# taz.de -- Nachhaltige Kleidung: Werkzeug für Modefreaks | |
> Wie nachhaltig arbeiten Bekleidungshersteller? Nun gibt es ein | |
> Instrument, mit dem sich Einzelhändler genau darüber informieren können. | |
Bild: Sieht auf den ersten Blick nicht gerade nach sozialer Nachhaltigkeit aus | |
Berlin taz | Schön bunt ist es ja, aber ist es auch aussagekräftig? Die | |
Non-Profit-Organisation Made By hat ein neues Werkzeug entwickelt, mit dem | |
Markenhersteller und Einzelhändler sich einen Überblick darüber verschaffen | |
können, wie nachhaltig ihre Jeans, T-Shirts oder Unterhosen hergestellt | |
worden sind. | |
Made By ist eine niederländische Beratungsgsorganisation mit Büros in | |
Amsterdam, London und Düsseldorf, die seit 2004 Unternehmen der | |
Textilbranche in Sachen Nachhaltigkeit berät. In der Branche bekannt sind | |
die 20 Mitarbeiter von Made By unter anderem dafür, unterschiedliche | |
Textilfasern – etwa Baumwolle, Viscose oder Polyester – nach komplexen | |
Kriterienkatalogen auf ihre Nachhaltigkeit hin zu beurteilen. | |
Nun also der „Mode Tracker“. Zwei Jahre lang hat die Organisation zusammen | |
mit Unternehmen an dem Werkzeugkasten getüftelt. Ergebnis: Auf der Webseite | |
www.made-by.org/modetracker finden Interessierte bislang vier Modelabels. | |
Sie haben sich nach einem umfangreichen Kriterienkatalog in insgesamt acht | |
Rubriken untersuchen lassen, zum Beispiel „Produktion“, „Menschen“, | |
„Abfall“ und „Nutzung und Haltbarkeit“. | |
Die Informationen werden in verschiedenen, interaktiven Grafiken | |
dargestellt und in eine anschauliche Bildsprache übersetzt. Die bunten | |
Würfel oder Kreise zeigen auf einen Blick den Stand des Unternehmens – je | |
grüner, desto besser – und verraten demjenigen mehr, der sie anklickt. | |
## Sozial und ökologisch … | |
„Die Unternehmen übermitteln uns pro Themengebiet bestimmte Dokumente“, | |
sagt Christina Raab, Chefin der Strategieabteilung von Made By, „die von | |
uns überprüft und gewichtet werden.“ Das können im sozialen Bereich Belege | |
über Mitgliedschaften in Zertifizierungsorganisationen wie der Fair Wear | |
Foundation sein oder Schriftstücke, die die Zahlung existenzsichernder | |
Löhne zeigen. | |
„In den Produktionsländern vor Ort selbst verifizieren wir die Aussagen | |
nicht“, so Raab. Das Besondere des Mode Trackers sei der ganzheitliche | |
Ansatz, das er sowohl soziale als auch ökologische Kriterien vereine. Die | |
beteiligten Unternehmen zahlen, je nach Umsatz und Unternehmensgröße, einen | |
Beitrag für das Ranking. | |
„Grundsätzlich ist so ein Tool nicht schlecht“, sagt Lars Wittenbrink, der | |
in Münster den Laden „gruene wiese“ für ökofaire Mode betreibt. „Wir | |
verwenden viel Zeit darauf, um uns über die Nachhaltigkeit von Marken zu | |
informieren“, sagt er. Ein einfaches Informationssystem, das es erspart, | |
Studien zu wälzen oder Zertifizierungen und Nachhaltigkeitsberichte zu | |
studieren, „das wäre schon gut“. Mit dem neuen Tool von Made By kann | |
Wittenbrink allerdings nicht wirklich etwas anfangen. | |
Zum Beispiel die holländische Jeansmarke „G-Star“, die eines der | |
„Pilotunternehmen“ ist. Der entsprechenden Würfel und Kreis bei Made By | |
leuchtet überwiegend in freundlichem Hellgrün-Gelbgrün. Obwohl der | |
Hersteller nach äußerst negativen Schlagzeilen vor einigen Jahren | |
inzwischen mit Umweltorganisationen zusammenarbeitet – ökosozial ist er | |
nicht. „Das sieht mir doch etwas zu positiv aus“, sagt Wittenbrink. | |
## … oder konventionell? | |
G-Star sei ein konventioneller Hersteller und wirke im Mode Tracker wie ein | |
nachhaltiges Unternehmen. Zwar sei es interessant, auch mal Informationen | |
über Verpackungen oder Transport zu erhalten, denn die fänden sich in der | |
Regel nicht auf Unternehmenswebsites. „Die wirklich wichtigen | |
Nachhaltigkeitsthemen in der Modeproduktion sind aber eindeutig andere“, so | |
Wittenbrink. | |
Die Informationen des neuen Infotools seien zwar umfänglich, sagt Bernd | |
Hausmann, Gründer des Ladennetzwerkes „Glore“, das in verschiedenen Städt… | |
ökologisch und fair produzierte Kleidung verkauft. Doch ein Unternehmen | |
könne man nicht nur mittels Papieren und Dokumenten beurteilen. | |
„Wichtig ist, welche Menschen hinter einer Marke stehen“, sagt er, „wenn | |
die Inhaber selbst von Nachhaltigkeit überzeugt sind, sieht’s auch in deren | |
Produktionsstätten besser aus.“ Dafür seien persönliche Kontakte nötig. | |
Konventionellen Händlern, die sich darüber informieren möchten, ob die | |
Hersteller ihrer Kleidung überhaupt etwas für Umweltschutz oder | |
Sozialstandards tun, biete der Mode Tracker aber einen schnellen Überblick, | |
so Hausmann. | |
11 Apr 2016 | |
## AUTOREN | |
Heike Holdinghausen | |
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