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# taz.de -- Volksbegehren in Brandenburg: Kompromiss lässt Bauern schäumen
> Der Brandenburger Landtag nimmt das erfolgreiche Volksbegehren gegen
> Massentierhaltung an. Doch die Bauern demonstrieren vor dem Parlament:
> Sie sind wütend.
Bild: Sind sie glücklich – oder sauer? Kühe auf der Weide
Potsdam dpa | Der Brandenburger Landtag hat am Dienstag das erfolgreiche
Volksbegehren gegen Massentierhaltung mit großer Mehrheit in veränderter
Form angenommen. Die rot-roten Regierungsfraktionen hatten sich mit dem
Aktionsbündnis Agrarwende zuvor darauf geeinigt, dass das besonders
umstrittene Klagerecht für Tierschutzverbände aus dem Forderungskatalog
gestrichen wird. Allerdings wird nun die Förderung von Großmastanlagen mit
Steuereinnahmen eingeschränkt, ein hauptamtlicher Tierschutzbeauftragter
bestellt und ein Tierschutzplan erarbeitet. Für den Kompromiss stimmten 69
Abgeordnete, 3 waren dagegen und 9 enthielten sich.
Das Volksbegehren wurde daraufhin auf Antrag der Initiatoren vom Landtag
einstimmig für erledigt erklärt. Damit ist auch ein Volksentscheid über die
Forderungen vom Tisch.
Gegen die Einigung zwischen der Landesregierung und den Tierschützern
hatten am Mittag hunderte Landwirte mit einem Trecker-Korso vor dem
Landtagsschloss demonstriert. „Es stinkt zum Himmel, dass sich der
Brandenburger Landtag nicht für die Bauern und ihre Familien einsetzt,
sondern gegen die Menschen entscheidet“, sagte der Präsident des
brandenburgischen Landesbauernverbandes, Henrik Wendorff. „Die
Verantwortlichen sollten sich Gedanken um das Überleben der gebeutelten
Betriebe machen, stattdessen beschließen sie neue kostenträchtige
Auflagen.“
Agrarminister Jörg Vogelsänger (SPD) erklärte, die Landwirtschaft sei der
wichtigste Wirtschaftsfaktor im ländlichen Raum. „Landwirtschaft und
Tierhaltung gehören zusammen und sichern Einkommen, ohne die der ländliche
Raum für die Bewohner ökonomisch nicht existieren kann.“ Aber auch die
Ansprüche der Verbraucher müssen berücksichtigt werden. „Es geht um die
Zukunftsfähigkeit der Landwirtschaft und um die Akzeptanz“, sagte
Vogelsänger. „Beides zusammen zu bringen ist die Zielsetzung und die große
Herausforderung.“
Auch SPD-Fraktionschef Mike Bischoff erklärte, man müsse auf die
demografischen Veränderungen im Land und auf die neuen Erwartungen vieler
Menschen an ihre Nahrungsmittel zu reagieren. Eine wochenlange
Auseinandersetzung mit einem anschließenden Volksentscheid hätte viele
Verlierer und kaum Gewinner gebracht, sagte Bischoff. Im übrigen gingen
viele Maßnahmen – etwa ein verringerter Einsatz von Antibiotika und
Düngemitteln – in eine Richtung, die die Landwirtschaft schon selbst
eingeschlagen habe.
Bischoff betonte, dass das geforderte Klagerecht von Tierschutzverbänden
gegen neue Mastställe abgewendet worden sei. Damit wären notwendige
Modernisierungen von 30 bis 50 Jahre alten Ställen ausgebremst worden,
meinte der Fraktionschef. „Wir haben uns dagegen verwahrt, über ein
Verbandsklagerecht die notwendigen Investitionen zu blockieren.“
Für die CDU-Opposition begrüßte der Landtagsabgeordnete Henryk Wichmann den
Wegfall des Verbandsklagerechts. Auch er sprach sich für gute
Haltungsbedingungen für die Tiere in den Anlagen aus. „Die Haltung darf
sich nicht nach der Größe der Ställe richten, sondern nach dem
größtmöglichen Tierwohl“, sagte er. Die CDU forderte zudem eine
Nutztierstrategie, mit der die Wirksamkeit der öffentlichen Förderung von
Ställen, der Viehbestand und Entschädigungen für Land- und Teichwirte bei
Schäden durch geschützte Tierarten wie dem Kormoran und den Wölfen geprüft
werden sollen.
Linken-Fraktionschef Ralf Christoffers sagte, die Landwirtschaft leide
nicht an dem für das Volksbegehren gefundenen Kompromiss, sondern an den
niedrigen Milch- und Fleischpreisen. „Das ist die Stellschraube, an der wir
gemeinsam drehen müssen“, sagte er. Die von der CDU geforderte
Nutztierstrategie könne Bestandteil des geplanten Tierschutzplans werden,
meinte er.
Der Grünen-Abgeordnete Benjamin Raschke erklärte, die Grünen würden nun
aufmerksam verfolgen, ob Rot-Rot die zugesagten Maßnahmen umsetzen. Die
Grünen bedauern, dass das Klagerecht für Verbände dem Kompromiss zum Opfer
gefallen ist. Daher enthielt sich die Fraktion bei der Abstimmung. Die
Gruppe BVB/Freie Wähler lehnte den Kompromiss ab, die AfD stimmte
mehrheitlich dafür.
19 Apr 2016
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Brandenburg
Artgerechte Tierhaltung
Volksbegehren
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Landwirtschaft
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