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# taz.de -- Rohstoffförderung in Italien: Volksentscheid über Ölbohrungen
> Die Umweltbewegung kritisiert eine Verbandelung der Politik mit der
> Erdölindustrie. Mit der Abstimmung will sie ein Zeichen dagegen setzen.
Bild: So schön die Kulisse, so dreckig das Schauspiel
ROM taz | „Das Meer gehört uns – stoppt die Bohrungen!“ Unter diesem Mot…
mobilisieren Umweltschützer und neun von 20 italienischen Regionen für die
anstehende Volksabstimmung, mit der Erdöl- und Erdgasplattformen innerhalb
der 12-Meilen-Zone vor der Küste Einhalt geboten werden soll. Angesichts
der insgesamt bescheidenen Vorkommen sei die Öl-und Gasförderung vor der
Küste überflüssig, zudem drohten Umweltfolgen – die auch dem Tourismus
schaden könnten, so die Kritik. Die Abstimmung soll am 17. April
stattfinden.
Der italienische Ministerpräsident Matteo Renzi forderte die Bürger dagegen
auf, am Referendumstag zu Hause zu bleiben. Pure Geldverschwendung sei es
angesichts der Kosten von 300 Millionen Euro für die Volksbefragung,
verkündet er. Außerdem sei seine Regierung zwar für den Ausbau von Wind-
und Sonnenenergie, vorerst aber könne Italien auf fossile Brennstoffe nicht
verzichten.
Gültig wird die Abstimmung nur, wenn mindestens 50 Prozent der
Wahlberechtigten sich an die Urne begeben. Dieses Ziel ist nicht einfach zu
erreichen, denn egal wie das Referendum ausgeht, werden die alten Bohrungen
weitergehen, während neue Projekte sowieso gestoppt sind. Die Bürger
stimmen allein über die mögliche Verlängerung schon bestehender
Konzessionen ab, die mal in fünf, mal auch erst in 20 Jahren ablaufen.
Neuprojekte innerhalb der 12-Meilen-Zone hatte die Regierung Renzi dagegen
schon mit einer im Jahr 2015 gefällten Entscheidung ausgeschlossen.
Damit reduziert sich die Frage darauf, ob die Konzessionäre solange weiter
fördern dürfen, wie die Lagerstätten noch etwas hergeben, oder ob sie bei
Ablauf der gerade gültigen Genehmigung den Betrieb einstellen müssen. Schon
jetzt pumpen drei Viertel der 135 Plattformen Gas oder Öl entweder in
deutlich reduziertem Umfang oder haben die Förderung komplett gestoppt.
Den Referendumsbefürwortern gerade aus der Ökologiebewegung, aber auch aus
der Protestliste der „5-Sterne-Bewegung“ unter Beppe Grillo und aus der
radikalen Linken geht es jedoch darum, ein umweltpolitisches Zeichen zu
setzen gegen eine Regierung, die ihnen als hörig gegenüber der Lobby der
fossilen Brennstoffe gilt. Und ausgerechnet die Regierung selbst lieferte
in den letzten Tagen Material, das diese These plausibel erscheinen lässt.
Am Donnerstag vergangener Woche nämlich musste Wirtschaftsministerin
Federica Guidi ihren Rücktritt erklären. In einem – von den Staatsanwälten
abgehörten – Telefongespräch teilte ihr im Erdölbusiness tätiger Verlobter
Geschäftsfreunden vom Konzern Total mit, dass seine Lebensgefährtin im
Parlament einen Änderungsantrag durchgesetzt hatte, der Förderinteressen
der Total in der süditalienischen Region Basilikata begünstigte; er selbst
profitierte von diesem Arrangement mit einem Auftrag der Total in Höhe von
2,5 Millionen Euro.
Mit den Offshore-Plattformen hatte dieser Deal zwar unmittelbar nichts zu
tun, doch die Verfechter des Referendums hoffen, dass das Beispiel der
konzernhörigen Renzi-Ministerin nun für den nötigen Mobilisierungsschub
sorgt.
5 Apr 2016
## AUTOREN
Michael Braun
## TAGS
Italien
Matteo Renzi
Ölbohrung
Volksabstimmung
Total
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Referendum
Italien
Naturschutz
Italien
Plastiktüten
fossile Energien
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