# taz.de -- 30 Jahre nach der Wende: Neuer Besitzer für Stasiakten | |
> Eine Kommission schlägt dem Bundestag vor, die Stasiunterlagenbehörde | |
> abzuwickeln. Um die Akten soll sich künftig das Bundesarchiv kümmern. | |
Bild: Die Stasi-Akten bleiben, wo sie sind – sollen aber vom Bundesarchiv ver… | |
BERLIN taz | Die Stasiunterlagenbehörde hat ausgedient. Eine | |
Expertenkommission hat dem Bundestag am Dienstag vorgeschlagen, die | |
Einrichtung bis zum Jahr 2021 abzuwickeln und ihre Aufgaben zu einem großen | |
Teil an das Bundesarchiv zu übertragen. „Wir meinen, dass die Sonderbehörde | |
ihre Aufgabe als Sonderbehörde erfüllt hat“, sagte Wolfgang Böhmer (CDU), | |
Chef der Kommission und ehemaliger Ministerpräsident von Sachsen-Anhalt. | |
Die Behörde verwaltet seit dem Ende der DDR die Akten, die die | |
Staatssicherheit über ihre Opfer angelegt hatte. Teile des Gesetzes, auf | |
dem die Arbeit der Einrichtung basiert, laufen allerdings 2019 aus. Der | |
Bundestag richtete deshalb vor zwei Jahren eine Kommission ein. Sie sollte | |
Vorschläge dafür erarbeiten, was in Zukunft mit den Akten passiert. Das | |
Ergebnis haben die Mitglieder nun in einem 9-seitigen Bericht | |
zusammengestellt. | |
Der wichtigste Punkt: In Zukunft soll das Bundesarchiv die Stasiunterlagen | |
verwalten. Den Empfehlungen zufolge bleiben die Akten allerdings dort, wo | |
sie sich zum Großteil schon heute befinden: in den Räumen der früheren | |
Stasizentrale in Berlin-Lichtenberg, jenem Ort also, mit dem „der | |
Aktenbestand durch seine Entstehung verbunden ist“. | |
Für Betroffene würde sich dadurch erst mal nichts ändern. Grundsätzlich | |
sollen die Unterlagen zugänglich bleiben. Die Kommission will nichts an den | |
Vorschriften ändern, die regeln, wer welche Akten einsehen darf. Sie | |
schlägt außerdem vor, „die Stellen der Archivarinnen und Archivare in die | |
Verantwortung des Bundesarchivs zu übertragen“ – die Mitarbeiter blieben | |
also dieselben, nur ihr Arbeitgeber würde ausgetauscht. | |
Anders sieht es im Fall der Außenstellen aus. Bisher betreibt die Behörde | |
über Ostdeutschland verteilt zwölf Filialen, in denen Stasiopfer Einsicht | |
in ihre Akten nehmen können. Das Angebot nutzen aber immer weniger | |
Betroffene, in Schwerin waren es zuletzt in einem Jahr nur noch 62. Die | |
Kommission schlägt deswegen vor, sieben Außenstellen zu schließen. | |
Setzt der Bundestag die Vorschläge um, wäre die Stelle des | |
Bundesbeauftragten für die Stasiunterlagen (einst Joachim Gauck und | |
Marianne Birthler, heute Roland Jahn) erst einmal hinfällig. Die Kommission | |
will den Posten allerdings nicht komplett abschaffen, sondern umwandeln: | |
Ein sogenannter Beauftragter „für die Auseinandersetzung mit der | |
SED-Diktatur und ihren Folgen“ soll künftig als Ombudsperson für DDR-Opfer | |
dienen. | |
Behördenchef Jahn lobte die Pläne der Kommission. „Die dauerhafte Sicherung | |
des Stasiunterlagenarchivs ist ein gutes Zeichen für die Auseinandersetzung | |
mit der SED-Diktatur“, sagte Jahn. Aber es gibt auch Kritik an den | |
Vorschlägen. Die ehemalige DDR-Bürgerrechtlerin Hildigund Neubert, von der | |
CDU in die Kommission berufen, gab ein Sondervotum ab. Demnach glaubt sie | |
nicht, „dass die Zerschlagung der Behörde und die Installation eines derart | |
verstümmelten Beauftragten geeignete Maßnahmen sind“. | |
12 Apr 2016 | |
## AUTOREN | |
Tobias Schulze | |
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