# taz.de -- Enthüllung durch „Panama Papers“: Die einzige Antwort | |
> Das Internationale Journalistenkonsortium inszeniert mit Dutzenden Medien | |
> die „Panama Papers“. Ist das eine Ausgrenzung anderer? | |
Bild: 400 Journalisten, 100 Medienunternehmen, 80 Länder: die Panama Papers | |
„John Doe“ nennt die Süddeutsche Zeitung [1][in einem kurzen Video] ihren | |
Informanten, der ihr die Panama Papers zukommen ließ. „John Doe“ ist der | |
englische Platzhalter für: Unbekannt. Ermittler nennen so beispielsweise | |
noch nicht identifizierte Leichen oder mögliche, unbekannte Täter. | |
„Interesse an Daten?“, fragt jener John Doe die Redaktion. „Wir sind sehr | |
interessiert“, antwortet die Süddeutsche in dem Clip. | |
Mehr als ein Jahr ist diese Anfrage des Jedermanns her. Die SZ bekam | |
anschließend laut eigenen Angaben von ihm über mehrere Monate auf | |
verschlüsselten Wegen Daten um Daten übermittelt. Am Ende waren es 11,5 | |
Millionen Dateien mit einer Gesamtgröße von 2,6 Terabyte. Eine enorme | |
Menge, 1.500 Mal so groß wie die Botschaftsdepeschen von Wikileaks von | |
2010. | |
Das auszuwerten, ist von einer Redaktion allein kaum zu stemmen. Also | |
wandten sich die Münchner an das International Consortium of Investigative | |
Journalists (ICIJ) in Washington, ein Projekt der gemeinnützigen | |
Organisation Center for Public Integrity, finanziert durch Spenden unter | |
anderem der Ford Foundation oder der The David and Lucile Packard | |
Foundation. | |
Es ist der gleiche Weg, den im Februar 2015 die französische Le Monde | |
beschritt. An sie waren die später als Swiss-Leaks bekannt gewordenen Daten | |
der Großbank HSBC gelangt. Auch sie nutzte das Netzwerk und die Expertise | |
des ICIJ, um der Datenflut Herr zu werden. | |
An der Auswertung der Panama Papers sollen 400 Journalisten von 100 | |
Medienunternehmen in 80 Ländern beteiligt gewesen sein – mehr als jemals | |
zuvor. Das ICIJ baute dafür eine neue Datenbank auf, um die vielen Dateien | |
durchsuchbar zu machen. Allerdings macht das ICIJ mehr, als nur Daten an | |
die KollegInnen zu verteilen, es koordiniert auch, wer überhaupt beteiligt | |
wird. | |
## Wo bleibt da die Konkurrenz? | |
In Frankreich ist das beispielsweise wieder Le Monde, in Großbritannien der | |
Guardian sowie die BBC, in Italien L’Espresso und in Deutschland | |
federführend die Süddeutsche, dazu der WDR und der NDR – die drei aus dem | |
Rechercheverbund, den der frühere Spiegel-Chefredakteur Georg Mascolo | |
leitet – eine privatwirtschaflich-öffentlich-rechtliche Verbindung, die | |
schon häufiger kritisiert wurde: Alimentiert hier der Beitragszahler die | |
Recherchen einer Zeitung? Und wo bleibt da die Konkurrenz? | |
Denn Auswahl bedeutet natürlich auch immer: Ausschluss. Andere Medien | |
werden herausgehalten. In den nationalen Märkten ist häufig ein Printmedium | |
beteiligt und womöglich noch ein Rundfunksender. Das ICIJ sichert seinen | |
Partnern also auch Exklusivität. Die Panama Papers wurden bislang nicht als | |
Rohdaten veröffentlicht. Sie sind aufbereitet: Wer ist beteiligt? Wo sind | |
die Briefkastenfirmen? | |
Das ICIJ ist somit auch Gatekeeper: Wen lässt es ran an die Daten? Dass die | |
beteiligten Häuser dann eine zumindest gattungsspezifische Exklusivität in | |
ihren Märkten haben wollen, ist verständlich: Schließlich buttern sie | |
ordentlich Arbeit hinein, und es ist nun einmal – zumindest bei den | |
Verlagen – ihr Geschäft, Informationen zu sammeln, aufzubereiten und dann | |
zu verkaufen oder zu vermarkten. Die Süddeutsche oder Le Monde hätte ihren | |
Datenschatz wohl kaum herausgerückt, wenn sie sich nicht hätten sicher sein | |
können, die darin verborgenen Geschichten exklusiv verbreiten zu können. | |
Bei allen Sorgen, dass in Washington ein neuer Gatekeeper heranwächst, | |
bleibt die Erkenntnis, dass die Zusammenarbeit vieler Medien mit Hilfe des | |
ICIJ die beste Antwort auf die Globalisierung der Märkte und die | |
Internationalisierung der Finanzströme ist, die der Journalismus bislang | |
gefunden hat. | |
4 Apr 2016 | |
## LINKS | |
[1] http://panamapapers.sueddeutsche.de/articles/56ff9a28a1bb8d3c3495ae13/ | |
## AUTOREN | |
Jürn Kruse | |
## TAGS | |
Panama Papers | |
Süddeutsche Zeitung | |
Briefkastenfirmen | |
Mossack Fonseca | |
Journalismus | |
öffentlich-rechtliches Fernsehen | |
Panama Papers | |
Panama Papers | |
Panama Papers | |
Panama Papers | |
Mossack Fonseca | |
Mossack Fonseca | |
Briefkastenfirmen | |
Panama Papers | |
## ARTIKEL ZUM THEMA | |
Neuer Rechercheverbund: „Spiegel“ und BR arbeiten zusammen | |
Rechercheverbunde aus öffentlichen Sendern und privaten Medien sind nicht | |
unumstritten. Nun kommt es zu einer weiteren Kooperation. | |
Pressefreiheit in Hongkong: Peking lässt grüßen | |
Nur die Zeitung „Ming Pao“ hat in Hongkong über die Steuersünder aus den | |
„Panama Papers“ berichtet. Nun muss der stellvertretende Chefredakteur | |
gehen. | |
Konsequenzen der Panama Papers: Mossack Fonseca durchsucht | |
Bislang stellte sich die Anwaltsfirma als Opfer dar. Jetzt prüfen Ermittler | |
in Panama, ob die Kanzlei in illegale Geschäfte verwickelt war. | |
Kapital in Deutschland: Nicht ganz Panama | |
Auch in Deutschland mangelt es an Transparenz bei Kapital und Steuern, | |
sagen Kritiker. Das Finanzministerium setzt auf Steuerabkommen. | |
Enthüllungen der „Panama Papers“: Deutsche Banken und Kunden dabei | |
Die Recherchen des Mediennetzwerks ergeben, dass tausende Deutsche unter | |
den Offshore-Kunden sind. Allein die Deutsche Bank hat über 400 Firmen | |
aufgesetzt. | |
Kommentar „Panama-Papers“: Die neue Weltöffentlichkeit | |
Seit Jahren hecheln Staaten den Eliten hinterher, die ihre Reichtümer | |
weltweit verstecken. Nun hat die Weltpresse koordiniert zurückgeschlagen. | |
Anwaltskanzlei Mossack Fonseca: Nazi-Erbe und Milliarden-Jongleur | |
Die „Panama Papers“ haben die Machenschaften der Kanzlei Mossack Fonseca | |
öffentlich gemacht. Gegründet wurde sie von dem Sohn eines ausgewanderten | |
Altnazis. | |
„Panama Papers“ zu Steuerhinterziehung: Misstrauensvotum in Island geplant | |
Nach der Enthüllung über zigtausende Briefkastenfirmen wird weltweit wegen | |
Steuerhinterziehung ermittelt. In Island könnte der Premier das Vertrauen | |
verlieren. | |
Enthüllung durch „Panama Papers“: 214.488 Briefkastenfimen | |
Ein gewaltiges Datenleak enthüllt geheime Offshore-Geschäfte etlicher | |
Politiker und Prominenter. Darunter sind auch Vertraute Putins. |