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# taz.de -- Neues Kabinett in Baden-Württemberg: Grün-schwarze Zangengeburt
> Dass die Einigung auf das grün-schwarze Kabinett schwerfiel, ist
> offensichtlich. Es gab Kompromisse, die inhaltlich nicht zu begründen
> sind.
Bild: Betont gut gelaunt: Thomas Strobl (CDU, mitte links) und Winfried Kretsch…
Stuttgart taz | Aus Zangengeburten würden ja oft die schönsten Kinder, hat
Kretschmanns künftiger Stellvertreter und Innenminister Thomas Strobl bei
der Unterzeichnung des Koalitionsvertrags am Montag gesagt. Schönheit liegt
ja im Auge des Betrachters. Dass es zumindest bei der CDU eine Zangengeburt
war, ist dagegen offensichtlich.
Sowohl der späte Termin für die Kabinettsvorstellung als auch ein bisher
fehlender Staatssekretär, den die CDU erst später benennen will, zeigen
das. Aber immerhin, zwei Tage bevor der Ministerpräsident der ersten
grün-schwarzen Regierung gewählt werden soll, präsentieren Winfried
Kretschmann und Thomas Strobl bei demonstrativer guter Laune ihre
Regierungsmannschaft aus je fünf Unionsministern und fünf grünen Ministern.
Die Namen waren in den letzten Tagen schon durchgesickert. Nur mit der
Landtagsnovizin Nicole Hoffmeister-Kraut, die offenbar erst am Dienstag auf
die Kabinettsliste kam, konnte Strobl eine echte Überraschung präsentieren.
Sie kam wohl zum Zug, weil die Union ihren Spitzenkandidaten Guido Wolf
nach Protesten aus der Wirtschaft auf den Posten des Justizministers
schubste, der jetzt noch zusätzlich Europa und Tourismus beackert.
Im Landwirtschaftsministerium, das die Grünen schweren Herzens der CDU
überlassen haben, findet sich ein alter Bekannter, Peter Hauk. Damit er
künftig den Nationalpark nicht weiter entwickeln muss, den er einst scharf
bekämpft hat, ist dieser Bereich zum Umweltministerium gewandert.
Mit Susanne Eisenmann beruft die Union eine ausgewiesene Expertin zur
Kultusministerin. Lange war sie Schulbürgermeisterin in Stuttgart und hat
durch Oberbürgermeister Fritz Kuhn zudem Regierungserfahrung mit den
Grünen. Eisenmann gilt als undogmatische Schulpolitikerin. Direkt nach der
Wahl hatte sie ihre Partei aufgefordert, den Widerstand gegen die
Gemeinschaftsschule endlich aufzugeben. Ihre Aufgabe wird nun sein, die
Entwicklung der Gemeinschaftsschule, wie es im Koalitionsvertrag steht, zu
sichern und gleichzeitig die Realschulen voranzubringen, die mit wenig
Vorbereitung vielerorts die Aufgaben der Hauptschule mit übernehmen müssen.
## Gegner als Kollegen
Bei den Grünen findet man auf den Ministersesseln zum großen Teil alte
Bekannte. Theresia Bauer, die viel gelobte Ministerin für Wissenschaft,
Forschung und Kultur behält ihr Ministerium genauso wie Umweltminister
Franz Untersteller. Auch Verkehrsminister Winfried Hermann bleibt im Amt,
woran sich die CDU, die Hermann stets als angeblichen Ideologen bekämpft
hatte, wohl erst gewöhnen muss. „Der baut jetzt auch Straßen“, stichelte
Strobl bei der Pressekonferenz.
Mit der Kretschmann-Vertrauten Edith Sitzmann wechselt die frühere
Fraktionschefin auf den Posten des Finanzministers. Diese Entscheidung
wurde durch den Rückzug von Alexander Bonde einfacher, der sich Hoffnungen
auf diesen Posten gemacht hatte, allerdings über eine Liebesaffäre mit
einer Parteikollegin gestürzt war. Mit dem Ravensburger
Landtagsabgeordneten Manfred („Manne“) Lucha wird ein grünes Urgestein Chef
eines neu zugeschnittenen Sozialressorts, in dem auch das ehemalige
Integrationsministerium aufgeht.
Rechnet man die Staatssekretäre dazu, hält die schwarz-grüne Regierung den
versprochenen Frauenanteil von 50 Prozent, bei den Ministerposten steht es
freilich nur sechs zu vier.
## Augenscheinliche Kuhhandel
Wie schon der Koalitionsvertrag trägt auch der Zuschnitt der Ministerien
Zeichen von Kompromissen, die nicht immer inhaltlich zu rechtfertigen sind.
Das Ministerium für Ländlichen Raum musste den Tourismus abgeben.
Seltsamerweise an Guido Wolfs Justizministerium. Wohl der
augenscheinlichste Kuhhandel, um auch Wolf angemessen zu versorgen. Andere
Entscheidungen müssen sich erst bewähren. Das Wirtschaftsministerium wird
durch die Zuständigkeit für Arbeit (Vorher Arbeit und Soziales) und
Wohnungsbau mehr Einfluss und auch Budget erhalten.
Der Erfolg des Bündnisses wird wohl stark von Thomas Strobl und Winfried
Kretschmann abhängen, die Beobachtern zufolge während der Verhandlungen
einen guten persönlichen Kontakt entwickelt haben. Kretschmann hatte
kürzlich in einem Interview gesagt, dass er mit der Fortsetzung der alten
Koalition gehofft hatte, sich mehr um die großen Linien und weniger ums
operative Regierungsgeschäft kümmern zum müssen. Kretschmanns Vorstellung
dürfte in dieser Komplementärkoalition mit einer zerstrittenen Union längst
zerstoben sein. Kretschmann wird sein ganzes politisches Gewicht brauchen,
um diese Koalition zusammenzuhalten. Thomas Strobl wünschte allen
Amtsträgern schon mal „Gottes Segen“.
10 May 2016
## AUTOREN
Benno Stieber
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