Introduction
Introduction Statistics Contact Development Disclaimer Help
# taz.de -- EU kooperiert mit afrikanischen Regimes: Europa schafft sich ab
> Um die Zahl der Flüchtlinge zu reduzieren, kooperiert die EU auch mit
> Afrikas Diktatoren. Die EU-Politiker wissen selbst, wie verachtenswert
> das ist.
Bild: Es ist für Afrikaner schwer geworden, Asyl zu beantragen: Flüchtlinge a…
Was macht man als den „europäischen Werten“ verpflichteter Politiker, der
sich sorgt, dass dieses Jahr wieder einmal zu Tausenden afrikanische
Flüchtlinge auf dem Weg von Libyen nach Europa im Mittelmeer ertrinken
könnten? Genau: Man hilft den Regimen, vor denen die Flüchtlinge auf der
Flucht sind. Zum wiederholten Male [1][berichtet das ARD-TV-Magazin
„Monitor“] über das skandalöse Ausmaß der Kumpanei zwischen der
Europäischen Union und den Regierungen von Sudan, Äthiopien, Eritrea und
Somalia bei der Flüchtlingsabwehr.
Im Juli 2015 hatte die WDR-Sendung bereits aufgedeckt, dass die EU den
Regierungen dieser Länder Unterstützung beim Kampf gegen „Fluchthelfer“
sowie beim „Grenzmanagement“ anbietet, damit Flüchtlinge gar nicht erst das
Land verlassen. Neun Monate später haben die Flüchtlinge offensichtlich
trotzdem ihre Länder verlassen, und dem neuen Bericht zufolge bietet die EU
jetzt Wirtschaftshilfen sowie „Visa-Erleichterungen für Diplomaten“ an,
damit die genannten Regierungen ihre Flüchtlinge bitte wieder zurücknehmen.
Zur Erinnerung: Sudans Präsident Omar Hassan al-Bashir wird vom
Internationalen Strafgerichtshof in Den Haag mit Haftbefehl wegen
Völkermordes gesucht. Der blutige Krieg im Sudans Westregion Darfur, um den
sich der Haftbefehl dreht, dauert an, und dazu kommt ein weiterer blutiger
Krieg in den Nuba-Bergen im Süden des Landes, begleitet von Luftangriffen
und Massenvertreibungen.
Eritreas Regierung unterliegt UN-Sanktionen. Das Land gilt als eines der
repressivsten der Welt, in dem Ausreise an sich schon verboten ist und wo
laut Menschenrechtsorganisationen Erwachsene, die der permanenten
Wehrpflicht unterliegen, zur Zwangsarbeit herangezogen werden. Äthiopien
geht regelmäßig mit drakonischen Verhaftungswellen gegen interne Kritiker
vor. Somalia ist Bürgerkriegsland, dessen Staatsgebiet sich größtenteils
der Regierungskontrolle entzieht und wo Milizen und islamistische Rebellen
regelmäßig Kriegsverbrechen verüben.
## Zuhause verrecken, oder in der Fremde
Die Regierungen Sudans und Eritreas werden zudem von
Menschenrechtsorganisationen beschuldigt, selbst ins lukrative Geschäft mit
der illegalen Ausreise verwickelt zu sein und daran zu verdienen.
Verglichen mit all dem ist Erdoğans Türkei ein Paradies der Demokratie und
der Meinungsfreiheit, Syriens Schlächter Baschar al-Assad darf sich
wundern, wieso sein Land eigentlich nicht längst als sicheres Herkunftsland
eingestuft wird, und die als fragwürdiger Flüchtlingsdeal verdammte Praxis
Israels, Eritreer und Sudanesen nicht in die Heimatländer, sondern nach
Uganda oder Ruanda abzuschieben, erscheint plötzlich als ein Gipfel der
Humanität.
Fragen sollte sich insbesondere die deutsche Bundesregierung stellen, die
mehrfach Gastgeber der Gespräche zwischen der EU und den
nordostafrikanischen Ländern zur Kooperation in Flüchtlingsfragen im Rahmen
des sogenannten Khartum-Prozesses gespielt hat. Der „Khartum-Prozess“ ist
ein Ende November 2014 ins Leben gerufener Kooperationsrahmen zwischen
Europäischer und Afrikanischer Union zur Entwicklung „konkreter Aktionen
zur Prävention und Bewältigung der Herausforderungen des Menschenhandels
und des Migrantenschmuggels zwischen dem Horn von Afrika und Europa in
einem Geist der Partnerschaft, der geteilten Verantwortung und der
Zusammenarbeit“. Beim letzten EU-Afrika-Migrationsgipfel auf Malta im
vergangenen Herbst wurde diese Initiative bekräftigt. Geplant ist die
„Entwicklung eines regionalen Rahmens für Rückführungen, einschließlich
freiwilliger“. Man beachte das Wort „einschließlich“.
Natürlich wissen die Europäer, wie peinlich und verachtenswert das alles
ist. Sonst würden die europäischen Berufszyniker nicht, wie „Monitor“
berichtet, darauf drängen, dass ihre neuesten Vorschläge keinesfalls in die
Öffentlichkeit geraten dürfen. In den betroffenen afrikanischen Ländern
gibt es keine Öffentlichkeit, da ist es egal. Aber man weiß auch dort
längst, wie schwer es mittlerweile geworden ist, als Afrikaner seine Rechte
als Flüchtling in Europa geltend zu machen. Immer öfter steht man einfach
vor der Wahl, in der Heimat zu verrecken oder in der Fremde. Die EU schafft
gerade diese Wahlmöglichkeit ab.
14 Apr 2016
## LINKS
[1] http://www1.wdr.de/daserste/monitor/extras/monitorpresse-ostafrika-100.html
## AUTOREN
Dominic Johnson
## TAGS
Sudan
Eritrea
Schwerpunkt Flucht
Flüchtlinge
Europäische Union
Eritrea
Schwerpunkt Flucht
Südsudan
Schwerpunkt Flucht
Flüchtlinge
Schwerpunkt Flucht
Schwerpunkt Flucht
Schwerpunkt Flucht
Schwerpunkt Flucht
Fluchtrouten
Schwerpunkt Flucht
Israel
Eritrea
## ARTIKEL ZUM THEMA
Vortrag über eritreische Fluchtgründe: Wege aus dem Folterstaat
Über die Flucht von Eritreern nach Bremen sprach der Journalist und
Deutschlehrer Jens M. Lucke im Rahmen der Integrationswoche in der
Volkshochschule
Fluchtziel Südafrika: Flüchtlinge im Lastwagen erstickt
Zahlreiche Äthiopier sterben auf der Suche nach Glück bei einer Odyssee
durch Afrika. Kongolesische Beamte entdecken die Toten in einem Lastwagen.
Offizielles Bürgerkriegsende im Südsudan: Warlords zurück auf Start
Die Rückkehr des Rebellenführers Riek Machar als Vizepräsident beendet
offiziell den Bürgerkrieg – aber nicht Gewalt und Machtkämpfe.
Bamf-Zahlen über Ankommende: Weniger Flüchtlinge aus Nordafrika
Die Zahl der Flüchtlinge aus Algerien, Marokko und Tunesien ist gesunken.
Das Bundesamt nennt das geplante Gesetz zu sicheren Herkunftstaaten als
Grund.
Debatte Flüchtlingspolitik: Macht die Grenzen auf!
Stellen Sie sich mal vor, Deutschland entwickelt sich zur Diktatur. Sie
selbst entgehen nur knapp der Verhaftung und machen sich auf die Reise.
EU-Hilfe für libysche Flüchtlingsblockade: „Die Europäer sind naiv“
Die EU will Libyen benutzen, um Schlepper und Flüchtlinge fernzuhalten.
Doch der dortige Regierungschef hat keinerlei Einfluss.
Mögliches Bootsunglück im Mittelmeer: Bis zu 400 Tote befürchtet
Bei einem Schiffsunglück im Mittelmeer sollen bis zu 400 Menschen ums Leben
gekommen sein. Noch gibt es aber keine Bestätigung für das Ereignis.
Tödliche Flüchtlingspolitik der EU: Sie wussten, was sie tun
Auf EU-Geheiß wurde ab 2014 nur noch die Küste Italiens kontrolliert. Dass
deshalb die Todeszahlen steigen würden, hatte die EU selbst vorhergesagt.
Afghanistan als sicheres Herkunftsland: Taliban-Aussagen als Begründung
Auf eine Anfrage der Linksfraktion begründet die Bundesregierung, warum
Afghanistan angeblich sicher für abgeschobene Flüchtlinge ist.
Fluchtrouten verändern sich: Es gibt immer einen Weg nach Europa
Die EU versucht seit Langem, fliehende Menschen schon weit vor ihren
Grenzen aufzuhalten. Das ist teuer, tödlich – und nutzlos. Ein Essay.
Kommentar Israels Flüchtlingspolitik: Handelsware Mensch
Israel schiebt Flüchtlinge aus Eritrea und Sudan wie Schmuggelware ab. Das
Beispiel könnte auch in Europa Schule machen.
Abschiebepraxis in Israel: Die Währung Mensch
Die israelische Regierung schiebt eritreische Flüchtlinge nach Ruanda und
Uganda ab. Steckt dahinter ein geheimer Deal?
Militärdienst in Eritrea: Das Land ist ein großes Gefängnis
Eritreas Regierung betrachtet seine Bürger als permanente Kriegsreserve.
Die Ausreise ist der Weg, dem Dienst zu entgehen.
You are viewing proxied material from taz.de. The copyright of proxied material belongs to its original authors. Any comments or complaints in relation to proxied material should be directed to the original authors of the content concerned. Please see the disclaimer for more details.