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# taz.de -- Kinderschutz in Hamburg: Jugendhilfe auf den Prüfstand
> SPD und Grüne reden mit der Linken über einen Antrag für eine
> Enquete-Kommission zur Jugendhilfe. Ein Fachbündnis legt einen Vorschlag
> vor
Bild: Wie man solches verhindern kann, könnte eine Enquete-Komkission erörter…
Hamburg taz | Das Thema Jugendhilfe schlägt schon wieder hohe Wellen. Eine
Oma, die ihre Enkelin in der S-Bahn geschlagen haben soll, war zugleich
deren vom Jugendamt eingesetzte Pflegemutter, kam vergangene Woche heraus.
Und für die rund 1.300 Pflegekinder in der Stadt fanden in der Hälfte der
Fälle nicht die vorgeschriebene Zahl der Besuche und Hilfeplan-Gespräche
mit dem Jugendamt statt, fand die CDU heraus. Sollte sich erweisen, dass
auch im Fall der geschlagenen Enkelin zu wenig Hausbesuche stattfanden,
„wäre das ein neuer Skandal in der Hamburger Jugendhilfe“, sagt der
CDU-Abgeordnete Phillipp Heißner.
Braucht Hamburg also schon wieder einen Sonder- oder Untersuchungsausschuss
des Parlaments? In der Fachwelt mehren sich schon seit längerem die Stimmen
für einen anderen Weg, für den sich neuerdings auch SPD und Grüne zu
erwärmen scheinen. Sie führen mit der Linksfraktion Gespräche über einen
gemeinsamen Antrag für eine Enquete-Kommission. Bis zur Sommerpause soll
sich klären, ob das klappt. „Ich bin da zuversichtlich“, sagt die Linke
Sabine Boeddingshaus. Denn in Hamburg gebe es ein breites Bündnis dafür,
„da kommt Rot-Grün nicht dran vorbei“.
In der Tat fordert inzwischen ein „zivilgesellschaftliches Bündnis“ in
einem sieben-seitigen Aufruf, eine „Enquete-Kommission“ einzusetzen, die
das gesamte Unterstützungssystem für Kinder und deren Lebensbedingungen
grundsätzlich unter die Lupe nimmt. „Die Rechte von Kindern und
Jugendlichen umsetzen – für eine nachhaltige Stärkung der Daseinsvorsorge
für junge Menschen“, ist das Papier überschrieben, das unter anderem acht
Professoren, der frühere Leiter des Jugendamts Mitte Peter Marquard, das
„ASD-Vernetzungstreffen“, der Pflegekinder Fachdienst „Pfiff“, die
Ver.di-Fachgruppe Soziales und der „Botschafter der Straßenkinder“ Ronald
Prieß unterzeichnet haben. Und auch die Arbeitsgemeinschaft der
Wohlfahrtsverbände macht „nicht unbeträchtlichen Kompetenzwirrwarr zu
Lasten junger Menschen“ aus, und fordert in einem eigenen Papier die
Einrichtung einer Enquete-Kommission.
Im Unterschied zu einem Untersuchungs- oder Sonderausschuss, wie es ihn
nach den Todesfällen von Jessica (2005), Chantal (2012) und Yagmur (2013)
gab, wären in einer Enquete-Kommission nicht nur Politiker, sondern zu
gleichen Teilen auch externe Experten mit in der Runde.
Die Linke möchte schon länger eine Enquete-Kommission. Mit dem früheren
Jugendhilfe-Abteilungsleiter und Soziologen Wolfgang Hammer hat die Idee
einen aktiven Unterstützer gefunden. „Wir akzeptieren, dass es ein
Interesse an der Aufarbeitung tragischer Kinderschutzfälle besteht“,
schreiben Hammer und Prieß. Doch die Aufarbeitung von Fehlern und
Beinahe-Fehlern in solchen Fällen durch das „Nationale Zentrum für frühe
Hilfen“ zeigten, dass die Suche nach individuell zuordbaren Fehlern und die
Perfektionierung von Vorschriften „nicht zum Erfolg führen“.
Der Antrag des Bündnisses umfasst 43 zu untersuchende Fragestellungen.
Etwa, ob es genug soziale Infrastruktur in belasten Stadtteilen gibt, ob
die Jugendämter zu viele Regeln haben, ob die Jugendhilfe „Spezialdienste“
wie das „Familieninterventionsteam“ für delinquente Kinder wirklich
braucht. Oder die Frage, welche Änderungen Hamburg auf Landesebene
einführen muss, wenn der Bund demnächst das Gesetz ändert und die Rechte
der Kinder in Heimen stärkt.
Der Antrag war SPD und Grünen zu breit, beide Parteien äußern sich
zurückhaltend. „Es gibt Wünsche und Vorschläge für eine Enquete-Kommission
zum Kinder- und Jugendschutz. Darüber sind wir in der Fraktion und zwischen
den Fraktionen im Gespräch“, sagt SPD-Fraktionssprecher Claas Ricker. „Es
gibt Bereitschaft, sich über ein solches Projekt auszutauschen“, sagt die
Grüne Anna Galina.
Eine klare Ablehnung findet die Idee bei der CDU. Man habe ausreichend
Punkte benannt, die verbessert werden müssten, findet Phillipp Heißner. Das
Problem sei die fehlende Umsetzung. Komme nun eine Enquete, müsse man
wieder abwarten. Statt persönliche Verantwortung festzumachen, drohe „eine
Verschwommenheit der Debatte“.
23 May 2016
## AUTOREN
Kaija Kutter
## TAGS
Hamburg
Jugendhilfe
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Soziales Engagement
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