| # taz.de -- Terrorabwehr in der EU: Keine Strategien, kaum Ambitionen | |
| > Erneut gab es nach einem Attentat ein Krisentreffen der EU-Innenminister. | |
| > Und wieder einmal wurde eine Verbesserung des Datenaustauchs angemahnt. | |
| Bild: Die Innen- und Justizminister der EU gedenken auf ihrem Krisentreffen am … | |
| BRÜSSEL taz | Es ist fast schon ein trauriges Ritual: Nach jedem | |
| Terroranschlag treffen sich die EU-Innenminister zu einer Krisensitzung in | |
| Brüssel. Und jedesmal wiederholen sie die alte Forderung, Erkenntnisse über | |
| mutmaßliche Terroristen künftig besser auszutauschen. Das Treffen am | |
| Donnerstag in Brüssel machte da keine Ausnahme. | |
| Besonders fordernd trat – wie schon nach dem Angriff auf die französische | |
| Satirezeitung „Charlie Hebdo“ vor einem Jahr und den Pariser Anschlägen vom | |
| 13. November – der französische Innenminister Bernard Cazeneuve auf. Die | |
| Attentate in Brüssel, bei denen am Dienstag mindestens 31 Menschen ums | |
| Leben gekommen waren, zeigten, dass kein Land vor Terror geschützt ist, so | |
| Cazeneuve. | |
| Die EU müsse nun endlich die Außengrenzen des Schengenraums besser schützen | |
| und alle Reisenden ausnahmslos kontrollieren. Strengere Kontrollen mahnte | |
| Cazeneuve auch bei den „Hotspots“ auf den griechischen Inseln an, wo | |
| Flüchtlinge registriert werden. Außerdem forderte er das Europaparlament | |
| auf, endlich das neue Passagierdatensystem (PNR) zu verabschieden, mit dem | |
| auch innereuropäische Flüge erfasst werden sollen. | |
| Neu war seine Forderung, strenger gegen gefälschte Pässe vorzugehen. „Dem | |
| Islamischen Staat ist es gelungen, sich falsche Pässe zu besorgen, und er | |
| hat eine Struktur aufgebaut, die falsche Dokumente herstellt“, warnte der | |
| Franzose. Die EU müsse daher eine eigene Taskforce aufbauen, um die | |
| falschen Identitäten aufzudecken. | |
| Ein paar neue Akzente schlug auch Bundesinnenminister Thomas De Maizière | |
| an. Er forderte nicht nur ein Ein- und Ausreiseregister für den | |
| Schengenraum, um Anhänger des „Islamischen Staates“ bei der Reise nach | |
| Syrien oder Irak dingfest machen zu können. De Maizière sprach sich auch | |
| für eine Verknüpfung von Reise- und Gefährderdaten aus. | |
| Bisher erfassen nicht alle EU-Staaten die so genannten Gefährder, also | |
| potentielle Terroristen. Zudem tauschen nur fünf von 28 Mitgliedsstaaten | |
| ihre geheimdienstlichen Erkenntnisse aus. Das müsse sich nun endlich | |
| ändern, fordern De Maizière und Cazeneuve fast unisono. | |
| ## Weiter wie bisher, nur schneller | |
| All das klingt gut, ist sicher auch wichtig, hätte im konkreten Fall | |
| Brüssel jedoch kaum geholfen. Die belgischen Behörden waren vor den | |
| Attentaten spätestens seit der Festnahme des Paris-Attentäters Salah | |
| Abdeslam gewarnt. Die Täter waren offenbar schon lange im Land und mussten | |
| nicht erst noch über Schengen-Grenzen einreisen. | |
| Allerdings sind nun zwei mutmaßliche Terroristen in Brüssel auf der Flucht. | |
| Es würde daher Sinn machen, die Grenzen in und um Belgien zu schließen und | |
| gemeinsame Ermittler- und Einsatzteams zu bilden. Außerdem müssen | |
| Flughäfen, U-Bahnstationen, Fußballstadien und Konzerthallen besser | |
| gesichert werden – nicht nur in Brüssel und Paris, sondern auch in Berlin | |
| oder München. | |
| Doch dazu sagte De Maizière nichts. Auch zu den Vorwürfen, dass er in | |
| Brüssel zwar Datenaustausch predigt, zuhause in Berlin jedoch überaus | |
| knausrig bei der Weitergabe von Erkenntnissen ist, wollte sich der CDU-Mann | |
| nicht äußern. Lieber blockte er alle Forderungen nach „mehr Europa“ und | |
| effizienteren Strukturen ab, wie sie etwa der Luxemburger Justizminister | |
| Felix Braz stellte. | |
| Weiter wie bisher, nur schneller – so lautet das Motto. Ambitioniert ist | |
| das nicht. Und eine Strategie für den weiteren Kampf gegen den Terror ist | |
| auch nicht in Sicht. Vielleicht braucht es dafür noch ein weiteres | |
| Attentat? | |
| 25 Mar 2016 | |
| ## AUTOREN | |
| Eric Bonse | |
| ## TAGS | |
| EU-Innenminister | |
| Schwerpunkt Islamistischer Terror | |
| Brüssel | |
| Thomas de Maizière | |
| Bernard Cazeneuve | |
| Datenaustausch | |
| Palästinenser | |
| Red D | |
| „Islamischer Staat“ (IS) | |
| Schwerpunkt Islamistischer Terror | |
| Schwerpunkt Islamistischer Terror | |
| Europa | |
| Festnahmen | |
| Schwerpunkt Frankreich | |
| „Islamischer Staat“ (IS) | |
| Schwerpunkt Islamistischer Terror | |
| ## ARTIKEL ZUM THEMA | |
| Anschläge in Israel: Terror als Alltag | |
| In Israel hat man sich auf Anschläge eingestellt, Kontrollen und Wachposten | |
| sind üblich. Die EU könnte von den Erfahrungen noch lernen. | |
| Belgiens Kulturszene nach dem Terror: Dringend Pommes essen | |
| Für Bart van Neste alias Red D waren die Anschläge ein Schock. Trotzdem | |
| bewahrt er sich seinen Humor – wie viele andere Künstler auch. | |
| Europa gegen den Terrorismus: Vom Primat des Politischen | |
| Über die Existenzvoraussetzungen des alten und des neuen Terrorismus. Oder | |
| wie sich der Dschihadismus am effektivsten bekämpfen lässt. | |
| EU-Grüner über Sicherheit: „Mehr Geld und mehr Polizei nötig“ | |
| Jan Philipp Albrecht fordert eine bessere Zusammenarbeit in der EU, mehr | |
| Geld und Personal. Sozialarbeiter sollen Brennpunkte ausspähen. | |
| Festnahmen nach Brüssel-Anschlägen: Spuren führen nach NRW und Hessen | |
| Hatten die Attentäter aus Brüssel Verbindungen zu Extremisten in | |
| Deutschland? Zwei Terror-Verdächtige sind in Deutschland festgenommen | |
| worden. | |
| Terroranschläge in Brüssel: Das Grauen der Gewöhnung | |
| Allmählich zieht der Terror ein in das alltägliche Leben Europas. Kann man | |
| sich daran gewöhnen? Und ist das vielleicht sogar gut? | |
| Festnahmen in Brandenburg und NRW: Unter Terrorverdacht | |
| Ein Salafist wird festgenommen, weil er möglicherweise zum Umfeld der | |
| Brüssel-Attentäter gehört. Ein Syrer ist verdächtig, sich dem IS | |
| angeschlossen zu haben. | |
| Razzien in Belgien und Frankreich: Neue Festnahmen, neue Terrorpläne | |
| Brüssel kommt nicht zur Ruhe. Dort und in Frankreich führten Polizisten | |
| mehrere Verdächtige ab. Paris spricht von Terrorplänen im | |
| „fortgeschrittenen Stadium“. | |
| Strategie des „Islamischen Staates“: Die Koexistenz als Gegner | |
| Mit ihren Anschlägen wollen die Dschihadisten europäische Gesellschaften | |
| spalten. Davon erhoffen sie sich eine Ausgrenzung der Muslime. | |
| Nach den Anschlägen in Brüssel: Nicht jeder trauert | |
| Einige Jugendliche befürworten die Terroranschläge. Es sind nur wenige, | |
| doch sie stoßen die Diskussion über „Parallelgesellschaften“ wieder an. |