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# taz.de -- Regierung gegen Rebellen: Der vergessene Krieg im Sudan
> Von der Welt ignoriert, tobt in einer entlegenen Region des Sudan ein
> blutiger Konflikt. Zehntausende müssen aus den Nuba-Bergen fliehen.
Bild: Mohames Ahmed aus al-Gharbia sucht in einem Erdloch Schutz vor der sudane…
Yida taz | Die staubige Straße nach Norden liegt verlassen. Lastwagenfahrer
dösen auf Matten im Schatten ihrer Fahrzeuge im Flüchtlingslager Yida im
Südsudan. Ihr Ziel, die Nuba-Berge im Sudan, ist heftig umkämpft.
„Ständig bombardieren MIG-Kampfjets und Antonow-Flugzeuge“, sagt Kodi
Nyattu von der einheimischen Entwicklungsorganisation Nuba NRRDO. Er
verfolgt die Situation per Satellitentelefon. Die Mobilfunknetze sind durch
die sudanesische Regierung blockiert. „Ich habe hier einen Lkw mit zwei
Containern voller Unterrichtsmaterial für das neue Schuljahr“, erzählt er.
„Das soll vor Beginn der Regenzeit in Nuba sein.“
Die sudanesische Armee hat in den Nuba-Bergen eine Offensive an sechs Orten
gleichzeitig gestartet. Der Krieg wütet schon seit fünf Jahren, als der
Südsudan unabhängig wurde, aber die Nuba-Berge – in denen ebenfalls
Rebellen gegen die sudanesische Regierung kämpften – Teil des Sudan
blieben. In Yida, das jetzt im Südsudan liegt, leben 70.000 Flüchtlinge aus
dem Kriegsgebiet.
Die Regierung in der sudanesischen Hauptstadt Khartum sagt, sie sei
gezwungen, militärische Aktionen durchzuführen, weil die Rebellen der
Nuba-Berge einen Friedensplan nicht unterschrieben haben. Die Rebellen sind
anderer Meinung: „Khartum versucht nur, vor der Regenzeit bessere
Positionen einzunehmen“, schreibt Rebellensprecher Arnu Ngutulu in einer
Erklärung. Die Nuba-Berge sind wie andere Regionen im Sudan kaum
entwickelt. Nur in der Trockenzeit sind Straßen befahrbar. Sobald Regen
fällt, bleiben sogar Panzer im Schlamm stecken, und dann kann auch nicht
mehr gekämpft werden.
Die Bewohner der Nuba-Berge, die nicht fliehen konnten, versteckten sich in
den Bergen in Höhlen und Grotten, wie so oft seit vielen Jahren.
Unbestätigte Berichte sprechen von mehreren hundert Toten in den letzten
Wochen. In den Bergen sind die Rebellen meist am Boden überlegen, aber die
Regierungsarmee ist Herrscher in der Luft. Im letzten Jahr wurden nach
Angaben der Organisation Nuba Reports mehr als 2.000 Bomben auf das
Berggebiet geworfen.
Während ihre Heimat bombardiert wird, sammeln sich die Flüchtlinge im Lager
Yida und gedenken einer ihrer Helden. Mit Tanz, Liedern und Ansprachen wird
an Yusif Kuwa erinnert. Er war es, der 1989 mit tausend Rebellen die
Nuba-Berge einnahm und die Seite der damaligen südsudanesischen Rebellen
(SPLA) ergriff, im gemeinsamen Kampf gegen den Sudan. Man hat ihn als
diszipliniert und demokratisch in Erinnerung. Aber als südsudanesische
Rebellen mit Khartum 2005 Frieden schlossen und 2011 der Südsudan
unabhängig wurde, wurden die Nuba ignoriert und enttäuscht.
## EU-Hilfe soll Menschenschmuggel verhindern
Die internationale Gemeinschaft nimmt diesen Krieg kaum zur Kenntnis.
Barbara Kallo, die neu ankommende Flüchtlinge in Yida einweist, schließt
daraus, dass die Welt nicht interessiert ist. „Wir sind auf uns selbst
angewiesen“, sagt sie, an einem wackligen Tisch unter einem Strohdach
sitzend. „Wir haben keine Illusionen mehr. Während des letzten Krieges war
in erster Linie für die Südsudanesen Unterstützung da. Jetzt bekommen die
Menschen in Darfur Aufmerksamkeit. Wir scheinen weniger wichtig zu sein.“
Die EU rief vor Kurzem zu einen Waffenstillstand in den Nuba-Bergen auf.
Zugleich hat der EU-Kommissar für Entwicklungshilfe, Neven Mimica, dem
Sudan 100 Millionen Euro Hilfe zur Armutsbekämpfung zugesagt. EU-Hilfe soll
auch dazu dienen, die Grenzen des Sudan zu sichern, um Menschenschmuggel zu
verhindern. Eine große Zahl von Migranten, unter anderem aus Eritrea,
findet ihren Weg nach Europa durch den Sudan.
In den Nuba-Bergen gibt es offiziell keine auswärtigen Hilfsorganisationen,
nur die eigene Organisation NRRDO. „Wir müssen uns selber helfen“, sagt
Barbara Kallo. „Wir dachten nach den Frieden zwischen dem Nord- und dem
Südsudan, dass der Süden uns helfen würde, weil wir zusammen gekämpft
hatten. Aber unsere ehemaligen Kameraden sind zu viel mit sich selbst
beschäftigt.“
In den letzten Wochen kommen täglich neue Flüchtlinge aus Nuba in Yida an.
Aber sie können dort nicht bleiben. Das UN-Flüchtlingshilfswerk UNHCR will
Yida schließen und liefert keine Nahrungsmittelhilfe mehr, damit die
Flüchtlinge weggehen. Yida liegt kaum zehn Kilometer von der Grenze
zwischen dem Südsudan und dem Sudan – UN-Richtlinien verlangen, dass Lager
mindestens 50 Kilometer entfernt von einer Grenze liegen sollen.
Die Nuba wollen nicht in die beiden vorgesehenen neuen Lager Ajuond Thok
und Pamir umziehen. Im Moment können sie ab und zu nach Hause in ihre
Dörfer, wenn die Kämpfe abflauen. Bei 50 Kilometer Entfernung geht das
nicht mehr. Darüber hinaus wecken die neuen Lager Angst bei uns“, erklärt
Salih Nour, Vorsitzender des Yida-Flüchtlingsrats. „Ajuong Thok ist nur 45
Kilometer von einer sudanesischen Armeebasis entfernt. Pamir liegt in einer
Region, wo nomadische Völker leben, die auf der Seite der sudanesischen
Regierung stehen. Also unserer Feinde.“
28 Apr 2016
## AUTOREN
Ilona Eveleens
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