# taz.de -- Hansestadt Bremen: Das Armenhaus des Westens | |
> In Bremen ist die Krise deutlich zu spüren, auch wenn sich die | |
> Lokalpresse lieber mit den Stadtmusikanten beschäftigt. | |
Bild: Die Schuldenuhr tickt und tickt und tickt... Bremen ist verschuldet, viel… | |
BREMEN taz Bremen in der Krise? Das ist nicht der Eindruck, der sich bei | |
einem Blick in die Presse aufdrängt: Die Stadtmusikanten-Plastik | |
beherrschen die Schlagzeilen des Weser-Kuriers und der Bremer Nachrichten, | |
der Quasi-Monopolzeitung mit zwei Namen: Passt der Standort noch? Müsste | |
sie größer sein? Sind vier Tiere genug? | |
Da ist die Krise natürlich trotzdem. Und nicht erst, seit der | |
Hafenbetriebsverein Massenentlassungen angekündigt hat. Sie wirkt tiefer | |
als anderswo in Westdeutschland und hat zwei Eckwerte: zum einen die | |
immense Verschuldung des Landes, die bei etwas über 15 Milliarden Euro | |
liegt. Berlin steht zwar mit dem Vierfachen in der Kreide, hat aber auch | |
gut fünfmal so viele EinwohnerInnen. Der andere Eckpunkt ist die | |
individuelle Armut: Davon sind laut Armutsbericht des Senats 27 Prozent der | |
BremerInnen betroffen, ein Resultat der seit dem Werftensterben horrenden | |
Arbeitslosigkeit. Deretwegen hatte die rot-schwarze Koalition unter Henning | |
Scherf, ermutigt von 14 Milliarden Mark Sanierungshilfen des Bundes, seit | |
Mitte der 90er-Jahre eine strikte Investitionspolitik betrieben. Dessen | |
markantestes Projekt war der "Space Park", Europas größter | |
Indoor-Vergnügungspark, der, mit 200 Millionen Euro öffentlich gefördert, | |
Anfang 2004 eröffnete, um sechs Monate später Insolvenz anzumelden. | |
Auch sonst blieb die schwarz-rote Investitionspolitik ohne nennenswerten | |
Beschäftigungseffekt. Zwar sank die Arbeitslosigkeit. Aber das tat sie | |
bundesweit - und andernorts erheblich schneller. | |
Der rot-grüne Senat hingegen bemüht sich um einen rigiden Sparkurs. Mit | |
Erfolg: Im vorigen Jahr hätte Finanzsenatorin Karoline Linnert (Grüne) | |
einen ausgeglichenen Haushalt vorweisen können - wenn das Land nicht | |
jährlich 676 Millionen Euro für Zinsen aufbringen müsste. | |
Bloß: Das muss es ja. Und wenn es durch Großausgaben nicht gelingt, | |
Arbeitsplätze zu schaffen, heißt das nicht, dass der Verzicht auf sie | |
Abhilfe schafft. Klaus-Rainer Rupp von der Bremer Linksfraktion erwartet | |
sogar, dass infolge des Sparprogramms die Schere zwischen Arm und Reich | |
weiter auseinandergeht. | |
Ein Dilemma, in dem wohlmeinende Ratschläge günstiger zu haben sind als | |
echte Hilfen: So hat das Konjunkturpaket Bremen zwar 88 Millionen Euro | |
Bundesmittel gebracht - aber eben auch die Pflicht, für 30 Millionen neue | |
Kredite aufzunehmen. Und während es der Föderalismuskommission nicht | |
gelungen war, den Länderfinanzausgleich so neu zu ordnen, dass Bremen eine | |
realistische Chance auf Entschuldung hat, machte deren Vorsitzender Peter | |
Struck (SPD) sich für Länderfusionen stark. Das klingt zwar immer gut, aber | |
ginge Bremen tatsächlich in Niedersachsen auf, fiele auch der | |
Stadtstaaten-Bonus weg - und der vereinigte Norden hätte in Summe weniger | |
Geld als bisher. Das kann selbst Niedersachsen Ministerpräsident Christian | |
Wulff (CDU) kaum wollen. Schließlich hat man gemeinsame Projekte. Den Bau | |
eines Tiefwasserhafens an der Jade etwa. Der soll 2014 eröffnet werden und | |
viele Arbeitsplätze schaffen. Wenn dann die Wirtschaftskrise vorbei ist. | |
24 Mar 2009 | |
## AUTOREN | |
Benno Schirrmeister | |
## TAGS | |
Armutsbericht | |
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