# taz.de -- Trilogverfahren zu Konfliktmineralien: Hoffen oder regeln | |
> In Brüssel gehen die Verhandlungen über ein Gesetz zu Konfliktmetallen in | |
> die zweite Runde. Hauptstreitpunkt: EU-Vorgaben für Unternehmen. | |
Bild: Coltan in Kolumbien. Der Abbau ist häufig mit Menschenrechtsverletzungen… | |
BERLIN taz | Wer zwinkert zuerst am Dienstag in Brüssel? Im Trilogverfahren | |
zu Konfliktmineralien sitzen sich der Rat, das Parlament und die Kommission | |
gegenüber, um einen Kompromiss zwischen äußerst gegensätzlichen Positionen | |
zu finden – oder auch nicht. Konfliktrohstoffe deshalb, weil der Handel von | |
Tantal, Zinn, Wolfram und Gold mitunter dazu benutzt wird, um Konflikte | |
oder Kriege zu finanzieren, und ihr Abbau häufig mit | |
Menschenrechtsverletzungen verbunden ist. | |
Wichtigster Streitpunkt in Brüssel ist, ob die EU den Unternehmen | |
gesetzlich vorschreibt, wie sie für eine transparente Lieferkette der | |
Metalle zu sorgen haben, oder ob sie auf freiwillige Selbstverpflichtungen | |
der Industrie setzt. | |
Trilogverfahren folgen weder einem bestimmten Zeitplan, noch ist eine | |
Einigung vorgeschrieben, nur eines steht fest: Die Verhandlungen sind | |
geheim, die Kontrahenten lassen sich kaum in die Karten schauen, | |
Gesprächsprotokolle gibt es nicht. Allerdings wird in Brüssel viel geredet, | |
und so ist zu hören, dass die Mitgliedstaaten und die Kommission in | |
Abstufungen weiter auf freiwillige Regelungen setzen. Der Rat scheint | |
uneins, und Deutschland und Schweden scheinen mit ihrer Forderung nach | |
verbindlichen Standards offenbar relativ alleine dazustehen. | |
Ihre Position teilen sie mit dem EU-Parlament; das besteht weiterhin auf | |
weitreichenden verbindlichen Regelungen. Demnach müssten Unternehmen, wenn | |
sie die Metalle oder Produkte, die die Substanzen enthalten, verarbeiten, | |
einer Behörde ihre unbedenkliche Herkunft nachweisen. „Unsere Position ist | |
klar, wir sind gesprächsbereit. Jetzt liegt es am Rat, sich zu bewegen“, | |
sagt Verhandlungsführer Bernd Lange, der für die SPD im EU-Parlament sitzt. | |
Auch vor dem Scheitern der Gespräche habe man keine Angst: „Gar kein Gesetz | |
ist besser als ein schlechtes“, so Lange. | |
Bereits mit einem Gesetz vorangegangen waren die USA 2010 mit dem | |
Dodd-Frank-Act. Die Organisation für wirtschaftliche Zusammenarbeit und | |
Entwicklung (OECD) hat Leitlinien für einen verantwortungsvollen Umgang mit | |
Gold und Co erlassen, und auch die Industrie selbst hat Initiativen | |
gestartet. Etwa das „Conflict free smelter Programm“ (CFS), mit dem sich | |
Schmelzen und Hütten zertifizieren lassen können. Diese gelten als | |
strategisch wichtig, weil sie die Erze von Minen und Händlern zu Metallen | |
verarbeiten. Deren Herkunft ist vorher noch nachweisbar, danach aber nicht | |
mehr. | |
Industrieinitiativen wie das CFS seien nicht mehr als Hilfsmittel, sagt | |
hingegen Michael Reckordt von der Entwicklungsorganisation Powershift. | |
Gesetzliche Regelungen könnten sie nicht ersetzen. „Die Standards werden | |
nicht öffentlich kontrolliert und können sich jederzeit ändern“, sagt | |
Reckordt, „dann haben wir eine schlechtere Situation als vorher.“ Zusammen | |
mit anderen Organisationen wie der Christlichen Initiative Romero | |
überreicht Powershift in Brüssel Vertretern der drei Institutionen eine | |
Petition mit rund 42.000 Unterschriften. Die Unterzeichner wollen damit die | |
Position des Europaparlaments stärken. | |
Der Bundesverband der deutschen Industrie (BDI) begrüßt die Position von | |
Rat und Kommission und hofft auf eine schnelle Einigung. Allerdings gebe es | |
noch offene Punkte, insbesondere „die Frage nach der Identifizierung von | |
„Konfliktregionen“, die nicht den Unternehmen auferlegt werden sollte“, so | |
Eva Stollberger, stellvertretende Abteilungsleiterin Sicherheit und | |
Rohstoffe beim BDI. | |
5 Apr 2016 | |
## AUTOREN | |
Heike Holdinghausen | |
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