# taz.de -- Aktionsplan der Bundesregierung: Verantwortung für Menschenrechte | |
> Unternehmen sollen in der Produktion Menschenrechte schützen. Firmen, die | |
> nicht mitmachen, drohen gesetzliche Maßnahmen. | |
Bild: Protest gegen die Verantwortlichen des Rana-Plaza-Einsturzes | |
Berlin taz | Deutsche Unternehmen sollen künftig besser kontrollieren, ob | |
ihre Zulieferfabriken in Asien einsturzgefährdet sind. Und sie müssen | |
darauf achten, dass die ArbeiterInnen in den globalen Textilfirmen | |
ausreichende Löhne erhalten. Das erwartet die Bundesregierung von der | |
einheimischen Wirtschaft. So steht es jedenfalls im Entwurf des Nationalen | |
Aktionsplans für Wirtschaft und Menschenrechte, der der taz vorliegt. | |
Mit dem Plan will die Regierung internationale Sozial- und Umweltstandards | |
in Deutschland umsetzen. Dazu gehören beispielsweise die Leitprinzipien der | |
Vereinten Nationen für Wirtschaft und Menschenrechte. Alle international | |
tätigen Unternehmen sollen künftig Rechenschaft darüber ablegen, wie sie | |
„nachteilige menschenrechtliche Auswirkungen verhüten und mildern“. | |
Konkret sind die Firmen gehalten, öffentlich zu berichten. Sie sollen aber | |
auch Maßnahmen ergreifen, um die menschenrechtliche Situation zu | |
verbessern. Dabei geht es nicht nur um Arbeitsbedingungen wie Löhne und | |
Arbeitszeiten in ausländischen Fabriken, die im Auftrag deutscher Händler | |
fertigen. Auch Auswirkungen für AnwohnerInnen und Umwelt müssen | |
berücksichtigt werden – etwa wenn eine deutsche Firma am Bau eines | |
Staudamms im Sudan oder in Brasilien beteiligt ist. | |
Den Aktionsplan hat das Auswärtige Amt nach anderthalbjährigen | |
Konsultationen mit Ministerien, Firmen, deren Verbänden, Gewerkschaften und | |
zivilgesellschaftlichen Organisationen erarbeitet. In Kürze wird er | |
öffentlich zur Diskussion gestellt. Dann soll ihn das Bundeskabinett | |
verabschieden. | |
Wichtige Schritte bis 2020 | |
Einige der im Plan genannten Berichtspflichten werden für die Unternehmen | |
verbindlich sein, weil Deutschland eine entsprechende EU-Richtlinie | |
umsetzen muss. Bei anderen Regeln spricht das Auswärtige Amt von | |
„prozesshafter Verbindlichkeit“. So sollen die Firmen Managementverfahren | |
einführen, um Verstöße gegen Menschenrechte zu vermeiden. | |
Ab 2018 will das Auswärtige Amt die Einhaltung regelmäßig überprüfen | |
lassen. Bis 2020 sollen 60 Prozent der deutschen Firmen mit mehr als 500 | |
Beschäftigten die Vorgaben befolgen. Für den Fall, dass das nicht klappt, | |
werden „weitergehende Schritte bis hin zu gesetzlichen Maßnahmen“ in | |
Aussicht gestellt. Für Unternehmen im Besitz des Bundes will die Regierung | |
schon vorher verbindliche Regeln vorschreiben. | |
„Es ist richtig, gesetzliche Schritte zu erwägen, falls die Unternehmen die | |
Erwartungen nicht erfüllen“, sagt der ehemalige Menschenrechtsbeauftragte | |
der Bundesregierung, Markus Löning (FDP), der eine Beratungsfirma für | |
Unternehmensverantwortung in Berlin betreibt. Der Aktionsplan stelle einen | |
„deutlichen Schritt nach vorne“ dar: „Deutsche Unternehmen, die | |
internationale Geschäfte machen, können ihre Verantwortung für die | |
Menschenrechte künftig kaum noch ignorieren.“ | |
Sarah Lincoln von der evangelischen Entwicklungsorganisation Brot für die | |
Welt kritisiert den Plan dagegen in zentralen Punkten. Sie bemängelt unter | |
anderem, dass der Entwurf keine Schadenersatzleistungen für ArbeiterInnen | |
vorsehe, die etwa 2013 beim Einsturz des Fabrikkomplexes Rana Plaza in | |
Bangladesch verletzt wurden. Außerdem fehlten gesetzliche Verpflichtungen | |
für Unternehmen, die Menschenrechte in ihren Produktionsketten tatsächlich | |
umzusetzen, so Lincoln. Brot für die Welt fordert unter anderem, Klagen | |
ausländischer Arbeiter vor deutschen Gerichten zu erleichtern. Lincoln | |
befürchtet, das Kanzleramt werde den Entwurf noch verwässern. | |
23 Jun 2016 | |
## AUTOREN | |
Hannes Koch | |
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