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# taz.de -- FAQ zur EU-Datenschutzverordnung: Ein paar Fortschritte
> Pseudonyme auf Facebook, dicke Bußgelder für Unternehmen: Was die
> Regelung des EU-Parlamentes bringt und was nicht.
Bild: Die Datenschutzrichtlinie betrifft alle, die im Internet unterwegs sind
1 Warum braucht die EU überhaupt eine neue Datenschutzverordnung?
Weil die aktuellen EU-Regeln zum Schutz von persönlichen Daten vor gut 20
Jahren beschlossen wurden. Damals gab es weder Facebook noch Google noch
Fitnessarmbänder oder eine brauchbare Gesichtserkennung. Genauso wenig wie
Smartphones, deren meistverbreitetes Betriebssystem zufällig von demselben
Konzern kommt, der auch ein weltweites Werbenetzwerk betreibt und
Nutzerdaten unter anderem mit denen aus E-Mail-, Suchmaschinen- und
Kartendiensten kombiniert. Die späteren Google-Gründer Larry Page und
Sergey Brin lernten sich gerade erst in Stanford kennen, als die EU 1995
ihre seither geltende Datenschutzrichtlinie beschloss.
2 Wen betrifft das?
Jeden. Nur wer nicht das Internet nutzt, keinerlei Geschäftsbeziehungen zu
Unternehmen unterhält, sich nicht auf die Straße oder in öffentliche
Verkehrsmittel begibt (Videoüberwachung) und auch nirgendwo angestellt ist
(Beschäftigtendatenschutz), wäre nicht betroffen.
3 Ist die Regelung nun zukunftsfähig?
Es gibt tatsächlich ein paar Fortschritte: Zum Beispiel schreibt die
Verordnung das sogenannte Privacy per Default vor. Das heißt: Dienste
müssen als Standardeinstellung die datenschutzfreundlichsten Optionen
anbieten. Damit soll beispielsweise auch der Facebook-Nutzer, der sich nach
der Anmeldung nicht erst mal durch seitenlange Menüs klickt, von den besten
der angebotenen Privatsphäre-Einstellungen profitieren. Außerdem sollen
sich Nutzer auch unter Pseudonymen anmelden können – für Facebook mit
seiner Klarnamenpflicht könnte das zum Problem werden.
4 Müssen sich dann auch Google und Co an europäisches Recht halten?
Ja. Das mussten sie zwar auch vorher schon, da gab es aber keine Anreize
dafür, das tatsächlich umzusetzen.
5 Wieso sollten sich die Unternehmen in Zukunft daran halten?
Weil ihnen sonst merkbare Bußgelder drohen. Bis zu 4 Prozent sieht die neue
Verordnung vor – und zwar gemessen am weltweiten Jahresumsatz eines
Unternehmens. Der Umsatz ist dabei ein wichtiger Punkt, denn so hilft das
Kleinrechnen von Gewinnen nicht. Außerdem wichtig: Es ist eine
Muss-Regelung. Stellt also eine Aufsichtsbehörde einen Verstoß fest, muss
sie ein Bußgeld verhängen.
6 Wo ist die neue Regelung schlechter?
Die Autoren haben viele Formulierungen verwendet, bei denen nicht ganz klar
wird, was damit gemeint ist. Zum Beispiel die „berechtigten Interessen“.
Die braucht jemand, der persönliche Daten verarbeiten will. Eine
Geschäftsbeziehung soll darunter fallen, aber was ist zum Beispiel mit
einem Unternehmen wie WhatsApp, das das Adressbuch seiner Kunden ausliest?
Und damit auch Namen und Nummern von Menschen erfasst, die nicht Kunde des
Unternehmens sind? Solche Fragen müssen am Ende wohl Gerichte entscheiden.
7 Welche Haken gibt es noch?
Die Bürgerrechtsorganisation European Digital Rights kritisiert etwa, dass
das Profiling unterschätzt wurde. Also das Zusammenführen von persönlichen
Daten, die aus unterschiedlichen Quellen stammen. Gerade bei sensiblen
Gesundheitsdaten kann das zum Problem werden. Auch eine Einwilligung, so
die Kritik, nütze hier nicht viel. Schließlich können Nutzer immer nur in
das einwilligen, was Unternehmen aktuell mit Daten vorhaben. Für
Auswertungsmöglichkeiten, die es erst in einem Jahr gibt oder in drei, ist
das nicht so gut möglich.
8 Gilt dann in jedem EU-Land das gleiche Recht?
Nicht immer. Denn die neuen Regeln sehen diverse Ausnahmen vor, in denen
die Mitgliedstaaten selbst entscheiden können. Das ist zum Beispiel beim
Arbeitnehmerdatenschutz der Fall, bei den unternehmenseigenen
Datenschutzbeauftragten oder beim Mindestalter, das erforderlich ist, um
sich bei Diensten wie Facebook anzumelden.
9 Warum jubeln jetzt trotzdem so viele über das Ergebnis?
Weil die Verhandlungen so schwierig waren. Sie haben vier Jahre gedauert
und standen zwischendurch kurz vor dem Scheitern. Erst durch die
Snowden-Enthüllungen kam wieder Bewegung rein.
10 Warum waren die Verhandlungen so schwierig?
Wegen des massiven Lobbydrucks. Wie groß der war, zeigt die Seite
[1][lobbyplag.eu]. Deren Mitarbeiter haben mehr als 11.000 Seiten Dokumente
zu der Verordnung ausgewertet und stellen dar, welche Abgeordneten welche
Änderungsanträge von Lobbyisten, etwa von Amazon oder Ebay, übernommen
haben – häufig in ganzen Absätzen. 4.000 Änderungsanträge gab es insgesamt
– Rekord.
11 Welche Rolle hat die Bundesregierung dabei gespielt?
Innenminister Thomas de Maizière (CDU) steht im Ranking von Lobbyplag an
der Spitze der Politiker, die sich gegen privatsphärefreundliche Regelungen
starkgemacht haben. Neben elf Eingaben für den Datenschutz habe er 62
dagegen eingebracht.
12 Ist damit der Datenschutz für die nächsten Jahre festgeklopft?
Nein. Allein auf EU-Ebene wird es noch weitere Gesetzgebungsverfahren und
Verträge geben, die die Privatsphäre der EuropäerInnen betreffen. Zum
Beispiel die e-Privacy-Richtlinie, wo es um Privatsphäre und elektronische
Kommunikation geht. Oder das EU-US-Privacy-Shield, das Unternehmen die
Übermittlung von persönlichen Kundendaten in die USA erlauben soll. Oder
Abkommen zur Weitergabe von Fluggastdaten. Es gibt also noch genügend
Ansatzpunkte zur Verbesserung – oder Verschlechterung – des Schutzniveaus.
13 Wann tritt das alles in Kraft?
Ab Verabschiedung gibt es eine Übergangsfrist von zwei Jahren, damit die
Unternehmen genug Zeit haben, sich umzustellen. Das betrifft zum Beispiel
Systeme und Strukturen, nach denen persönliche Daten gesammelt und
verarbeitet werden oder Nutzungsbedingungen, die die Firmen ändern müssen.
16 Apr 2016
## LINKS
[1] http://lobbyplag.eu
## AUTOREN
Svenja Bergt
## TAGS
Datenschutz
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Verbraucherschutz
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