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# taz.de -- Software-Update trotz Verdacht: VW schummelte zweimal
> Als der Autokonzern schon unter Betrugsverdacht stand, spielte er ein
> Software-Update in den USA auf. Die US-Umweltbehörden sind not amused.
Bild: Bitte ein Software-Update!
BERLIN taz | Frech kommt weiter, dachten sie bei VW in den USA: Und
spielten inmitten den Untersuchungen der kalifornischen Umweltbehörde Carb
ein Software-Update bei hunderttausenden VWs auf. Dadurch konnten die
Fahrzeuge noch genauer erkennen, ob sie sich auf einem Prüfstand oder auf
der Straße befanden – und dementsprechend den Ausstoß von Stickoxiden von
VW-Dieselautos bremsen. Der Konzernvorstand soll davon nichts gewusst
haben. Ging aber nicht gut, der Trick. Er wurde nämlich jetzt von
Rechercheuren von NDR, WDR und Süddeutscher Zeitung [1][aufgedeckt].
Neu an der Software war, dass auch die Stellung des Lenkrads erfasst wurde.
Zu diesem Schluss kamen Informatik-Experten, die im Auftrag des NDR die
Steuerungssoftware des US-Passat vor und nach der Überarbeitung untersucht
haben.
Die kalifornische Umweltbehörde Carb hatte Volkswagen im Frühsommer 2014
aufgefordert, zu hohe Stickoxidwerte bei Dieselautos im Straßenbetrieb zu
erklären. Die Wolfsburger hatten daraufhin Ende 2014, Anfang 2015 rund
500.000 betroffene Fahrzeuge in die Werkstätten gerufen. Bei einem Teil
davon wurde das Software-Update aufgespielt. Bislang ist bekannt, dass die
Wagen auch danach die Grenzwerte überschritten. Als die Umweltbehörde das
merkte, intensivierte sie ihre Prüfung – und entdeckte die illegale
Abschalteinrichtung.
„Das wird die Strafzahlungen beeinflussen, denn das zeigt die Haltung von
VW von Anfang an, nicht mit uns zu kooperieren, um Schaden für die Umwelt
abzuwenden“, sagte Carb-Sprecher Stanley Young am Freitag dem
ARD-Morgenmagazin. VW äußerte sich nicht. Ein Sprecher sagte: „Der gesamte
Themenkomplex wird derzeit intensiv untersucht. Vor Abschluss der internen
und externen, unabhängigen Untersuchungen können wir hierzu jedoch keine
Auskunft geben.“
## Bundesregierung vertraut VW
Die Bundesregierung stellte sich indes hinter das Unternehmen: „Wir haben
größtes Vertrauen, dass es die Aufklärung der ganzen Angelegenheit in
bester Weise abwickelt und auch in den USA zu einem guten Ergebnis kommt“,
sagte ein Sprecher des Wirtschaftsministeriums in Berlin.
Bereits im Mai 2014 – und damit fast eineinhalb Jahre vor Bekanntwerden der
Affäre um manipulierte Abgaswerte – wurde der damalige Vorstandschef Martin
Winterkorn in einem Vermerk über Unregelmäßigkeiten bei Diesel-Motoren
informiert. Nach VW-Darstellung ist unklar, ob er diese Notiz, die seiner
umfangreichen Wochenendpost beigelegt war, überhaupt zur Kenntnis genommen
hat.
Am 18. September vergangenen Jahres machte die US-Umweltbehörde EPA den
Vorgang öffentlich. VW räumte die Manipulationen, die weltweit rund elf
Millionen Fahrzeuge betreffen, daraufhin öffentlich ein. Dem Konzern drohen
wegen Verstößen gegen US-Umweltgesetze hohe Strafzahlungen sowie
Schadenersatzforderungen von Autohaltern und Anlegern.
Volkswagen plant im Zuge der Abgaskrise in Deutschland einen massiven
Stellenabbau. In den Büro-Abteilungen solle die Zahl der Arbeitsplätze bis
Ende 2017 um rund 3000 Stellen sinken, sagten zwei mit den Zusammenhängen
vertraute Personen der Nachrichtenagentur Reuters am Donnerstag. Wegen der
bei VW geltenden Beschäftigungssicherung solle niemand entlassen werden.
Das Personal solle vielmehr durch Altersteilzeit, die Nichtbesetzung frei
werdender Stellen und die Versetzung in andere Abteilungen verringert
werden.
Insgesamt arbeiten bei VW in Westdeutschland rund 115.000 Mitarbeiter nach
Haustarif, ein Drittel davon in Büro-Bereichen. Etwa zehn Prozent davon
sollen wegfallen. Der Konzern äußerte sich nicht zur Zahl der geplanten
Stellenstreichungen. Die Meldung führte auch zu Verwerfungen zwischen dem
Land Niedersachsen als zweitgrößtem Anteilseigner und dem Autobauer.
Wirtschaftsminister Olaf Lies, der wie Ministerpräsident Stephan Weil
(beide SPD) im VW-Aufsichtsrat sitzt, ließ am Freitag über seinen Sprecher
erklären: „Der Minister ist sehr verärgert über die Kommunikation bei VW;
da werden spekulativ Zahlen in die Welt gesetzt, die offiziell nicht
kommuniziert wurden.“
Lies war am Vorabend von der Opposition im niedersächsischen Landtag scharf
attackiert worden, weil dem SPD-Politiker der geplante Abbau Tausender
Stellen bei Volkswagen nicht bekannt war.
11 Mar 2016
## LINKS
[1] http://www.sueddeutsche.de/wirtschaft/autokonzern-vw-affaere-update-fuer-di…
## AUTOREN
Kai Schöneberg
## TAGS
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