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# taz.de -- Streit über Studienkapazitäten: Unis sollen schlechter werden
> Ein neues Gesetz gegen Einkläger sollte im Eiltempo durchgepaukt werden.
> Erst nach einem Protestbrief der Uni gibt es nun eine öffentliche
> Anhörung.
Bild: Sollen gleich viele bleiben, auch wenn das Geld weniger wird: Studenten .
Eigentlich sollte der Wissenschaftsausschuss schon vor Ostern über eine
Novelle des Ausbildungskapazitätsgesetzes abstimmen, das die Möglichkeiten,
sich auf Studienplätze einzuklagen, einschränken soll. Doch ein Brief von
Uni-Präsident Dieter Lenzen an den Vorsitzenden Wieland Schinnenburg (FDP)
stoppte den Ablauf. Mit „Irritation und Empörung“ stelle der Akademische
Senat seiner Universität fest, dass seine Hochschule an dieser
Gesetzesänderung nicht beteiligt wurde, so Lenzen. Man erwarte, zum Gesetz
gehört zu werden und stehe nach dem 21. April, wenn man über den
Gesetzentwurf beraten habe, „für Stellungnahmen zur Verfügung“.
Das war peinlich für die grüne Wissenschaftssenatorin Katharina Fegebank,
die stets mit einem kommunikativen Politikstil wirbt. Es gab zwar eine
Arbeitsgruppe, an der auch ein Uni-Mitglied teilnahm. Doch eine
Gremienbeteiligung war nicht geplant. Schließlich beschlossen SPD und Grüne
eine öffentliche Anhörung am 8. April. Dort kann sich dann jeder Bürger zu
Wort melden.
Es geht bei dem Gesetz darum, wie erfolgreiche Klagen von abgewiesenen
Studienbewerbern eingedämmt werden können. Die frühere
Wissenschaftssenatorin Dorothee Stapelfeld (SPD) hatte 2014 ein Modell auf
den Weg gebracht, bei dem sich Stadt und Hochschule jeweils auf eine fixe
Platzzahl pro Fach verständigen. Doch das Oberverwaltungsgericht sah darin
einen Eingriff in das Grundrecht der Bewerber auf freie Wahl der
Ausbildungsstätte. Gerichte müssten die Möglichkeit haben, zu prüfen, ob
die Kapazität wirklich ausgeschöpft ist.
Senatorin Fegebank legte deshalb kurz vor Weihnachten ein neues Gesetz vor:
ein Misch-Modell aus neuer und alter Regelung. Stadt und Hochschulen sollen
weiter fixe Studienplatzzahlen festlegen, allerdings nur in einem
„Binnenverhältnis“. Und die Gerichte sollten weiter anhand von Stellenzahl
und Seminargrößen überprüfen können, ob nicht doch noch Platz für einen
abgelehnten Bewerber ist.
Allerdings sollen die Hochschulen den für diese Frage wichtige
„Curricularnormwert“ (CNW), der den Lehraufwand pro Student in einem Fach
festhält, künftig selbst festlegen – innerhalb bestimmter „Bandbreiten“.
„Das kann nur sarkastisch als Ausweitung der Hochschulautonomie bezeichnet
werden“, heißt es in einer Erklärung des von den Grünen dominierten
Uni-Astas. Denn wegen der Schuldenbremse und der daraus folgenden jährlich
ansteigenden Unterfinanzierung nähme die Lehrkapazität stetig ab, während
die Studienplatzzahlen gleich bleiben sollten. „Wodurch in der Folge nur
die CNWs sinken können.“ Der Fegebank-Entwurf sei „für die Hochschulen ei…
potenzielle Belastung“. Ohne Handlungsspielraum zu gewinnen, sollten sie
Verantwortung für schlechter werdende Lernbedingungen übernehmen.
Ins gleiche Horn stößt die von Lenzen übersandte Stellungnahme des
Akademischen Senats. Das Bandbreitenmodell habe die Funktion, die vom Senat
geforderte Studienplatzzahl bei knapper werdenden Mitteln über eine
Qualitätsverschlechterung bereitzustellen. „Ein Bürgerverwirrspiel“, nann…
das eine Studierendenvertreterin.
Lenzen hat sich übrigens dagegen verwahrt, er habe Streit mit Senatorin
Fegebank. Die Kritik habe sich an den Aussschuss gerichtet, der keine
Anhörung vorgesehen habe. Die sei ja nun für den 8. April
„dankenswerterweise“ angesetzt.
Aber der Zeitplan bleibt eng. FDP und Linke fordern, den Hochschulen mehr
Zeit für ihre Stellungnahmen zu geben. Die SPD drückt aufs Tempo. Bereits
am 19. April, bevor der Akademische Senat tagt, soll das Gesetz im
Ausschuss verabschiedet werden. „Das ist respektlos“, kritisiert der
Linken-Abgeordnete Martin Dolzer. Gefragt, warum man nicht den 21. April
abwartet, erklärt der SPD-Wissenschaftssprecher Sven Tode: „Wir können uns
nicht danach richten, wann andere Gremien tagen.“ Ohnehin seien
Anhörungsrechte der Hochschulen in diesem Fall nicht vorgeschrieben.
29 Mar 2016
## AUTOREN
Kaija Kutter
## TAGS
Studienplätze
Universität Hamburg
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Schuldenbremse
Hochschule
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Hamburg
Koalitionsverhandlungen
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