| # taz.de -- Biotop in der Berliner Platte: Ersatznistplatz mit Blick aufs Adlon | |
| > Kein Gebäude darf in Berlin abgerissen werden, solange ein Vogel in dem | |
| > Gemäuer nistet. Ein geplanter Luxusneubau in der Nähe des Nobelhotels | |
| > Adlon muss deshalb warten. | |
| Bild: Man wünschte, man wäre ein Spatz. | |
| Den Spatzen geht es gut. Tschilpend hüpfen die aufgeplusterten | |
| Federbällchen von Sims zu Sims. Eine Schönheit waren die kurz vor der Wende | |
| errichteten DDR-Plattenbauten in der Wilhelmstraße 56–59 in Mitte nie. | |
| Graubraune Fassade, rostrote Balkone mit Milchglasscheiben, dunkle | |
| Fensterhöhlen – seit dem Frühjahr steht der Gebäudekomplex nun auch noch | |
| leer. Eigentlich war für Anfang April der Abriss geplant, aber dann kamen | |
| die Vögeln dazwischen. | |
| Kein Baum darf in Berlin gefällt werden, solange darin ein Vogel nistet. | |
| Das Gleiche gilt für den Abriss von Gebäuden. Die Bagger waren schon | |
| bestellt, als im März bei der Naturschutzbehörde in Mitte der Hinweis | |
| einging, in dem leer stehenden Wohnblock würden Spatzen nisten. Die Behörde | |
| beauftragte daraufhin den Bauherrn, bei einer Ornithologin ein Gutachten | |
| einzuholen. Das Ergebnis: 72 „Ruhe- und Fortpflanzungsstätten“ des | |
| Mauerseglers und Haussperlings sowie sechs Stätten von europäischen | |
| Fledermäusen wurden in den Häusern festgestellt. Weil der Haussperling bis | |
| zu dreimal pro Jahr brütet, kann der Bauherr erst Mitte bis Ende September | |
| mit dem Abriss beginnen. | |
| Der Linkenpolitiker Sven Diedrich hat den Vorgang nun öffentlich gemacht. | |
| „Verhindern Spatzen den Abriss des Wohngebäudes Wilhelmstraße 56–59“?, | |
| fragte er letzte Woche das Bezirksamt Mitte. Nein, so die nüchterne Antwort | |
| von Umwelt-Stadträtin Sabine Weißler (Grüne). Um Diedrichs Aufregung zu | |
| verstehen, muss man wissen: Über den Erhalt des Wohnblocks war lange | |
| gestritten worden. Der Eigentümer, eine österreichische Erbengemeinschaft, | |
| hat die Mieter rausgekauft. Der Letzte habe 200.000 Euro ausgehandelt, wird | |
| in der Wilhelmstraße erzählt. | |
| Im geplanten Luxusneubau sollen die Wohnungen 14.000 Euro pro Quadratmeter | |
| kosten. Da wünschte man, man wäre ein Spatz. Für sie muss der Bauherr – | |
| laut Vorschrift für besonders geschützte Tier- und Pflanzenarten – | |
| Ersatznistplätze schaffen. Mit Blick aufs Adlon. | |
| 26 May 2016 | |
| ## AUTOREN | |
| Plutonia Plarre | |
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