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# taz.de -- Beschäftigte ein V-Mann NSU-Mitglieder?: Pflichten eines Spitzels
> V-Leute können selbst entscheiden, was sie dem Verfassungsschutz
> mitteilen und was nicht. Das Problem ist eher der Apparat.
Bild: Sachdienliche Hinweise zu den NSU-Ermittlungen verschwinden dort leider i…
Freiburg taz | Wer hat was wann gewusst? Und wer hätte wann was wissen
können oder sogar müssen? Das sind die entscheidenden Fragen in Bezug auf
den Verfassungsschutzspitzel Ralf Marschner, der in seiner Baufirma den
untergetauchten Neonazi Uwe Mundlos beschäftigte. Noch ist nicht belegt,
dass Marschner von Mundlos’wahrer Identität wusste. Aufgrund ihrer
langjährigen Zugehörigkeit zur gleichen Szene spricht allerdings einiges
dafür, dass Marschner die Identität von Mundlos kannte.
Wenn Marschner also im Bilde war, hätte er diese Infos dann an den
Verfassungsschutz weiterleiten müssen? Eine gesetzliche Verpflichtung
hierzu bestand nicht. Das V-Mann-Wesen war früher überwiegend nur durch
Verwaltungserlasse ohne Außenwirkung geregelt. Das ändert sich langsam.
Aber auch heute enthält das Verfassungsschutzgesetz keine Pflicht, dass
V-Personen alles Relevante an ihren V-Mann-Führer weitergeben müssen.
Eine derartige Spitzelpflicht dürfte sich wohl nur aus den Vereinbarungen
ergeben, in denen sich Verfassungsschutz und V-Leute zur Zusammenarbeit
verpflichten. Wenn ein Spitzel seine Pflichten verletzt, würde er also
vertragsbrüchig. Falls sein V-Mann-Führer das überhaupt merkt, könnte er
die Zusammenarbeit beenden. Das würde er aber kaum tun, solange der Spitzel
überwiegend zuverlässig und wahrheitsgemäß berichtet. De facto kann ein
V-Mann deshalb weitgehend selbst entscheiden, welche Informationen er dem
Verfassungsschutz liefert.
Ganz unabhängig vom V-Mann-Status kann aber eine strafbare Strafvereitelung
vorliegen, wenn jemand einem flüchtigen Straftäter hilft, sich vor der
Polizei zu verbergen. Das bloße Unterlassen einer Meldung an Polizei und
Verfassungsschutz genügt dazu in der Regel nicht.
## Informationen nicht genutzt
Wenn Marschner gewusst hätte, dass Mundlos immer wieder zum Morden fuhr,
hätte er sich wegen „Nichtanzeige geplanter Straftaten“ strafbar gemacht.
Das allerdings ist sehr unwahrscheinlich. Soweit bisher bekannt, wussten
wohl nicht einmal die Unterstützer der drei Untergetauchten Mundlos,
Böhnhardt und Zschäpe, dass jene hinter der Ceska-Mordserie gegen
migrantische Kleingewerbler steckten.
Marschner war im Übrigen nicht der einzige V-Mann im Umfeld des NSU. Nach
den bisherigen Erkenntnisse, vor allem aus dem Thüringer
Untersuchungsausschuss, haben die V-Leute durchaus relevante Tipps gegeben.
Diese aber versandeten meist im Verfassungsschutz.
So wurde im Thüringer Landesamt der zuständige Auswerter von den
Beschaffern oft nicht über die Spitzelberichte informiert. Und soweit er
etwas erfuhr, schrieb er keine Auswertungsberichte. Zwar schaltete sich das
Landesamt in die Fahndung ein, informierte dann aber aus Konkurrenz und um
seine Quellen zu schützen kaum die Polizei. Auch das Bundesamt für
Verfassungsschutz erfuhr wenig. Das Problem waren also nicht schweigsame
Spitzel, sondern das Problem ist der paranoide Apparat.
8 Apr 2016
## AUTOREN
Christian Rath
## TAGS
Verfassungsschutz
Nationalsozialistischer Untergrund (NSU)
Schwerpunkt Rechter Terror
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