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# taz.de -- Globale Kleidungsproduktion: Bunter Stilmix im Textilbündnis
> Entwicklungsminister Müller lässt Großkonzerne, Ökos und Gewerkschaften
> an gemeinsamen Standards für die Textilproduktion arbeiten.
Bild: Näht noch keine grünen Knöpfe an, arbeitet aber im Textilbündnis mit:…
Berlin taz | Zukunftslabor oder doch nur Quasselbude? Noch ist offen, was
von dem „Bündnis für nachhaltige Textilien“ von Entwicklungsminister Gerd
Müller einmal bleibt. Der CSU-Politiker hatte seine Initiative als Reaktion
auf den Fabrikeinsturz von Rana Plaza gestartet und versammelt in ihr heute
181 Mitglieder – vom kleinen Biostoffhändler Zwergengrün bis zu Hugo Boss.
Damit deckt das Bündnis laut einer Ministeriumssprecherin 55 Prozent des
Marktes ab. In fünf Arbeitsgruppen werden Standards erarbeitet, die
anschließend alle Unternehmen unterschreiben müssen: Inhalte sind
„Chemikalien“, „Naturfasern“, „Sozialstandards und existenzsichernde …
und „Umsetzung und Internationalisierung“. Wie diese Standards – etwa üb…
Farbstoffe oder Bleichmittel, die verboten werden, oder Mindestlöhne, die
zum Überleben einer Familie reichen müssen – am Ende überprüft werden, wi…
in der Arbeitsgruppe „Review“ diskutiert.
Im Textilbündnis herrsche inzwischen eine „konzentrierte
Arbeitsatmosphäre“, erzählen Teilnehmer, auch wenn es bereits Ärger gab.
Als die irische Billigkette Primark seinen Beitritt verkündete, trat das
Gründungsmitglied MDC, Hersteller nobler Sportbekleidung aus Immenstadt,
empört aus. In den zwei Jahren seines Bestehens habe sich nichts bewegt,
sagt Geschäftsführer Michael Pfister. Allerdings scheint er keine
Massenbewegung anzuführen.
„Die Schwierigkeit besteht darin“, sagt Jan Lorch, Geschäftsleitung
Vertrieb & CSR bei der Outdoorfirma Vaude, „dass die Unternehmen jeweils
eine ganz unterschiedliche Ausgangslage haben.“ Vor allem Firmen, die noch
gar keine Erfahrung mit der Zusammenarbeit mit Auditoren oder
Nichtregierungsorganisationen gemacht hätten, seien zum Teil ängstlich.
„Sie befürchten Wettbewerbsnachteile, zu hohe Kosten oder rechtliche
Probleme, etwa wenn sie Details ihrer Lieferkette offenlegen sollen“, so
Lorch.
## Initiative wandert nach Europa
Heike Scheuer vom Internationalen Verband für die Naturtextilwirtschaft
sieht in der Vielfalt des Riesenbündnisses Vor- und Nachteile: „Es hat
viele Mitglieder gewonnen, die alle ihre Interessen platzieren möchten“,
sagt Scheuer, „das verlangsamt die Arbeit der einzelnen Gremien deutlich,
verleiht dem Zusammenschluss aber enorm an Bedeutung.“ Auch Claudia
Kersten, die das anerkannte Ökosiegel GOTS vertritt, sieht vor allem die
Chance, die gesamte Textilwirtschaft nachhaltiger zu machen – und hofft,
dass am Ende auch die vielen von der Industrie selbst gestrickten Siegel
verschwunden sind, die es den Verbrauchern so schwermachen, gute von
schlechter Kleidung zu unterscheiden.
Hartmut Spiesecke vom Gesamtverband Textil + Mode wehrt sich gegen den
Vorwurf, gerade die Wirtschaftsverbände führten im Bündnis „Spiegelgefechte
in der Hoffnung, da unbeschädigt rauszukommen“. Natürlich sei man keine
Menschenrechtsorganisation, aber: „Die Ansätze im Bündnis seien super
ambitioniert, und wenn wir so weitermachen, sind wir mit ökologischen und
sozialen Standards in zehn Jahren deutlich weiter als bisher.“
Wichtig sei, die Vereinbarungen des Bündnisses so zu fassen, dass sie der
global aufgestellten Textilindustrie gerecht würden, so Lorch. Ein erster
Schritt: Am Montag wird die Bundesregierung das Bündnis in die „European
Garment Initiative“ einbringen, die in Brüssel startet. Im Fokus sollten
dabei gemeinsame Programme in Partnerländern vor Ort stehen ebenso wie ein
abgestimmtes Vorgehen in Bezug auf die Verbraucherkommunikation, so das
Ministerium. „Es passiert viel“, sagt Klaus Rudischhauser, der das Projekt
in der EU-Kommission koordiniert, „wir wollen alle EU-weiten Projekte
zusammenführen.“
24 Apr 2016
## AUTOREN
Heike Holdinghausen
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