# taz.de -- Sozialer Status und Lebenserwartung: Geld oder Leben | |
> Dass Arme früher sterben als Reiche, sagt auch der Senat. Den | |
> Zusammenhang von sozialer Lage und Gesundheit diskutiert die Linkspartei | |
> am Mittwoch mit Fachleuten. | |
Bild: Reiche trinken mehr als arme Menschen. Dennoch leben sie länger. Warum? … | |
BREMEN taz | Wer kein Geld hat, lebt weniger annehmlich – klar. Dass Arme | |
aber in Bremen und anderswo überhaupt weniger leben, weil sie früher | |
sterben, das ist ein handfester Skandal. Ob „arm=krank“ bedeutet und was | |
sich dagegen tun lässt, will Die Linke am heutigen Mittwoch in Walle | |
diskutieren. Einem Stadtteil, in dem Männer statistisch gesehen 74,5 Jahre | |
alt werden. Jünger sterben nur die Gröpelinger, mit mehr als acht Jahren | |
Abstand nach Schwachhausen. | |
Diese Zahlen sind weder ein Geheimnis noch stehen sie im Verdacht, | |
parteiisch zugespitzt worden zu sein: Sie stammen aus dem aktuellen | |
[1][Armutsbericht des Senats]. Mit dem 400 Seiten starken Dokument habe man | |
sich als Regierung nicht gerade geschmeichelt, hatte Sozialsenatorin Anja | |
Stahmann (Grüne) gesagt, als der Bericht im Januar in Bürgerschafts | |
debattiert wurde. Aber es sei nun mal wichtig, die Probleme zu benennen, um | |
Lösungen zu entwickeln. | |
An deren Wirksamkeit zweifelt allerdings nicht nur Die Linke. Die | |
Lösungsansätze im Bericht seien „Visionen“, hat Sigrid Grönert, die | |
sozialpolitische Sprecherin der CDU, gesagt. Es fehlten konkrete Fahrpläne. | |
Und die will auch der Abgeordnete Nelson Janßen von der Linken, der die | |
Podiumsdiskussion organisiert hat, diskutieren. Stadtteilspezifisch nach | |
Sozialindikatoren aufgestellt sollen sie sein. Darum sitzt neben | |
Sozialwissenschaftler Rolf Müller von der Uni Bremen auch Helmut Zachau für | |
den [2][Gesundheitstreffpunkt West] auf dem Podium. Seit über 20 Jahren | |
wird dort niedrigschwellige Beratung im Quartier angeboten. | |
„Der Zugang zur Gesundheit darf nicht vom Einkommen oder Wohnort abhängen“, | |
sagt Janßen. In vielen ärmeren Stadtteilen sei zu beobachten, dass | |
Arztpraxen schließen. Doch warum genau die Armen jünger sterben, ist | |
unklar. Neben fehlender Infrastruktur spielt mangelnde Aufklärung über | |
gesundheitliche Warnzeichen und ungesunde Ernährung eine Rolle. Hier kann | |
auch der Senat Erfolge verbuchen: Die heute flächendeckenden | |
„U-Untersuchungen“ von Säuglingen und Kindern etwa, über die möglichst | |
frühzeitig beratend eingegriffen werden kann. Bundesweit sind durch das | |
Präventionsgesetz von vergangenem Jahr auch die Krankenkassen gezwungen, | |
sich an Vorsorgemaßnahmen zu beteiligen. | |
Zu diskutieren gibt es jedenfalls reichlich. Auch, weil der Zusammenhang | |
zwischen Armut und schlechter Gesundheit in der Tendenz zwar unbestreitbar | |
ist, sich im Detail aber doch nicht so ohne Weiteres aus dem | |
Stadtteil-Ranking ablesen lässt. Auch in benachteiligten Quartieren leben | |
schließlich wohlhabendere Menschen. Außerdem liegt die Lebenserwartung von | |
Frauen durchweg erheblich höher als die der Männer. | |
Gesundheitspolitik ist nur ein Aspekt der Armutsfrage. Allerdings einer, | |
der aus Sicht der Linken bisher zu randständig behandelt wurde. Tatsächlich | |
hätte sich auch der parlamentarische Armutsausschuss schwerpunktmäßig mit | |
Gesundheitsfragen beschäftigen sollen – nur wurde der Ende vergangenen | |
Jahres nicht wieder eingesetzt. | |
Mi., 6.4.: 19 Uhr, Sportklause, Vegesacker Straße 84a, Bremen-Walle | |
5 Apr 2016 | |
## LINKS | |
[1] http://www.soziales.bremen.de/sixcms/detail.php?gsid=bremen69.c.43933.de | |
[2] http://www.gtp-west.de/ | |
## AUTOREN | |
Jan-Paul Koopmann | |
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