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# taz.de -- CDU-Landesparteitag in Berlin: Die beste Wahl – für die Oppositi…
> Innensenator Frank Henkel soll an diesem Freitag auch offiziell
> CDU-Spitzenkandidat für die Abgeordnetenhauswahl werden – obwohl er im
> Amt blass geblieben ist.
Bild: Der designierte CDU-Spitzenkandidat Frank Henkel bei der Vorstellung des …
Die Jobalternative für Frank Henkel ist schon da, falls es im Herbst mit
der Zeit als Innensenator vorbei ist: Entspannungstherapeut könnte er
werden. Dieser Tage erzählte CDU-Generalsekretär Kai Wegner, er ärgere sich
ja oft über den Koalitionspartner SPD und telefoniere dann mit Henkel. „Er
beruhigt mich immer sehr“, bescheinigte Wegner seinem Parteivorsitzenden.
Henkel hält das mit der Jobalternative indes nicht für nötig. Im
Gegenteil: Der Innensenator rückt nicht davon ab, dass er nach der
Abgeordnetenhauswahl Mitte September nicht nur im Senat bleiben, sondern
auch Regierender Bürgermeister werden will.
Das grenzt ein bisschen an Realitätsverweigerung, jedenfalls angesichts der
aktuellen Meinungsumfragen: Gegenwärtig würden nur 19 Prozent für die CDU
stimmen. 8 Prozentpunkte liegt sie damit hinter der SPD. Und aus dem
Wahlziel „stärkste Partei“ könnte am Ende nur Platz 3 werden, denn die
Grünen liegen mit 18 Prozent nur knapp hinter der CDU. Henkel begegnet dem
mit dem Satz, der in solchen Situation von Politikern aller Parteien zu
hören ist: „Umfragen sind keine Wahlergebnisse.“
Dass die Lage so schlecht ist, daran ist Henkel selbst schuld. Der
Bundestrend arbeitet zwar auch im Land Berlin gegen die CDU, und nur von
vormaligen Wählern der SPD, Linken und Grünen kann die aktuelle starke
Unterstützung für die AfD nicht kommen, die in Berlin mittlerweile bei 9
Prozent liegt. Doch seit Beginn der rot-schwarzen Koalition 2011 hat der
Innensenator nicht vermittelt, dass er echte Akzente setzt, Themen
vorantreibt oder bei der Bewältigung der Flüchtlingsankünfte eine große
Hilfe wäre. Oder auch bloß – ganz praxisnah – nicht immer nur die Bezirke
dafür verantwortlich machen würde, dass es kaum Termine im Bürgeramt gibt.
## Auch enttäuschte CDUler
Das war in den ersten Jahren von Rot-Schwarz nicht so schlimm, weil die als
Ruhe und Besonnenheit verklärte Akzentlosigkeit besser ankam als der Zoff
in der SPD, vor allem um die Nachfolge von Klaus Wowereit, der 2014 als
Regierungschef abdankte. Doch seit dessen Nachfolger Michael Müller fest im
Amt ist, sieht das anders aus. Henkel betont zwar Mal um Mal, für wie viele
neue Polizisten er gesorgt habe. Nicht nur die Grünen aber spotten, dass
diese neuen Beamten auf den Straßen nicht zu sehen seien.
Für viele seiner eigenen Leute wiederum ging Henkel viel zu spät gegen
Dealer im Görlitzer Park vor, ließ sich auch in Sachen
Oranienplatz-Besetzung viel zu lange von der SPD hinhalten. Und gibt es
dann einen massiven Polizeieinsatz – der auch der eigenen Klientel zeigt:
Wir tun was! –, so fällt er wie in der Rigaer Straße völlig überzogen aus.
Dennoch soll Henkel beim CDU-Parteitag an diesem Freitag wie 2011
Spitzenkandidat für die Abgeordnetenhauswahl am 18. September werden, und
das mit Anwesenheit und Rückendeckung von CDU-Bundeschefin Angela Merkel.
Wobei das nur noch ein offizielles Absegnen dessen ist, was Generalsekretär
Wegner schon vor einem Jahr festlegte, als er Henkel bereits zum
Spitzenkandidaten ausrief.
## Andere wollen (noch) nicht
Inzwischen aber sind immer wieder Stimmen zu hören, die sich einem anderen
Kandidaten wünschen. Leise natürlich. Und meist nur vertraulich. Wegners
Name ist einer, der dabei fällt. Aber der steht nibelungengleich zu Henkel
– vielleicht weil Wegner als neun Jahre Jüngerer weiß, dass seine Zeit beim
nächsten Mal sowieso kommt.
Monika Grütters wünschen sich seit Langem all jene an die Spitze, die ihre
CDU zu einer echt liberalen Großstadtpartei machen wollen. Doch Grütters
ist seit 2013 in ihrem Traumjob als Bundeskulturministerin. Den aufgeben,
um nach der Wahl im Herbst wieder wie vor über einem Jahrzehnt im
Landesparlament zu sitzen, wenn auch erstmals als Oppositionsführerin?
Keine verlockende Aussicht.
In der CDU hält man Henkel immer noch zugute, dass er einen in sich völlig
zerstrittenen Landesverband wieder zusammenführte, nachdem er 2008
Parteichef und Fraktionsvorsitzender wurde. Doch das ist inzwischen schon
siebeneinhalb Jahre her, und nur mit geeinten rund 12.400 Berliner
CDU-Mitgliedern gewinnt man keine Wahl. Das alles lässt einen verdutzt
dreinschauen, wenn man Kai Wegner über den heutigen Parteitag sagen hört,
man werde da eine „richtig gute Stimmung in unserer Partei spüren“.
Und der Opposition kann nicht viel Besseres passieren als ein
CDU-Spitzenkandidat Henkel. Mit der als Ministerin hoch gelobten Grütters
mit ihrer positiven Ausstrahlung oder auch mit dem so moderaten wie
eloquenten Parteivize Thomas Heilmann an der CDU-Spitze ließe sich nicht so
einfach fertig werden wie mit Henkel, der sich leicht als ideen- und
glückloser Law-and-order-Mann attackieren lässt.
„Schlechter kann man es einfach nicht machen“, sagt der parlamentarische
Geschäftsführer der Grünen-Fraktion, Benedikt Lux: Und was die von Henkel
immer und immer wieder betonte Gelassenheit angeht: „Auf mich wirkt er mehr
wie ein betäubter Boxer in der 12. Runde, der bloß nicht umfallen will.“
Boxer war Henkel in Jugendjahren tatsächlich mal. Aber angeschlagen? Davon
will der CDU-Chef kurz vor dem Parteitag nichts wissen: „Machen Sie sich
keine Gedanken über meine mentale Verfassung.“
8 Apr 2016
## AUTOREN
Stefan Alberti
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