# taz.de -- Geograf über Konfliktmineralien: „Die EU gibt kein eindeutiges S… | |
> Die USA fördern Transparenz in der Lieferkette viel stärker als die EU, | |
> sagt Michael Reckordt von Power Shift. Nationale Aktionspläne seien keine | |
> Lösung. | |
Bild: Was da wohl alles drin steckt? | |
taz: Herr Reckordt, am Mittwochabend beraten EU-Parlament, | |
Kommission und Ministerrat in Brüssel über Regeln für | |
Konfliktmineralien. Rechnen Sie mit einer Einigung? | |
Michael Reckordt: Ich gehe davon aus, dass sie sich auf Leitlinien | |
einigen werden. Wir hören aus Brüssel, dass es verbindliche Regeln | |
von der Mine bis zur Schmelze geben wird. Metallschmelzen müssen dann | |
nachweisen, dass sie mit dem Kauf von Tantal, Zinn, Wolfram und Gold | |
keine Konflikte finanzieren. Für den Weg danach soll es aber keine | |
verbindlichen Regeln geben. Die Hersteller oder Händler von | |
Computern oder Autos müssen also nicht nachweisen, dass die | |
Rohstoffe für ihre Produkte aus „sauberer“ Quelle stammen. | |
Wären Sie damit zufrieden? | |
Nein, überhaupt nicht. Das EU-Parlament, die Organisation für | |
Entwicklung und Zusammenarbeit, die UN – alle sagen, dass die | |
Unternehmen entlang der ganzen Lieferkette verantwortlich zu | |
machen sind. Die EU verpasst es hier, ein eindeutiges Signal | |
auszusenden. Viele Unternehmen, die die Rohstoffe benutzen, | |
werden so nicht zur Verantwortung gezogen. | |
Die Industrie sagt, es sei viel zu bürokratisch und aufwendig, etwa | |
alle verbauten Metallteile in einem Elektroprodukt zu | |
zertifizieren … | |
Darum geht es doch gar nicht. Es geht darum, dass die Unternehmen eine | |
Risikoanalyse machen. Sie sollen sich fragen, wo ihre Firma Gefahr | |
läuft, einen Konflikt direkt oder indirekt zu finanzieren. Bei | |
Versorgungssicherheit oder Qualitätskontrolle können die | |
Unternehmen ihre Lieferkette doch auch jetzt schon sehr gut | |
überblicken, wieso nicht auch in der Frage der Herkunft von | |
Konfliktrohstoffen? In den USA sind Unternehmen wie Apple, HP oder | |
Intel durch das Gesetz, den Dodd-Frank-Act, inzwischen zu Vorreitern | |
geworden. Sie bieten einen transparenten Einblick in ihre | |
Lieferketten. Die europäische Industrie hinkt hinterher. | |
Wenn nicht die EU eine Lösung suchen müsste, sondern die | |
Nationalstaaten alleine Regelungen einführen könnten, wären wir | |
dann schon weiter? | |
Die Bundesregierung erstellt gerade einen nationalen Aktionsplan | |
zur Umsetzung der UN-Leitprinzipien für Wirtschaft und Menschenrechte. Was | |
da bisher passiert ist, klingt aber auch nicht gut. Abgesehen davon | |
sind nationale Lösungen immer nur die zweitbeste Möglichkeit. Wenn | |
die EU als riesiger Markt sich eindeutige Regeln setzt, hätte das | |
eine viel größere Wirkung, als wenn nur Deutschland oder Frankreich | |
handeln. | |
15 Jun 2016 | |
## AUTOREN | |
Heike Holdinghausen | |
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