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# taz.de -- Parlament will‘s billig: Elbphilharmonie zum Kino-Preis
> Bürgerschaft beschließt niedrige Zuschüsse und günstige Karten für das
> Konzerthaus. Wettmachen sollen das teure Saalvermietungen
Bild: ...und sogar ganz für lau darf man sie angucken: Die Elbphilharmonie
HAMBURG taz | Zum Preis einer Kinokarte in die Elbphilharmonie: Dieser
Traum wird wahr ab 11. Januar 2017, wenn das Konzerthaus endlich eröffnet,
das hat die Bürgerschaft am Donnerstag per Betriebskostenkonzept
festgeklopft. Für acht bis zehn Euro sollen Menschen dann in eine
„relevante Anzahl“ an Konzerten kommen, denn es soll ja ein Haus für alle
sein.
Das wird so ausdrücklich zwar nur für jenes Konzert-Drittel gelten, das die
Hamburg Musik unter ihrem Intendanten Christoph Lieben-Seutter
veranstaltet. Doch auch das künftige Residenzorchester – die
NDR-Sinfoniker, die weitere 30 Prozent bespielen – wird günstige Karten
anbieten, ebenso das Philharmonische Staatsorchester.
Bleiben die privaten Konzertveranstalter, die schon jetzt Stars zu hohen
Kartenpreisen etwa in die Laeiszhalle holen. Sie werden künftig
Elbphilharmonie-Säle mieten; der SPD zufolge lieber mehr als weniger. Und
da Hamburg Musik auf diese Einnahmen angewiesen sein wird, kann sie
bezüglich der Qualität wohl nicht wählerisch sein.
Genau dieses „Qualitätsversprechen“ ist dem Senat aber wichtig, soll die
Elbphilharmonie doch „eins der weltbesten Konzerthäuser“ werden. Aber die
Kulturbehörde sorgt sich nicht: Man vermiete schon jetzt großteils „an
solche Partner, die das Qualitätsversprechen der Hamburg Musik erfüllen“,
sagt Sprecherin Anja Bornhöft. Zudem sei der Anteil nichtmusikalischer
Veranstaltungen – Preisverleihungen etwa – auf fünf Prozent beschränkt.
Bezuschusst wird das Ganze in den ersten vier Jahren mit rund sieben,
danach mit sechs Millionen Euro. Das bedeutet eine Pro-Karte-Subvention von
rund acht Euro – extrem wenig im Vergleich mit den anderen Hamburger
Kulturinstitutionen. Und jede Eintrittskarte der Berliner Philharmoniker,
an deren hohen Saalvermietungspreisen sich die Elbphilharmonie orientiert,
wird gar mit 65 Euro bezuschusst. Ob Kartenpreise und Qualität der
Elbphilharmonie-Konzerte angesichts so bescheidener Zuschüsse zu halten
sind, bleibt offen.
Kontraproduktiv scheint außerdem, dass die Elbphilharmonie nicht mehr, wie
zunächst geplant, stark auf Abos setzt, die berechenbarste Einnahmequelle.
Immerhin hat Intendant Lieben-Seutter in den vergangenen Jahren durch die
„Elbphilharmonie-Konzerte“ Abonnenten geworben. Jetzt aber ist die Rede von
kleinen Festivals und Reihen, die nicht nur Klassik bieten, sondern auch
Jazz, Pop, Weltmusik. Man wolle „neues, nicht unbedingt klassikaffines
Publikum gewinnen“, sagt Bornhöft. Und das, obwohl der große
Elbphilharmonie-Saal „für Klassik optimiert ist“, wie der Intendant betont.
Andererseits weiß er, dass er künftig deutlich mehr Konzertbesucher für
2.650 Plätze in der Elbphilharmonie und weitere 2.600 in der Laeiszhalle
braucht. Daher will er die Musikvermittlung forcieren und jeden Schüler in
die Elbphilharmonie bringen.
Wer nicht persönlich vorbeikommen mag, kann vielen Konzerten aber auch in
der „Digital Concert Hall“ lauschen – umsonst und drinnen. Dass sich die
Elbphilharmonie damit selbst Konkurrenz macht, fürchtet die Behörde nicht:
Dies sei heute Standard bei Konzerthäusern dieser Klasse und erhöhe deren
Reichweite, sagt Bornhöft.
Das Auslastungsproblem könnte sich dadurch jedoch verschärfen, die
Kartenerlöse sinken. Doch auch wenn das durch Subventionen aufzufangende
Defizit dereinst sechs Millionen übersteigen sollte: Keine
Kulturinstitution muss deswegen bluten, denn das Geld wird zusätzlich in
den Kulturhaushalt eingestellt. Senatorin Barbara Kisseler (parteilos)
freut das: „Das ist ein Bekenntnis der Stadt zu ihrer Elbphilharmonie
einerseits und zur Vielfalt der Kultur in Hamburg andererseits.“
31 Mar 2016
## AUTOREN
Petra Schellen
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