen
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