| # taz.de -- Verträge doch nicht öffentlich: Das Pustekuchen-Gesetz | |
| > Seit fast einem Jahr müssen größere, öffentlich abgeschlossene Verträge | |
| > veröffentlicht werden. Die Senatsressorts missachten das Gesetz | |
| > permanent. | |
| Bild: Gesetz missachtet: Bremer Verträge bleiben intransparent. | |
| Bei der Transparenz gegenüber den BürgerInnen zeigen sich die | |
| Senatsressorts konsequent – in der Missachtung des | |
| Informationsfreiheitsgesetzes: 193 Verträge wurden seit knapp einem Jahr | |
| abgeschlossen und hätten in Bremens Informationsportal veröffentlicht | |
| werden müssen. Geschehen ist das nur bei 16. Das geht aus einer Antwort des | |
| Senats auf eine Kleine Anfrage der Linkspartei hervor. Der „rechtliche | |
| Klärungsbedarf“ sei „noch nicht abgeschlossen“, heißt es in der Antwort. | |
| Im April 2015 hatte die Bürgerschaft eine Novellierung des Bremischen | |
| Informationsfreiheitsgesetzes beschlossen. Seit Mai 2015 sind die | |
| Neuerungen in Kraft: Fortan müssen auch Verträge, die von den Behörden oder | |
| landeseigenen Betrieben abgeschlossen werden, unaufgefordert veröffentlicht | |
| werden, sofern sie über einem Vertragswert von 50.000 Euro liegen. Gleiches | |
| gilt für Gutachten, ab einem Wert von 5.000 Euro. Zudem wurde Bürgern das | |
| Recht eingeräumt, auf eine Veröffentlichung klagen zu können. | |
| Nicht müde wird man in Bremen, die weitreichenden Regelungen zu loben, mit | |
| Hamburg gilt die Hansestadt als Vorbild für Gesetzes-Reformen in Ländern | |
| wie Rheinland-Pfalz. „Das Amtsgeheimnis habe ausgedient“, hieß es damals | |
| und auch der Verein „Mehr Demokratie“ zeigte sich zufrieden. | |
| Doch in der Praxis werden die neuen Regelungen nicht umgesetzt. Wie viele | |
| Verträge seit Inkrafttreten des Gesetzes abgeschlossen wurden, fragte die | |
| Linkspartei und wollte wissen, wie viele davon auch veröffentlicht wurde. | |
| Die Antwort kam per neunspaltiger Tabelle: Beim Umweltsenator zum Beispiel | |
| sind es 22 abgeschlossene Verträge, veröffentlicht wurde davon keiner. Der | |
| Senator für Inneres schloss 17 Verträge ab, davon veröffentlicht: null. | |
| Universität Bremen: 36, veröffentlicht: nada. Selbst ein Vertrag, den das | |
| Kulturressort mit der landeseigenen Wirtschaftsförderung abgeschlossen hat, | |
| wurde nicht veröffentlicht. Nur die Hochschule Bremerhaven machte zwei von | |
| acht Verträgen zugänglich sowie das Finanzressort die Hälfte der 28 | |
| abgeschlossenen Verträge. | |
| Ob die Vertragspartner vor Vertragsabschluss auf die Pflicht zur | |
| Veröffentlichung hingewiesen wurden? „Nein“, „nein“, „nein“, heiß… | |
| der Antworttabelle in den meisten Fällen. Noch im Dezember 2015 wurde | |
| darüber nicht informiert. | |
| Zu möglichen Konsequenzen heißt es dazu aus dem Haus der Landesbeauftragten | |
| für Datenschutz und Informationsfreiheit: Wenn das Gesetz nicht eingehalten | |
| werde, sei das keine Ordnungswidrigkeit. Man könne die Senatsressorts | |
| lediglich zur Umsetzung „auffordern“. | |
| Der Grünen-Abgeordnete Mustafa Öztürk, der die Novellierung mit | |
| vorangetrieben hat, sagt: „Bei der Umsetzung des Gesetzes sehe ich | |
| Nachbesserungsbedarf, aber wir stehen noch am Anfang.“ Gleichzeitig müsse | |
| man bedenken, dass die Flüchtlingskrise in allen Ressorts Ressourcen binde. | |
| Der Staat müsse ein Interesse daran haben, Verträge zu veröffentliche, auch | |
| um selbst gegenüber den Bürgern zeigen zu können, wofür er das Geld | |
| ausgebe. Die Maßgabe, schützenswerte Geschäftsinteressen nicht zu | |
| verletzen, müsse allerdings eingehalten werden, so Öztürk. | |
| Genau da aber liege eines der Probleme, erklärt Dagmar Bleiker, Sprecherin | |
| des zuständigen Finanzressorts. „Was genau unter das Geschäftsgeheimnis | |
| fällt, ist juristisch nicht einfach“, sagt sie. Auch fehle etwa noch die | |
| richtige Software, um Dokumente an manchen Stellen ordentlich schwärzen zu | |
| können, um persönliche Daten zu schützen. | |
| Bleiker verweist darauf, dass im Oktober 2015 ein Projekt zur „Vorlage | |
| eines Umsetzungskonzeptes“ beschlossen wurde. Anderthalb Jahre lang sollen | |
| technische und rechtliche Fragen geklärt werden. Insgesamt verweist der | |
| Senat in seiner Antwort auf die Fortschritte bei der Informationsfreiheit: | |
| Über 40.000 Dokumente seien bisher veröffentlicht worden, so viele wie in | |
| Hamburg. | |
| Linkspartei-Abgeordnete Miriam Strunge, die die Frage eingereicht hat, | |
| sagt, sie sei von dem Ausmaß der Versäumnisse überrascht: „Bei den | |
| Verträgen kommt das Gesetz überhaupt nicht zur Anwendung, es wirkt wie ein | |
| zahnloser Papiertiger.“ | |
| 29 Mar 2016 | |
| ## AUTOREN | |
| Jean-Philipp Baeck | |
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